Der beiden Quitzows letzte Fahrten
herging, bemerkte, als sie aus dem Walde heraustraten und am Ufer eines kleinen See’s hinschritten:
»Wie oft habe ich hier der Jagd obgelegen; wie oft mich gefreut, wenn einer meiner Falken eine Beute brachte, und mein Zelter schien es förmlich zu wissen, wenn ich zufrieden mit der Jagd war, denn, wenn möglich, noch lebhafter als sonst flog er nach Beendigung derselben mit mir dort über die Wiesenfläche hinweg in der Richtung nach Güntersberg dahin. – Dies Alles hat jetzt sein Ende erreicht. Mein Vater befindet sich in Gefangenschaft, Güntersberg ist zerstört und ich bin – heimathlos. O hättet Ihr mich nur in Flammen umkommen lassen. Mir wäre gewiß ein recht trauriges ferneres Leben erspart geblieben!«
Heftiges Weinen unterbrach ihre Klagen. Thränen erstickten ihre Stimme und sie wäre niedergesunken, wenn der Falkenmeister sie nicht mit starkem Arm gestützt hätte.
»So lange ich den Arm zu heben vermag, werdet Ihr nie verlassen sein, Ihr müßtet mir denn befehlen, Euch nie mehr zu nahen –«
»Wie könnt Ihr nur an etwas Derartiges denken?« unterbrach ihn Brunhilde im Tone leisen Vorwurfs. »Weiß ich doch, daß Ihr es treu zu mir meint. Bedenket aber die Zukunft. Ihr wisset sicher ebensowenig, wo Ihr ohne Eure jetzt verlorenen theuren und schönen Falken bald ein Unterkommen finden werdet, wie ich jetzt schon zu sagen vermag, wo meines Bleibens sein wird. – Wenn ich nur meinen guten Vater noch einmal wiedersehen könnte!«
Wieder kämpfte sie mit Thränen und vermochte nur schlecht sich soweit zu beherrschen, daß sie nicht noch einmal in lautes Weinen ausbrach.
Der Falkenmeister sah ein, daß Trostesworte allein hier wenig nützen und durch rasches Handeln allein Brunhilde die verlorne Fassung wieder verschafft werden könne.
Die Kräfte des schwachen Mädchens waren in Folge der furchtbaren Aufregung während der letztvergangenen Nacht und der ungewohnten, weiten Fußwanderung erschöpft, und er richtete einen forschenden Blick ringsum, in der Hoffnung, einen sicheren Platz zu entdecken, an welchen er Brunhilde vorläufig bringen könnte.
Ein flüchtiges, trübes Lächeln flog über seine Züge, als er in geringer Entfernung einige der Schlagwände bemerkte, deren eine ihm vor ein paar Tagen erst in dem Augenblick zum Versteck gedient hatte, als er Brunhilde zum ersten Male sah.
Ein bitteres Gefühl bemächtigte sich seiner bei dem Gedanken, das Mädchen, die er vom ersten Moment an geliebt, durch fremde Schuld heut’ aus ihrem bergenden Heim vertreiben und plötzlich in die bitterste Lage versetzt zu sehen. Zugleich vermochte er aber auch ebensowenig ein aus dem Eigennutz entspringendes geheimes, freudiges Gefühl darüber zu unterdrücken, daß es ihm so bald schon vergönnt sei, Brunhilde zu beweisen, daß sie in ihm den treuesten Freund besitze.
Er sah ein, daß ihr zur Fortsetzung der Wanderung, sei es auch nur eine kleine Strecke, die Kräfte mangelten, hob sie deshalb ohne Umschweife auf, trug sie bis zu der verstecktest liegenden Schlagwand und ließ sie dort nieder.
»Erlaubt mir jetzt, Jungfrau, mich nach Hülfe umzuschauen. Zu Fuß vermögt Ihr nicht weiter zu kommen, deshalb will ich sehen, ob es mir nicht möglich ist, ein Pferd für Euch aufzufinden. Vertraut mir nur immerhin vollständig,« bat er, als Brunhilde ihm in’s Wort fallen wollte, »ich werde in nicht langer Zeit wieder hier sein. Du aber, Alter,« befahl er dem seitwärts stehenden seitherigen Thurmwart, »wirst hier zum Schutze der Jungfrau zurückbleiben und fleißig Umschau halten. Du bürgst mir dafür, daß Deine Herrin während meiner kurzen Abwesenheit, von gleichviel welcher Seite her, unbelästigt bleibt. Das hohe Schilf bietet im äußersten Nothfalle ja hinreichendes Versteck. Beginnt dort hinter dem See nicht das Kremzower Gebiet?«
»Ganz recht!« brummte der Thurmwart; »seht Euch nur recht sorgsam um, damit Ihr nicht in die Gewalt des Kremzowers fallt. Er soll ja auch ein Gegner unseres gestrengen Herrn sein und würde Euch sicher festhalten!«
Brunhilde sprang, als sie dies hörte, in höchster Erregung auf und ergriff die Hände des Falkenmeisters.
»Bleibt bei mir!« flehte sie. »Ich ängstige mich noch viel mehr, wenn ich Euch in solcher Gefahr weiß. Nein, ich lasse Euch nicht fort! O Gott, was soll mit mir geschehen, wenn Ihr mir entrissen werdet?«
Der Falkenmeister mußte an sich halten, um dem in ihrer unverhohlenen Besorgniß um ihn ihm doppelt reizend erscheinenden
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