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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.j. Rose
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Hysterie und Halluzinationen, waren viele Besucher nicht mehr in der Lage, die einfachsten Überlegungen anzustellen. Bleiben oder gehen? Deckung suchen oder fliehen? Wohin? Nach vorn? Nach hinten? Selbst jene, die wie er nicht von den Tönen betroffen waren, wussten weder aus noch ein, so übermächtig war die Bestürzung. Während Malachai sich stetig durch das Gedränge zwängte, bemerkte er die Todesangst in den Augen der Menschen, vernahm ihre durch die Flötenklänge ausgelösten Schreckensschreie. Ihm selber jedoch passierte absolut nichts.
    Der wogende Menschenstrom riss Meer in die Gegenwart zurück. Sie war gefangen in einer Flut aus schiebenden, drängenden Leibern, die verzweifelt zu entkommen versuchten. Sie begriffen nicht, was Meer nur zu gut verstand: Solange sie die Musik vernahmen, ließen ihnen die quälenden Erinnerungen keine Ruhe, auch draußen in der Lobby nicht. Die grellen, hohen Töne schwemmten sie tiefer und tiefer hinein in eine Unterwelt, in einen Schlund, in dem das Licht Jahrhunderte, gar Jahrtausende alt war.

98. KAPITEL
    D onnerstag, 1. Mai – 20:15 Uhr
    David war, als würde die Luft in Wellen um ihn herum flimmern, gleich einer Strömung, die ihn fortzuschwemmen drohte von diesem Ort, von seiner Aufgabe. Von einer Sekunde auf die andere hatte er das Gefühl, er würde in zwei unterschiedlichen Wirklichkeiten existieren. Bemüht, sich in beiden zurechtzufinden, verlor er jegliche Orientierung. Was ging hier vor?
    Eigentlich musste er jetzt die Sprengladung zünden, doch irgendetwas stimmte nicht mit seiner Koordination und seiner Sehschärfe. Er konnte sich auf nichts anderes konzentrieren als auf die Töne, die ihn so eisern umklammert hielten. Ihm war fast, als würde ihm das Gehirn durch Ohren, Augen und Nase aus dem Schädel gepresst.
    Handelte es sich womöglich um eine neue Sicherheitstechnik? Eine neuartige, von Paxton und Konsorten erfundene Methode, um Ratten wie ihn aus ihren Schlupfwinkeln zu scheuchen? Nur empfand David diese Töne, so grausig sie klangen, gleichzeitig auch als wunderschön und verlockend zugleich. An sich musste er jetzt dringend den letzten Draht an der Batterie anschließen und die Zündkapsel betätigen, aber es ging nicht … Nein, er musste lauschen … konnte sich nicht dagegen wehren … war machtlos gegen diese lockenden Klänge … die ihn in ihren Strudel sogen.

99. KAPITEL
    T al des Indus, Indien – 2120 vor Christus
    In der mondlosen Finsternis war das Gelände trügerisch, doch Devadas blieb nichts anderes übrig, als während der Nacht zu wandern, wollte er rechtzeitig an sein Ziel gelangen. Der Tradition entsprechend mussten sämtliche Opfer bis Tagesanbruch dargebracht sein. Nicht mehr lange also, dann würde Sunil Ohana auf den Opferstein betten. Er würde ihr feierlich die Kehle durchschneiden und seine unberührte Tochter den Göttern weihen.
    Als ob den Göttern etwas an Menschenopfern läge!
    Während Devadas so durch die nächtliche Landschaft wanderte, zerbrach er sich den Kopf darüber, wie er Sunil noch von seinem Vorhaben abbringen mochte. Gab es wohl vernünftige Gründe, mit denen sich ein Mensch noch umstimmen ließ, der so in Aberglauben und den überlieferten Sitten und Gebräuchen verhaftet war? Und warum sollte Sunil ihn anhören? Als einer der sieben heiligen Männer des Dorfes hielt Ohanas Vater ihn, Devadas, sowie seinen Bruder Rasul ohnehin für Ketzer.
    Dabei war es tatsächlich so: Spielten er und sein Bruder gewisse Weisen auf den von ihnen gefertigten Instrumenten, so spürten die Zuhörer wahrhaftig lindernde Wirkung. Die Klänge der Flöten und Trommeln wirkten in der Tat gegen Schlaflosigkeit, Schmerzen oder innere Unruhe. Wäre der Vater der beiden Brüder nicht auch einer der Dorfschamanen gewesen – man hätte sie längst fortgejagt. Stattdessen hatte sich eine kleine Schar von Jüngern um sie gebildet, und Gerüchte über ihre Wundertätigkeit machten die Runde. Solch radikales Denken und solch ungewöhnliche Heilkünste waren verdächtig, die beiden Brüder den Dorfältesten nicht geheuer.
    Doch die beiden hatten sich dazu durchgerungen, dieses Wagnis auf sich zu nehmen. Denn mit ihrer Gabe konnten sie Menschen helfen, auch wenn sie sich selber dadurch in Lebensgefahr begaben. Zu erleben, wie der gequälte Blick aus den Augen einer Frau wich oder wie eine fiebrige Kinderstirn abkühlte – das wog die ständigen Drohungen auf. Sie machten selbst dann noch weiter, als Devadas von seinem Weib nebst

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