Der Baum des Lebens
lauwarmes Bier trinken und trockenes Brot essen, das hilft gegen die Magenkrämpfe.«
Und genau in dem Augenblick, als der kleine Schiffsverband die erste gefährliche Stelle erreichte, entlud sich der Zorn des Himmels. Blitze zerrissen ihn, und der Donner grollte noch lauter als sonst.
Die Mannschaft des königlichen Schiffs machte sich zur Landung bereit.
»Wir fahren weiter«, befahl Sesostris.
»Majestät!«, wandte General Nesmontu ein, »das ist viel zu gefährlich!«
»Es ist die günstigste Gelegenheit für uns, dieses Hindernis zu überwinden. Sagtest du nicht, du hättest die besten Seeleute ausgesucht, die es gibt?«
Voller Entsetzen musste Medes feststellen, dass das Flaggschiff weiter in der Mitte des Flusses fuhr und dem Sturm die Stirn bot, die anderen Schiffe taten es ihm nach.
Einer Ohnmacht nahe, flüchtete er sich in seine Kabine, um den Schiffbruch nicht mit ansehen zu müssen.
Wütende Wellen ließen den Rumpf der Schiffe erbeben, die Masten bogen sich bis ans Äußerste, Relings zerbarsten. Zwei Matrosen gingen über Bord, und keiner konnte ihnen helfen.
Sesostris selbst hielt das Ruder in der Hand. Sehr aufrecht und ungeheuer aufmerksam, kämpfte er gegen Seth, ohne auch nur die kleinste Schwäche zu zeigen.
Als Licht durch die dicken schwarzen Wolken drang, beruhigte sich der Nil allmählich, und der König trat das Ruder wieder an den Kapitän ab.
»Seth wollte uns vernichten und hat uns stattdessen geholfen«, stellte Sesostris fest. »Er soll eine Opfergabe bekommen.«
Der Pharao machte Feuer in einem Kohlebecken und verbrannte eine kleine Tonfigur, die eine männliche Gazelle darstellte, die von einem Messer durchbohrt war. Mitten in der Wüste war dieses erstaunliche Tier in der Lage, größte Hitze zu ertragen. Würde es dem König wohl ein wenig von dieser Fähigkeit abgeben?
»Wir sind vorbei«, stellte General Nesmontu fest. »Da waren jetzt doch tatsächlich drei Provinzfürsten nicht in der Lage einzugreifen! Jetzt stehen uns Assiut und dieser auf Krieg versessene Upuaut bevor«, verkündete er. »Mit anderen Worten, ein schrecklicher Kampf.«
Bei Einbruch der Nacht gelangten die Schiffe in die zweite Gefahrenzone. Nach mehreren Tagen Fahrt ohne Unterbrechung waren alle erschöpft. Keiner hätte es gewagt, im Dunkeln weiterzusegeln, zumal um diese Jahreszeit, wo die Launen des Flusses beinahe genauso gefährlich waren wie die Nilpferde.
»Ich schlage vor, wir machen zwei Tage Pause, um uns auf die Auseinandersetzung vorzubereiten«, sagte General Nesmontu.
»Wir fahren weiter«, entschied Sesostris.
Dem alten General versagte fast die Stimme. »Wenn wir die zur Orientierung erforderlichen Fackeln anzünden, ist es für die Truppen von Assiut ein Leichtes, uns zu entdecken!«
»Richtig, und deshalb werden keine Fackeln angezündet.«
»Aber, Majestät…«
»Ich weiß, Nesmontu. Doch wir haben keine andere Wahl, wir müssen das Schicksal herausfordern.«
Vom Bug des ersten Schiffes aus gab Sesostris Richtung und Geschwindigkeit an. Es war Neumond, und die Sache erwies sich als äußerst schwierig. Aber der Pharao machte keinen Fehler, keine Gottheit stellte sich ihm in den Weg, und die Schiffe glitten geräuschlos über ruhiges Wasser.
Nesmontu war nicht wenig stolz darauf, einem Mann wie Sesostris dienen zu dürfen. Sicher stand ihnen der schwierigste Teil ihres Unternehmens noch bevor, aber der Monarch gewann immer noch mehr an Ansehen unter den Soldaten und Seeleuten. Was hatten sie unter einem solchen König schon zu befürchten?
Doch der Anblick, der sich den Reisenden jetzt bot, stimmte sie bedrückt: Kurz vor der Insel Elephantine waren die steilen Nilufer rissig. Menschen und Tiere litten unter der sengenden Hitze, die von der Sonne verbrannten Felder schrien förmlich nach der Schwemme. Doch die Esel arbeiteten weiter und trugen Getreidesäcke von einem Dorf zum nächsten, während die Bauern das Dreschen übernahmen. Jeder Schritt und jede Bewegung erforderten größte Anstrengung.
»Man hat uns entdeckt, Majestät«, sagte Nesmontu. Und der General deutete auf einen Nubier, der im Wipfel einer Palme saß und einem Kollegen mit wilden Gesten Zeichen machte. So wurde die Nachricht von der Ankunft unbekannter Schiffe von Baum zu Baum gereicht und würde wohl schnell den Fürsten Sarenput erreichen.
»Wäre es nicht sinnvoll, die Segel zu streichen und unser Vorgehen neu zu überdenken?«, fragte Nesmontu.
»Wir fahren weiter.«
Der Wind
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