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Der Bauch von Paris - 3

Der Bauch von Paris - 3

Titel: Der Bauch von Paris - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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auch die Hütten konnten sie nicht vor den Moskitos bewahren, die nachts kamen und sie mit Blasen und Geschwüren bedeckten. Mehrere starben daran. Andere wurden ganz gelb, so dürr, so verkommen mit ihren langen Bärten, daß sie Mitleid erregten …«
    »Auguste, geben Sie mir den fetten Speck«, rief Quenu. Als ihm der Geselle die Schüssel hinhielt, ließ er die Scheiben fetten Speck sacht in den Kessel gleiten und verteilte sie mit der Löffelspitze. Die Speckscheiben zergingen. Dichterer Brodem stieg vom Herd auf.
    »Was haben sie denn zu essen bekommen?« fragte die kleine Pauline mit tiefer Anteilnahme.
    »Sie haben Reis voller Maden und Fleisch, das schlecht roch, zu essen bekommen«, antwortete Florent, dessen Stimme dumpfer wurde. »Um den Reis zu essen, mußten sie erst die Maden herauslesen. Geröstet und scharf gebraten konnte man das Fleisch noch runterwürgen, aber gekocht stank es derartig, daß die Leute oft Bauchschmerzen bekamen.«
    »Da möchte ich lieber trocken Brot essen«, meinte das Kind, nachdem es einen Augenblick überlegt hatte.
    Als Léon mit dem Hacken fertig war, brachte er das Wurstfleisch in einer Schüssel auf den viereckigen Tisch. Der Kater Mouton, der sitzen geblieben war, die Augen auf Florent gerichtet, als sei er äußerst verwundert über die Geschichte, mußte ein wenig beiseite rücken, was er sehr ungnädig tat. Er rollte sich zusammen und schnurrte, die Nase auf dem Wurstfleisch. Lisa schien weder ihre Betroffenheit noch ihren Ekel verbergen zu können: der Reis voller Maden und das Fleisch, das schlecht roch, erschienen ihr sicher als kaum glaubliche Schmutzigkeiten, völlig entehrend für den, der sie gegessen hatte. Auf ihrem schönen, ruhigen Gesicht, in dem Anschwellen ihres Halses malte sich ein unbestimmtes Entsetzen angesichts dieses Mannes, der sich von unsauberen Dingen genährt hatte.
    »Nein, es war keine Stätte des Vergnügens«, fuhr er fort und vergaß, den verschwommenen Blick auf den dampfenden Kessel gerichtet, die kleine Pauline. »Jeden Tag neue Quälereien, unausgesetztes Zermalmen, Schändung aller Gerechtigkeit, Verachtung menschlicher Nächstenliebe, die die Gefangenen zur Verzweiflung brachten und sie langsam im Fieber krankhaften Hasses verbrennen ließen. Sie lebten wie Tiere, eine ewig erhobene Peitsche über den Schultern. Diese Elenden wollten den Menschen töten … Man kann nicht vergessen, nein, es ist unmöglich. Diese Leiden werden eines Tages nach Rache schreien.«
    Er hatte seine Stimme gesenkt, und die Speckstücke, die lustig im Kessel zischten, übertönten sie mit ihrem brodelnden Brutzeln.
    Aber Lisa vernahm sie, erschreckt von dem unversöhnlichen Ausdruck, den sein Gesicht plötzlich angenommen hatte. Mit seiner sanften Miene, die er zu heucheln verstand, hielt sie ihn für einen Scheinheiligen.
    Florents dumpfer Tonfall setzte Paulines Freude die Krone auf. Entzückt über die Geschichte zappelte sie auf seinen Knien hin und her.
    »Und der Mann, der Mann?« flüsterte sie.
    Florent sah die kleine Pauline an, schien sich zu erinnern und fand sein trauriges Lächeln wieder.
    »Der Mann«, sagte er, »war nicht froh, auf der Insel zu sein. Er hatte nur einen Gedanken, sich auf und davon zu machen, das Meer zu überqueren, um die Küste zu erreichen, deren weiße Linie man bei schönem Wetter am Horizont sah. Aber das war nicht einfach. Dazu mußte ein Floß gebaut werden. Da bereits Gefangene entflohen waren, hatte man alle Bäume auf der Insel abgeschlagen, damit sich die anderen kein Holz beschaffen konnten. Die Insel war ganz kahl, so nackt, so ausgedörrt von der glühenden Sonne, daß der Aufenthalt dort noch gefährlicher und fürchterlicher wurde. Da hatte der Mann zusammen mit zwei Kameraden den Einfall, die Baumstämme ihrer Hütten zu verwenden. Eines Abends fuhren sie ab auf einigen schlechten Balken, die sie mit trockenen Zweigen zusammengebunden hatten. Der Wind trieb sie auf die Küste zu. Als es zu tagen begann, lief ihr Floß mit solcher Gewalt auf eine Sandbank, daß die Baumstämme auseinandergerissen und von den Wellen fortgetragen wurden. Die drei Unglücklichen blieben beinahe im Sande stecken. Sie sanken bis zum Gürtel ein. Einer verschwand sogar bis zum Kinn, und die beiden andern mußten ihn herausziehen. Schließlich erreichten sie einen Felsen, auf dem sie kaum Platz genug hatten, sich zu setzen. Als die Sonne aufging, sahen sie vor sich die Küste, eine Barre steil abfallender grauer Felsen, die eine

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