Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)
Aus dem Wurfring klappten Messer heraus. Beide Waffen nagelten an zwei verschiedenen Stellen das weite Gewand des Dunkelalben an den harten Schuppenpanzer des Drachen, sodass er gehalten wurde.
» Was ist mit ihm? « , rief Neldo, der nach Brogandas sehen wollte.
» Halt dich fern! « , befahl Lirandil.
Im nächsten Augenblick wurde dem Halbling auch klar, warum. Brogandas fasste sich an das Gesicht, so als würde er nach einem lästigen Insekt greifen, das dort auf ihm herumkrabbelte. Seine Hand zog das Licht aus den Runen seines Gesichts heraus. Ein Gebilde, das wie ein spinnenbeiniges Wesen aus aufflackernden grünlichen Blitzen bestand, schleuderte er dann von sich. Die Blitzspinne schnellte zischend über den Rücken des Drachen. Lirandil hob seine Hände und stieß eine Formel hervor. Daraufhin erfasste eine unsichtbare Kraft die Blitzspinne und schleudertet sie in die Tiefe. Der Drache zuckte regelrecht zusammen.
Gehorche!, versuchte Arvan zum wiederholten Mal den Willen des riesenhaften Geschöpfs zu beeinflussen. Aber das war nun vollkommen unmöglich geworden.
Da war nichts mehr, was man noch als einen Willen hätte bezeichnen können. Nur noch Furcht. Und Wahnsinn. Der Drache brüllte laut auf. Die dröhnende Kraft, die zuvor seine Rufe gekennzeichnet hatte, war diesen Lauten jetzt nicht mehr eigen.
Auch kamen nun keine Flammen mehr aus seinem Maul, sondern nur noch faulige Schwefelgase. Der Drache keuchte sie regelrecht aus seinem Körper hervor. Seine Flugbahn wirkte chaotisch, und er schien jetzt nur noch ein einziges Ziel zu haben– sich so weit wie möglich von dem Runenbaum zu entfernen. Nie zuvor in dem noch jungen Leben dieses Drachen war er mit solcher Geschwindigkeit geflogen. Er begnügte sich nicht damit, die Luftströmungen auszunutzen und ohne großen Aufwand an Kraft dahinzugleiten, sondern bewegte unablässig die gewaltigen, lederhäutigen Flügel, was enorm viel Kraft kosten musste.
Er wird sterben, nahm Arvan einen Gedanken von Lirandil wahr. Sein Herz schlägt wie ein Schmiedehammer. Und die Magie hat ihm viel von seiner Kraft genommen. Er wird sterben, und dann stürzen wir in die Tiefe!
Zunächst aber stieg der Drache höher empor, als wollte er auf jeden Fall vermeiden, noch einmal so einen Peitschenschlag magischer Blitze abzubekommen. Eine weitere dieser Entladungen brach gerade aus dem brennenden Runenbaum hervor. Glücklicherweise schien der Drache inzwischen aus der Reichweite dieser Kräfte zu sein. Der Blitz verzweigte sich immer weiter in kleinste Adern aus Licht und verlor sich schließlich, noch ehe diese Kräfte auch nur an den Drachen und seine Reiter herangekommen waren.
Die ohnehin schon vor Angst fast wahnsinnige Seele des Drachen wurde allerdings auch davon beeinflusst. Der bisher schon erlittene Schrecken vertiefte sich, die Bewegungen der Flügel wurden noch heftiger, ohne dabei einen stabilisierenden Effekt auf die immer unberechenbarere Flugbahn zu haben.
Trotz der hohen Geschwindigkeit, mit der der Drache nun durch die Nacht flog, dauerte es eine ganze Weile, bis der brennende Runenbaum hinter dem Horizont verschwand. Die gewaltige Höhe dieses einmaligen Baumes war dafür die Ursache. Noch lange sah man ihn als brennende, langsam in sich zusammenfallende Fackel in der Ferne. Schließlich war nur noch ein grünlich schimmerndes Licht zu sehen, das hinter dem Horizont hervorleuchtete und an die untergehende Sonne erinnerte.
Ein Bogen aus Licht spannte sich nun von diesem Baum aus in die Ferne. Dieses Licht enthielt allerdings alle Farben des Regenbogens und unterschied sich deutlich von der Färbung der Blitze. Ein Regenbogen bei Nacht, staunte Arvan, und ihm fiel sogleich ein, dass Grebus eigenartiger Gefährte, der Starke Narbenmann Qaláq, behauptete, einst über einen Regenbogen zum Runenbaum gelangt zu sein. Schade, dass er diesen Regenbogen wohl nicht mehr sehen kann, dachte Arvan. Der hätte ihm zweifellos gefallen.
Während der Runenbaum schließlich längst nicht mehr zu sehen war, leuchtete der Regenbogen, der sich ungewöhnlich weit über das Land spannte, so stark, dass er zeitweilig an Helligkeit den Mond übertraf.
Dann stieg der Drache plötzlich steil in die Höhe. Alle, die auf seinem Rücken saßen, mussten sich gut festhalten. Immer wieder gingen die Lederschwingen auf und nieder. Es wurde eisig kalt.
Willst du uns umbringen, verfluchter Drache?, dachte Arvan. Geh tiefer, Drachenvieh! Sofort!
Die Kreatur antwortete nur mit einem
Weitere Kostenlose Bücher