Der beiden Quitzows letzte Fahrten
abgeschickt sind, um sich meiner armen Genossen zu bemächtigen. Wir sind grad noch zur rechten Zeit gekommen, um sie an ihrem bösen Werke zu verhindern. Kommt! Sobald sie die Insel erreicht haben, werden wir ihnen folgen. Die Anderen werden wohl nach dem Geschehenen mit der größten Vorsicht verfahren und doppelte Wachen ausgestellt haben. Ich glaube, daß wir jedenfalls auf eine solche stoßen, ehe wir das Eis betreten.«
Diese Voraussetzung zeigte sich bald als richtig, denn sie waren noch keine weite Strecke längs des Ufers hingegangen, so erhoben sich plötzlich grad vor ihnen zwei Männer, von denen sie laut und barsch angerufen wurden:
»Wer seid Ihr, und was habt Ihr hier zu suchen?«
Sie waren von ihnen leicht bemerkt worden, da sie sich keinerlei Mühe gegeben hatten, ihren Weg in so vorsichtiger Weise zu verfolgen, daß sie unentdeckt bleiben konnten.
»Gehört Ihr zu den Leuten, welche der ›Schwarze‹ hier in die Ruine gelegt hat?« frug Dietz, indem er furchtlos auf sie zutrat.
Eine solche Frage hatten sie nicht erwartet; sie kam ihnen vielmehr so unverhofft, daß sie, nicht wissend, was sie antworten sollten, einander verdutzt ansahen.
»Nun, bekomme ich bald eine Auskunft? Ich habe keine Zeit, lange auf Eure Rede zu warten!«
»So sagt uns erst, wie Ihr zu solchen Worten kommt!«
»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche, aper Ihr hapt weiter Nichts zu thun, als dem jungen Herrn Eure Antwort zu gepen!« klang es ihnen da aus dem Munde des entschlossenen Wachtmeisters entgegen. Er trat vor sie, packte mit je einer Hand einen von ihnen bei der Brust und schüttelte sie in einer Weise gegen einander, daß sie wohl erkannten, gegen eine solche körperliche Stärke sei von ihrer Seite gar nicht aufzukommen. »Nun, Ihr Deiwelspraten, wir kommen von dem ›schwarzen Dietrich‹ und wollen wissen, op Ihr zu seinen Leuten gehört. Wenn Ihr nicht pald eine Antwort gept, so schlage ich Euch mit den Köpfen zusammen, daß die Stücke davon üper den See hinüperfliegen!«
»So laßt doch nur los! Ja, wir gehören zu ihnen.«
»Gut. Sind noch Andere von Euch hier in der Nähe?« frug Dietz weiter.
»Ja; wir haben eine Wächterreihe um die ganze Ruine gezogen, weil uns heut’ eine schlimme Gefahr droht.«
»Ich kenne diese Gefahr und habe sie bereits von Euch abgewendet. Euer jetziger Anführer, der ›Reiter‹, welcher Euch von dem ›Schwarzen‹ gegeben wurde, ist todt. Wer ist einstweilen an seine Stelle getreten?«
»Der lange Thomas.«
Jobst war zurückgetreten, sodaß die beiden Männer ihn nicht zu erkennen vermochten. Die Worte Dietzens zeugten von einer solchen Bekanntschaft mit ihren Verhältnissen, daß sie gar nicht auf den Gedanken kamen, irgend einen Zweifel an seiner Behauptung, daß er ein Abgesandter ihres berühmten oder vielmehr berüchtigten und gefürchteten Hauptmanns sei, zu hegen. Er kannte sogar schon die Gefahr, in welcher sie standen, und versicherte, dieselbe bereits von ihnen abgewendet zu haben; das imponirte ihnen, und so war ein Widerstand von ihrer Seite gar nicht zu befürchten.
»So geht, und ruft die Leute alle zusammen! Ich habe Euch gute Botschaft zu bringen und werde zunächst selbst nach der Insel gehen, um Diejenigen, welche sich jetzt dort befinden, herbei zu holen.«
Diese Worte wiesen auf eine Vertrauen erweckende Lokalkenntniß hin, und waren so kurz und bestimmt ausgesprochen, daß sie auf der Stelle ohne alle Gegenrede befolgt wurden. Der Anfang war also gemacht und zeigte sich so befriedigend, daß es den beiden Jünglingen etwas leichter um das Herz wurde, als es ihnen trotz allen Muthes bisher um dasselbe gewesen war.
Jetzt schritten sie nach der Insel zu und wurden, auf derselben angekommen, von Schwalbe nach dem Brunnenschachte geführt. Hier fanden sie keine Wache aufgestellt, sondern die Männer, welche vor ihnen hier angekommen waren, hatten sich alle hinab in den Stolln begeben.
»Macht schnell, Herr,« drängte Jobst, »sonst sind die armen Teufel alle verloren! Ich habe ihnen zwar Speise und Trank gebracht, aber das hat ihre Kräfte doch nicht so schnell stärken können, daß sie Widerstand zu leisten vermögen, wenn es ihnen an das Leben geht.«
Dietz dachte nicht an die Gefahr, welcher er entgegenging, sondern nur an die Rettung, die er zu bringen hatte.
»Du bleibst mit Jobst und Schwalbe oben,« wandte er sich an Cuno, »und Ihr kommt nur dann hinab, wenn ich um Hilfe rufe. Du aber, Caspar, folgest mir, denn Du bist der
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