Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Pferd zurück.
Ein Blick genügte dem alten Manne, den Reiter zu erkennen und »Falkenmeister!« rief er, sich vollends emporrichtend, mit lauter Stimme dem Davonreitenden nach.
Dieser wandte sich nach dem Rufenden, erkannte ihn und hinter diesem auch Brunhilde, welche, trotzdem sie nun aufrecht stand, doch noch vom Schilfe überragt wurde, und stand wenige Augenblicke darauf, das Pferd hinter sich führend, vor Brunhilde.
»Wie froh bin ich, Euch wieder zu sehen. Ich fürchtete schon –«
»Was fürchtetet Ihr? Etwa Gefahren? Doch auch ich habe jetzt gefürchtet und zwar für Euch!«
»Der Reiter wegen, die hier vorübergekommen sind?«
»Ja und ich war eben im Begriff, ihnen nachzujagen, als der Alte da mich anrief.«
»Wie ist es Euch denn möglich gewesen, schnell ein Pferd zu finden?«
Ein leichter Schatten flog über die Züge des jungen Mannes, als er erwiderte:
»Ich habe es einem mir begegnenden, dem Herrn Henning von Kremzow entgegenreitenden oder vielleicht auch folgenden Knechte abgenommen. Doch sorgt nicht wegen einer etwaigen Verfolgung. Der Mann war froh, daß ich ihn zu Fuß weiter gehen ließ! –«
»Das ist es nicht, was mich bekümmert. Mich quält vielmehr die Ungewißheit, wohin wir uns jetzt wenden sollen.«
»Laßt Euch das nicht anfechten. Erlaubt mir vorerst nur die Frage, ob Ihr Verlangen tragt, vor der Fortsetzung unserer Reise Güntersberg noch einmal zu sehen, oder ob ich Euch ohne weiteren Aufenthalt dahin führen darf, wo ich Euch geborgen weiß.«
»Die Trümmer der Burg meines armen Vaters würden einen zu traurigen Eindruck auf mich machen, deshalb und weil ich im Augenblick dort wohl kaum schon vollkommen sicher sein dürfte, wünsche ich jetzt nicht dahin zurückzukehren. Wo wollt Ihr mich denn hinführen?«
»Nach Betow! Dort bei dem alten Herrn von Wedel und der edlen Frau Hedwig werdet Ihr vor allen Gefahren geborgen sein. Ich weiß Euch dort bei der mir sehr wohlgesinnten Frau geschützt und vermag unbesorgt um Euch für die Befreiung Eures Vaters thätig zu sein! Wollt Ihr mein bei Gott ehrlich und ohne jeden Rückhalt gemachtes Anerbieten annehmen?«
Brunhilde schwieg einen Moment, dann richtete sie einen langen, forschenden Blick auf den Falkenmeister, um in dessen Augen zu lesen, ob er es wirklich so offen meine, wie seine Worte lauteten.
Dieser Blick schien ihr aber die Ueberzeugung verschafft zu haben, daß sie es getrost wagen dürfe, dem jungen Manne zu folgen. Sie unterdrückte gewaltsam die noch in ihr aufsteigenden Bedenken gegen die Ehrlichkeit ihres Begleiters und bot ihm die Hand.
»Ich werde Euch folgen, weil ich fühle, daß Ihr mein Vertrauen nicht mißbrauchen werdet. Dagegen bitte ich Euch, mir zu versprechen, daß Ihr mich sofort von Betow wegbringt oder meiner Entfernung von dort nicht etwa hindernd in den Weg treten wollt, wenn ich dort Ursache erhalte, besorgt zu werden. Endlich aber bitte ich Euch, den Aufenthalt meines Vaters auszukundschaften!«
Der Falkenmeister mußte mit der zweiten der gestellten Bedingungen aus irgend einem Grunde nicht sonderlich zufrieden sein, denn sein erst so freundlicher, offener Blick wurde plötzlich finster. Doch beherrschte er sich und entgegnete möglichst ruhig, wobei er indeß wider Willen in den Ton des Gekränktseins verfiel:
»Die von Euch gestellten Bedingungen habe ich mir bereits aus eigenem Antriebe gestellt. Daß Ihr aber die zweite derselben mir selbst auferlegt, zeigt leider nur zu deutlich, daß ich Euch noch sehr, sehr wenig bekannt bin. Das mir geschenkte Vertrauen werdet Ihr, wie ich wiederholt betheuere, niemals Ursache haben zu bereuen!«
Erschrocken trat ihm Brunhilde näher.
»Vergebt mir, wenn ich Euch gekränkt haben sollte. Es ist dies nicht entfernt meine Absicht gewesen. Bedenkt aber meine Lage, erwägt, daß ich mich Euch völlig anvertraue, und Ihr werdet verstehen, daß ich, ungeachtet des größten Vertrauens, das ich in der That zu Euch hege, im Augenblicke nicht ganz ohne jedes Bangen in die Zukunft zu sehen vermag. Nicht wahr, Ihr zürnt mir nicht? Ihr werdet Euch auch ferner meiner so warm annehmen, wie Ihr es seither gethan habt?«
Die schöne Bittstellerin sah so flehend, mit einem so rührend vertrauensvollen Blick zu ihm auf, daß sein Mißmuth schwand.
»Ich habe Euch nicht gezürnt, nur wehe, sehr wehe hat mir das Mißtrauen gethan, das ich aus Euren Worten zu hören glaubte. Mag dies jedoch nun vergessen sein. Darf ich Euch auf das Pferd heben, damit wir
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