Der beiden Quitzows letzte Fahrten
angewendet habe. Uebrigens kommen wir schon morgen nach Angermünde, wo ich mit dem Hauptmann Johann von Briesen über Euch sprechen werde. Ich hoffe, daß Ihr bei ihm eine gute Aufnahme finden und da bleiben werdet, bis der Markgraf meine Bedingungen erfüllt.«
»Das lasse ich gelten.«
»Aber Euer Wort habt Ihr zurückgenommen?«
»That ich das? Oder sprach ich nicht vielmehr nur für den Fall, daß Ihr mich weiter führen würdet? Doch, da es einmal geschehen ist, so mag es auch so bleiben!«
»Ganz wie es Euch beliebt! Ich werde also die Thür verschließen und strenge Wache über Euch halten. Verlautet Ihr Euch aber gegen einen Dritten nur mit einem Worte, so schlage ich Euch mit Eurem eignen Schwerte nieder, welches ich zum Andenken an unseren ersten Ritt in meiner Hand behalten habe. Es ist gut und wird in meiner Hand seinen Mann niemals verfehlen. Jetzt sucht Euer Lager; wir werden früh aufbrechen!«
Die beiden Sprecher ahnten jedenfalls nicht, daß sich in ihrer unmittelbaren Nähe Jemand befinde, der jedes ihrer Worte deutlich vernommen hatte. Tiefe Stille zeigte einige Minuten später, daß sie sich der Ruhe hingegeben hatten.
Detlev war dem Gespräche mit immer wachsender Aufmerksamkeit und Spannung gefolgt. Er ersah aus demselben, daß der Jüngere der beiden Männer der Gefangene des Aelteren sei. »Prinz« hatte dieser ihn genannt und auch von dem Markgrafen gesprochen, dem er Bedingungen über die Auslösung zu machen gedenke. War es möglich, sollte einer der markgräflichen Prinzen in die Hand eines Feindes gerathen und von diesem entführt worden sein? Das wäre ja ein ganz außerordentlicher Fall, welcher für die Politik des Fürsten von dem nachtheiligsten Einflusse sein mußte. Und wer war der Mann, der eine so verwegene That gewagt und ausgeführt hatte? Ein gewöhnlicher Mann, ein gewöhnlicher Charakter konnte er nicht sein, und es war hier jedenfalls nicht blos schwierig, sondern auch gefährlich, Rettung bringen zu wollen. Und doch faßte Detlev diesen Gedanken und hielt ihn fest, um über seine Ausführung nachzusinnen, denn selbst, wenn er sich in der Person des Gefangenen getäuscht hätte, war es Ritter-und Menschenpflicht, ihm nach besten Kräften beizustehen.
Er lag ruhig auf seinem Lager und vermied jedes, auch das leiseste Geräusch, um seine Gegenwart nicht zu verrathen. Im Hause regte sich nichts mehr; auch drüben in dem Nebengemache war es still, und nur nach einer längeren Zeit vernahm er die tiefen, hörbaren Athemzüge eines Schlafenden. Die beiden Räume waren nur durch eine dünne Bretterwand von einander getrennt, welche es ermöglichte, daß diese Laute bis an sein Ohr drangen.
Welcher von den Beiden war der Schlafende? Jedenfalls der Gefangene, denn der Andere war ganz gewiß zu vorsichtig, als daß er die nöthige Wachsamkeit aus den Augen gelassen hätte. War die Stube verschlossen, so daß es unmöglich war, von außen hinein zu kommen? Und im Falle dieser Möglichkeit, wie konnte der Eine von dem Anderen unterschieden werden? Der Wirth durfte leider nicht mit in diese Angelegenheit gezogen werden, denn bei den damaligen Verhältnissen pflegten sich diese Art von Leuten so wenig und ungern wie möglich in die Angelegenheiten Derer zu mischen, welche bei ihnen einsprachen und verkehrten. Auch war es ja noch vollständig unentschieden, ob nicht der Wirth mit bei der Sache betheiligt sei, und in diesem Falle wäre es ja die allergrößeste Thorheit gewesen, ihn zu Rathe ziehen zu wollen. Am Besten schien es allerdings zu sein, bis zum Morgen zu warten, wo es dann jedenfalls leichter war, handelnd einzugreifen; aber bis dahin konnte ja gar Mancherlei geschehen, was dieses Eingreifen zur Unmöglichkeit machte.
Er erhob sich so leise und unhörbar wie möglich, öffnete seine Thüre und trat hinaus. Er stand vor einer That, und jede Verzögerung derselben widerstrebte seinem abenteuerlustigen Feuergeiste, dem ein langes und Ungewisses Zuwarten unerträglich schien.
Zunächst schlich er sich an die Nebenthür, um das Schloß derselben zu untersuchen. Es war eines jener alten Riegelwerke mit feststeckendem Schlüssel, welche von beiden Seiten geöffnet, aber nur von Außen sicher verschlossen werden können. Der Eintritt an und für sich bot also keine Schwierigkeit, doch stand zu vermuthen, daß ihm von innen irgend ein Hinderniß entgegengestellt worden sei.
Nun begab er sich hinunter in den Flur, von wo aus es ihm leicht wurde, in den kleinen Hof und zu den
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