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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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und seine Leute haben gegen ihn ausgesagt. Das Urteil: ein Jahr hierher.«
    »Das ist ja ungeheuerlich! Warum hat er keine Berufung eingelegt?«
    »Dazu gab es keine Gelegenheit. Offenbar wollten ihn alle so schnell wie möglich loswerden.«
    Der Mann kratzte sich am Hinterkopf.
    »Das gefällt mir nicht… das gefällt mir überhaupt nicht! Hast du Papiere bei dir?«
    »Ja, hier. Wir bringen dir den Jungen und dann gehen wir wieder. Ich hoffe, das nächste Mal können wir dir geeignete Arbeitskräfte liefern.«
    Während sich die Wachleute für den Rückweg stärkten, nahm der Vorarbeiter den Sträfling unter die Lupe.
    »Wie heißt du?«
    »Iker.«
    »Wie alt bist du?«
    »Sechzehn.«
    »Bauer?«
    »Nein, Schreiberlehrling. Ich wurde überfallen, beraubt, dann…«
    »Behalt deine Geschichte für dich! Hier hast du eigentlich nichts verloren. Nun ist es aber einmal so, und wir können es nicht ändern.«
    Der Vorarbeiter sah sich Iker von allen Seiten an.
    »Mal überlegen… Für die Kriechgänge bist du zu groß und zum Fördern hast du zu wenig Muskeln. Du kommst zu den Männern, die sich um die Öfen kümmern. Mehr kann ich nicht für dich tun, mein Junge.«
    »Ich danke Euch.«
    »Streng dich bei der Arbeit an und lass dir nichts gefallen.«
    Zwei Aufseher brachten Iker in eine kleine Hütte. Auf dem Boden lagen zwei Schlafmatten.
    »Warte hier!«
    Die Umgebung war alles andere als lieblich, und das Gebirge wirkte feindselig. Man fühlte sich so weit weg von Ägypten, dass es einem unwiederbringlich schien. Aber Iker weigerte sich, in Hoffnungslosigkeit zu versinken. Eines Tages würde er dieses Gefängnis wieder verlassen und seine Priesterin finden.
    Ein etwa zwanzigjähriger Mann mit eckigem Gesicht, dichten Augenbrauen und einem dicken Bauch betrat die Hütte.
    »Du bist also der Neue?«
    »Ja, ich heiße Iker.«
    »Und ich Sekari. Wir sind in der gleichen Mannschaft. Es heißt, du bist unschuldig.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Ich auch. Aber egal, besser man redet nicht von der Vergangenheit und kümmert sich um die Zukunft. Unser Anführer heißt ›Schiefmaul‹, ein mieser Kerl. Ein Gewohnheitsverbrecher, der schon seit zehn Jahren hier ist! Er hat die Mine überlebt und herrscht jetzt über die Kupferöfen. Kein Aufseher wagt es, sich mit ihm anzulegen. Sei bloß vorsichtig, dass du ihn nicht verärgerst. Was das Essen anbelangt, kann ich dich auch nur warnen: Es gibt nicht viel, und es schmeckt auch nicht besonders. Aber du hast Glück. Ich versteh mich gut mit dem Koch und kriege immer eine Extraportion. Du scheinst mir ganz nett zu sein, deshalb beteilige ich dich vielleicht an der Sache, allerdings unter zwei Bedingungen: Erstens hältst du den Mund, und zweitens übernimmst du dafür einen Teil meiner Arbeit.«
    »Einverstanden.«
    Sekari kniete sich hin und grub in der dunkelsten Ecke der Hütte ein kleines Alabastergefäß aus dem Boden aus. Er entfernte den Stopfen, schüttete sich ein paar Tabletten auf die Hand und reichte sie Iker.
    »Schluck sie runter«, sagte er.
    »Was ist das denn?«
    »Das ist eine Mischung aus Johannisbrotkernen und Dillsamen. Dieses Mittel hilft gegen Durchfall und andere Verdauungsstörungen, an denen hier schon einige gestorben sind.«
    Iker nahm die Tabletten, dann grub Sekari noch einen anderen Schatz aus.
    »Es reicht nicht, wenn man nur den Körper schützt, man muss sich auch um die Seele kümmern. Sonst wirst du trübselig und verlierst alle Lebenskraft. Damit es dir gut geht, musst du das hier um den Hals tragen.«
    Und Sekari gab Iker eine Schnur, an der mehrere winzige Karneol-Amulette aufgereiht waren, die Falken – den Vogel des Gottes Horus – und Paviane – das Tier des Gottes Thot, dem Schutzherrn der Schreiber – darstellten.
    Iker drehte die Kette lange in der Hand hin und her.
    »Das war’s erst mal. Jetzt müssen wir los, sonst kriegen wir Ärger.«
    Schiefmaul sah aus wie ein haariges Ungeheuer und hatte keine Angst vor den siebenhundert bis tausend Grad heißen Öfen, in denen die Kupferlegierungen geschmolzen wurden.
    Der Neue gefiel ihm vom ersten Augenblick an überhaupt nicht.
    »Hierher, Bürschchen, kein Mensch ist unschuldig. Streng dich gefälligst an, sonst zerquetsche ich dich. Was mir keiner übel nehmen wird. Schließlich wär’s eine gute Nachricht, wenn es ein Maul weniger zu stopfen gäbe.«
    Iker hielt Schiefmauls Blick stand.
    »Du bist zwar stärker als ich, aber ich habe trotzdem keine Angst vor dir«, sagte er.
    »Räum

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