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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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fällt, käme es in Memphis zu einem Aufstand gegen das Reich!«
    »Wie auch immer, wir sollten für alle möglichen Umwälzungen gewappnet sein«, meinte Medes. »Die vier Würdenträger, die den engsten Beraterkreis des Pharaos bilden, gelten als völlig unbestechlich und als seine treuesten Anhänger. Aber auch sie sind schließlich nur Menschen. Im häufigen Umgang mit ihnen kann ich ihre Schwachpunkte herausfinden und erfahren, wie sie zu nutzen sind. Was den Herrscher betrifft, so steht er unter einem besonderen Schutz, weil er die Geheimnisse der Tempelklausur kennt. Ohne sie wäre jede Machtergreifung von vornherein zum Scheitern verurteilt. Noch weiß ich allerdings nicht, wie wir dieses undurchdringliche Mauerwerk überwinden können.«
    »Das schaffen wir schon, da bin ich mir ganz sicher!«
    »Bis dahin darfst du dir keinen einzigen Fehltritt mehr erlauben, Gergu! Du hast ein geachteter Mann zu werden und ein Vorbild für deine Untergebenen.«
    Gergu lächelte spöttisch. »Wenn auch nur einer versuchen sollte, mich nachzumachen, schlage ich ihm den Schädel ein!«
    Die beiden Verbündeten brachen in wildes Gelächter aus.
    Dann wurde Gergu auf einmal wieder ernst. »Und was, wenn wir uns einfach mit dem begnügen, was wir schon haben? Unterm Strich stehen wir nicht gerade schlecht da. Wagnisse haben immer auch etwas Berauschendes, aber es bleiben trotzdem Wagnisse. Das Land Punt ist entsetzlich weit weg.«
    »Nicht so weit, wie du meinst«, widersprach ihm Medes. »Wie kannst ausgerechnet du, ein so erfahrener Seemann, der sich eigentlich nur dann gut unterhält, wenn es richtig stürmt, so schnell klein beigeben? Wir sind erst am Beginn unserer Reise, Gergu. Und außerdem bist du mir doch sehr ähnlich:
    Auch du liebst die Macht um der Macht willen, die Stärke um der Stärke willen.«
    Gergu nickte zustimmend.
    »Ägyptens Gelehrte verdammen Ehrgeiz und Begierde«, fuhr Medes fort, »aber sie irren sich. Dabei handelt es sich um unvergleichlich prickelnde Gefühlsregungen, mit deren Hilfe man sich über alle Grenzen hinwegsetzen kann. Und so wie sich die Dinge abzeichnen, fühle ich mich in meiner Überzeugung bestärkt.«
    »Da ist noch eine Frage, die mir nicht aus dem Kopf will. Aber ehe ich sie Euch stelle, gebt mir etwas Starkes zu trinken.«
    Und Gergu leerte zwei Gläser Dattelschnaps.
    »Warum tun wir eigentlich Böses, Medes?«
    »Weil es uns in Bann schlägt. Und was ist denn überhaupt böse daran?«
    »Dass wir uns Maat widersetzen, der Redlichkeit und dem Licht.«
    »Du plapperst einfach das dumme Geschwätz der weisen Alten nach. Glaubst du, es hilft dir irgendwie dabei, reich zu werden und den Platz einzunehmen, der dir zusteht?«
    »Ich habe noch immer Durst.«
    Medes fand, dass er gelegentlich der unsicheren Haltung des ihm verfallenen Gergu etwas nachhelfen musste. Gergu täuschte sich: Noch taten sie nicht wirklich Böses, weil ihnen noch immer der Zugang oder Zutritt ins Innere eines Tempels verwehrt war.

 
30
     
     
     
    Nach nur einem Tag hatte Iker mehr Arbeit erledigt als sonst zwei Beamte in einer ganzen Woche, was ihm allerdings nichts als Neid und Missgunst einbrachte. Ohne den Schutz der Dame Techat hätte er deshalb jede Menge Ärger bekommen. Sein Vorgesetzter beschloss, es ihm so schwer wie möglich zu machen, aber Iker ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Hartnäckig ordnete er weiterhin sorgfältig alle Schriften, in der Hoffnung, dabei vielleicht auf die Namen Schildkröten-Auge, Messerklinge oder Gefährte des Windes zu stoßen.
    Doch seine Anstrengungen blieben erfolglos.
    Als seine Herrin ihn zu sich rief, machte der Hilfs-Archivar dennoch keinen entmutigten Eindruck.
    »Nichts gefunden, Iker?«
    »Nein, nichts. Und Ihr auch nicht?«
    »Nein, leider auch nichts«, bedauerte Techat.
    »Das kann doch gar nicht sein, schließlich habe ich diese Leute und dieses Schiff nicht erfunden!«
    »Ich bezweifle in keiner Weise, dass du die Wahrheit sagst, Iker, aber denk dran, was ich dir gesagt habe: Die Nachforschungen könnten sehr lange dauern.«
    »Und Euch ist auch nichts mehr dazu eingefallen?«, fragte Iker.
    »Nein, leider nicht. Aber ich bin mir beinahe sicher, dass dieser Schildkröten-Auge schon mal in unserer Provinz war. Du musst auf andere Gedanken kommen, mein Junge! Wir feiern heute ein Fest zu Ehren der Göttin Pachet, und du sollst mein Schirmträger sein.«
    Die Göttin Pachet – »die Kratzende« – war eine Gepardin und lebte in einer Grotte. Sie

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