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Der Bauch von Paris - 3

Der Bauch von Paris - 3

Titel: Der Bauch von Paris - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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ist, drei Tage, ohne zu essen, auszuhalten, war für sie ein unbedingt gefährliches Wesen. Denn schließlich bringen sich ehrbare Menschen niemals in eine solche Lage.
    Florent erstickte jetzt fast. Vor ihm der Herd, in den Léon soeben mehrere Schaufeln Kohlen geworfen hatte, schnarchte wie ein in der Sonne schlafender Kantor. Die Hitze wurde sehr stark. Ganz in Schweiß gebadet, paßte Auguste auf die Schweineschmalzkessel auf, die er übernommen hatte, während sich Quenu, der wartete, bis das Blut gut verrührt war, mit dem Ärmel die Stirn abwischte. Schläfrigkeit nach guter Kost, mit Übersättigung geladene Luft schwebte im Raum.
    »Als der Mann seinen Kameraden im Sand eingescharrt hatte«, fing Florent langsam wieder an, »ging er allein los, immer geradeaus. HolländischGuayana, wo er sich befand, ist ein von Wäldern bedecktes und von Flüssen und Sümpfen durchzogenes Land. Der Mann wanderte mehr als acht Tage lang, ohne auf eine Wohnstätte zu stoßen. Rings um sich fühlte er den Tod, der auf ihn wartete. Der Hunger zwickte ihm wie mit glühenden Zangen den Magen, aber er wagte nicht, in die strahlenden Früchte hineinzubeißen, die von den Bäumen herabhingen. Er hatte Angst vor den metallisch glänzenden Beeren, deren knotige Knollen Gift ausschwitzten. Während ganzer Tage wanderte er unter dichten Astgewölben, ohne ein Stückchen Himmel zu sehen, inmitten des grünlichen Dunkelns, das ganz erfüllt war von lebendigem Entsetzen. Große Vögel flogen über seinem Kopf auf mit schrecklichem Flügelschlag und plötzlichen Schreien, die Todesröcheln glichen. Springen von Affen, Davonhasten von Tieren durchfuhr das Dickicht vor ihm, beugte die Stengel, ließ einen Blätterregen herunterfallen wie unter einem Windstoß; und besonders die Schlangen ließen ihn erstarren, wenn er den Fuß auf den lockeren Boden von trocknem Laub setzte und ihre schmalen Köpfe zwischen dem ungeheuerlichen Wurzelgewirr hindurchschlüpfen sah. In manchen Winkeln, in den feuchten dunklen Winkeln, krabbelte ein Gewimmel von schwarzen, gelben, violetten, zebraartig gestreiften, getigerten Reptilien, die abgestorbenem Kraut glichen, das plötzlich erwachte und entfloh. Dann blieb er stehen, suchte einen Stein, um aus dieser weichen Erde herauszukommen, in der er einsank. Stunden verharrte er dort im Entsetzen vor irgendeiner Boa, die er hinten in einer Lichtung, den Schwanz zusammengerollt, den Kopf erhoben, sich bin und her wiegen sah wie ein riesiger, mit goldenen Plättchen gefleckter Bumstamm. Nachts schlief er auf Bäumen, war beunruhigt beim leisesten Rascheln und glaubte endlose Schuppen durch die Finsternis gleiten zu hören. Er erstickte unter diesem unendlichen Laub; der Schatten nahm dort die eingeschlossene Hitze eines Schmelzofens an, einen feuchten Dunst, einen verpesteten Schweiß, der stickig war von den herben Aromen wohlriechender Hölzer und stinkender Blüten. Als sich der Mann dann durchgeschlagen hatte, als er nach langen Marschstunden den Himmel wiedersah, befand er sich breiten Flüssen gegenüber, die ihm den Weg versperrten; er ging stromab, hatte ein wachsames Auge auf die grauen Rücken der Alligatoren, durchforschte mit dem Blick das weggespülte Gras, schwamm hinüber, wenn er beruhigendere Gewässer gefunden hatte. Drüben begannen die Wälder von neuem. Andere Male kamen unermeßliche fette Ebenen, die meilenweit mit dichtem Pflanzenwuchs bedeckt waren und dann und wann durch den hellen Spiegel eines kleinen Sees blau wirkten. Dann machte der Mann einen großen Umweg; er kam nur vorwärts, indem er den Boden abtastete, und wäre fast gestorben, begraben, unter einer dieser lachenden Ebenen, die er bei jedem Schritt glucksen hörte. Das von dem angehäuften Humus genährte riesige Gras bedeckte verpestete Sümpfe, Tiefen flüssigen Schlamms; und zwischen den Tüchern von Grün, die sich auf der graugrünen Unendlichkeit bis zum Rand des Horizonts erstreckten, gab es nur schmale Aufschüttungen festen Bodens, die man kennen muß, wenn man nicht für immer verschwinden will. Eines Abends war der Mann bis zum Bauch eingesunken. Bei jedem Ruck, den er wagte, um sich zu befreien, schien ihm der Schlamm bis an den Mund zu steigen. Fast zwei Stunden lang verhielt er sich völlig ruhig. Als der Mond aufging, konnte er glücklicherweise einen Zweig über seinem Kopf ergreifen. An dem Tag, da er zu einer Behausung gelangte, bluteten ihm Hände und Füße, zerschunden und geschwollen von bösen

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