Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Denjenigen, welche den furchtbaren Streichen des riesigen Wachtmeisters erlagen, war Thomas, mit dessen Fall die Kraft der Räuber zu erlahmen schien. Bald waren sie vollständig überwunden und harrten scharf gefesselt der Entscheidung, welche Dietz über sie fällen würde.
Leider war es aber auch auf der anderen Seite nicht ohne Verluste abgegangen.
Einige der aus den Betlöchern befreiten früheren Genossen der Räuber waren todt und Jobst und auch Cuno hatten Wunden davongetragen.
Beide wiesen jede Besorgniß wegen ihren Verletzungen als unnöthig zurück und Dietz befahl, die Gefesselten abgesondert von einander an Pfeiler und Pfosten des Kellers zu binden, die Todten aber vorläufig abseits zu legen.
Nachdem dies geschehen, wandte er sich zu den, seiner Befehle harrenden Männer, die infolge des von ihnen geleisteten Eides zu ihm gehalten hatten.
»Wo sind die Gefangenen, für welche das Lösegeld noch nicht eingegangen ist?«
»Im Thurme!« entgegneten sofort Mehrere.
»Du, Hinrich, wirst mich dahin führen und Caspar mag mich begleiten.«
»Herr, laßt mich auch mit Euch gehen,« bat Jobst, »ich kenne den Weg in die unterirdischen Gelasse im Thurme ebenso genau, wie Hinrich, und meine Verwundung ist nicht so gefährlich, daß ich Euch im Nothfalle nicht dienlich sein könnte.«
»Meinetwegen,« entschied Dietz. »Euch aber,« sprach er zu den beiden Uchtenhagen und zu Cuno, »bitte ich meiner hier zu warten. Es drängt mich, die Gefangenen persönlich kennen zu lernen. Bald werde ich wieder hier sein.«
Mit diesen Worten verließ er in Begleitung der selbst erwählten drei Begleiter das nach dem eben beendeten erbitterten Kampfe einen grausigen Anblick bietende Gewölbe, auf dessen Fußboden sich große Blutlachen gebildet hatten.
Nur wenige Schritte hatten sie, auf der Oberfläche angelangt, zwischen den Steinhaufen hin zu gehen, als der Führer vor einer Ruine stehen blieb, die in früheren Zeiten wohl den unteren Bestandtheil eines Thurmes gebildet haben mochte. Die runde Bauart des kaum noch zwanzig Fuß hohen, unförmlich dicken Gemäuers gestattete wenigstens einen darauf hinzielenden Schluß, dessen Berechtigung von dem Wachtmeister auch sofort anerkannt wurde:
»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche; wenn das Ding aper das Verließ ist, dann hapen die Pfaffen es verstanden, ihre Gefangenen zu verwahren. Das Ungeheuer hat ja keine Thüre, kein Loch zum Einsteigen, kein – kein –«
»Schweig, Caspar,« gebot Dietz, »und Du, Hinrich, führe uns weiter.«
Sie schritten unter der Führung Hinrich’s nach der entgegengesetzten Seite des Gemäuers, und zwar bis dahin, wo ein dichtes, niedriges Gestrüpp unmittelbar an der Mauer wucherte.
Rasch bog Hinrich die Zweige auseinander und es wurde nur ein niedriges Loch in der Mauer sichtbar.
»Durch dieses Loch gelangen wir in die Gefängnisse.«
Dietz warf einen forschenden Blick auf Hinrich.
Er schien ungewiß zu sein, ob dieser hier im Ernst gesprochen oder ein falsches Spiel treibe.
Hinrich beseitigte jedoch im nächsten Augenblicke bereits alle Zweifel hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit dadurch, daß er durch das Gestrüpp hindurchdrang und den Wachtmeister aufforderte, zu ihm zu treten.
Ohne ein Wort der Erwiderung folgte dieser dem Wunsche Hinrichs.
»Wir müssen die Oeffnung erweitern und die Steine herausnehmen, die anscheinend fest in die Mauer eingefügt sind.«
Dies ging leichter, als der Wachtmeister erwartet hatte.
Bald war der Eingang in den Thurm frei; Hinrich brannte nun einen der in einer Mauerluke liegenden Späne an und nach wenig Schritten standen sie in einem ziemlich umfangreichen Gewölbe, an dessen Mauer rund herum hohe, schmale Thüren angebracht waren, in deren oberer Hälfte sich ein ziemlich umfangreiches Loch befand.
»Dies sind hier die Gefängnisse,« erklärte Hinrich, worauf Dietz befahl:
»Du wirst uns sämmtliche Thüren öffnen, gleichviel ob Gefangene in den Zellen sind oder nicht.«
Nicht ohne Mühe schob Hinrich die schweren Riegel der ersten Thüre zurück; diese öffnete sich und Dietz bemerkte in einer Ecke des kleinen Raumes einen älteren Mann, welcher sich weder durch das Geräusch des Oeffnens der Thüre, noch durch den Eintritt der Männer in die Zelle aus seiner Ruhe aufschrecken ließ.
Den Kopf in die Hand gestützt, blieb er, ohne den Eintretenden auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu widmen, unbeweglich sitzen.
Als er einen Zuruf Dietz’s unerwidert ließ, wandte
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