Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Freilassung zu denken, wäre bei Euch lächerlich. Verlangen darf ich wohl aber, daß Ihr, wenn anders nicht etwa mein Tod beschlossen worden ist, dafür sorgt, daß ich genügend Wasser und Brod erhalte.«
»Ihr seid Herr Conrad von Hohenhof?«
»So heiße ich. War Euch das etwa noch nicht bekannt? Ein Gefangenwärter sollte doch wenigstens wissen, wer Diejenigen sind, die er ungehindert und nach eigenem Ermessen quälen darf.«
»Die Erbitterung über Eure Gefangenschaft läßt Euch alle Vorsicht vergessen, und ich will aus Rücksicht auf Eure Lage Eure Worte ungerügt lassen. Beantwortet mir nur noch die Frage, aus welchem Grunde Ihr Euch hier befindet.«
»Die Frage ist gar leicht zu beantworten. Ich wurde im Walde von den Mannen eines mir heut’ noch unbekannten Gegners überwältigt, durch einen Schlag auf den Kopf betäubt, und als ich die Besinnung wieder erlangte, fand ich mich in diesem Loche. Nun wißt Ihr Alles, was mir bekannt ist, laßt mich nun aber auch wissen, was mit mir weiter geschehen soll. –«
»Ihr kennt also Euren Gegner in diesem Falle nicht? Es ist Euch nicht bekannt, auf wessen Befehl Ihr in diese Zelle gebracht worden seid?«
»Nein.«
»Dann sollt Ihr es auch nicht erst erfahren. Von diesem Augenblicke an seid Ihr frei!«
»Frei?« wiederholte der Gefangene noch immer zweifelnd.
»Ich glaube, es bereits ausgesprochen zu haben.«
»Und darf auch sofort weggehen?«
»Caspar,« befahl Dietz als Antwort auf diese Frage dem Wachtmeister, »Du wirst, ehe wir den Thurm verlassen, dem Herrn die Hände fesseln, die Augen verbinden, ihn dann herausführen und ihn so lange bewachen, bis ich mit den Uebrigen zurückkehre.«
»Soll geschehen, Herr!« erklärte der Wachtmeister und begann seinen Auftrag ohne Zögern auszuführen.
Zu seinem Erstaunen leistete Conrad von Hohenhof keinen Widerstand und er fragte spöttisch:
»Die Freude, aus dem Mordloch endlich herauszukommen, hat Euch wohl so ungewöhnlich nachgiepig gestimmt. Na, verdenken kann ich es Euch gerade nicht, daß Ihr Euch fort von hier sehnt, – Oh – was ist denn das?« unterbrach er sein Gespräch und wandte sich zu dem mit einem Ausruf der Ueberraschung von einer geöffneten Zelle zurückprallenden Junker.
Eine schneidende Frauenstimme wurde hörbar.
»Kommst Du, Henkersknecht, wieder, mich zu quälen? Komm mir nicht nahe, wenn Dir Dein Leben lieb ist!«
Dietz suchte die Gefangene, welche nach Aussage Hinrich’s die sogenannte Gräfin war, durch freundliche Worte zum Verlassen ihrer Zelle zu bewegen.
Seine Bemühungen blieben jedoch ohne Erfolg.
»Ich komme nicht heraus. Ihr wollt mich wohl gar ermorden? Gebt mir erst meine Kinder wieder. Wo habt Ihr meinen Gemahl?«
Im wirren Durcheinander klagte und drohte sie, und Dietz sah sich schließlich gezwungen, die Aermste, deren beklagenswerther geistiger Zustand ihm ja längst klar geworden, mit Gewalt aus der Zelle herausholen zu lassen.
Wohl schrie sie und sträubte sich gewaltig, jedoch vergebens. Der Wachtmeister hatte sie schnell bis in die Mitte des Gewölbes geschleppt und erwartete dort weitere Befehle des Junkers, welcher inzwischen noch einmal sich die Ueberzeugung verschaffte, daß sämmtliche Zellen leer und kein Opfer der Räuber mehr in den Thurmgefängnissen schmachte.
Befriedigt durch das Ergebniß seiner Untersuchung, wandte er sich zu Caspar, Jobst und Hinrich:
»Verbindet außer der Gräfin sämmtlichen Befreiten die Augen und führt sie alle dann auf den nach den Betlöchern führenden Weg bis zum Thore. Dort erwartet mich!«
Während der Wachtmeister, Jobst und Hinrich dem erhaltenen Befehle nachkamen, ging der Junker nach dem Versammlungslokale zurück, in welchem Cuno und die beiden Uchtenhagen seiner harrten.
Verwundert sahen diese auf, als Dietz allein in das Gewölbe trat, in welchem seit der Ueberwindung der aufsässigen Räuber eine unheimliche Ruhe herrschte.
»Du kehrst ohne Caspar und Jobst zurück?« fragte Cuno erstaunt, »und bist sichtlich erregt? Ist Dir etwas Unangenehmes zugestoßen?«
»Nein, doch unterlaßt jetzt das Fragen.«
Mit lauter Stimme fuhr er fort:
»Haben die Empörer sich ruhig verhalten?«
»Ja!«
»Dann schafft,« befahl er den auf seiner Seite stehenden Mitgliedern der Bande, »die Gebundenen in den Thurm und werft dort Jeden derselben in eine der Zellen. Dort mögen sie bleiben, bis ich ihnen die eigentlich verdiente Strafe auferlegen werde. Die Todten verscharrt an Ort und Stelle!«
Ohne Zögern
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