Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Wachtmeister mürrisch, »da wäre mir es auch lieper gewesen, dem Pösen pegegnet zu sein!«
Mit lauter Stimme erwiderte er dann auf die bezügliche Frage des Ritters:
»Die Frau ist aus einem Gefängnisse pefreit worden, und Junker Dietz wird ihr jetzt die Freiheit wiedergepen!«
»Aus welchem Gefängnisse? Wie heißt der Junker und wo ist er im Augenblicke?«
»Wo das Gefängniß sich pefindet, in welchem die Frau gelept hat, kann und mag ich nicht sagen. Der Junker aper ist Herr Dietz von Quitzow, welcher an einer Stelle auf uns wartet, die Ihr nicht zu wissen praucht!«
»Frecher Bursche!« brauste der Ritter auf, »warte, ich werde Dich antworten lehren!«
In demselben Moment holte er zum Schlage aus, der Wachtmeister vermochte den Hieb nicht geschickt und schnell genug zu pariren und mit einem Wehlaut brach er blutend zusammen; Henning von Bismarck hatte ihm anscheinend eine tiefe Kopfwunde beigebracht, denn bald war die Stelle, an welcher der Kopf des Wachtmeisters lag, vom Blute gefärbt.
Regungslos lag Caspar Liebenow am Boden, und die Befreiten, die Zuschauer dieser bei der fahlen Helle, welche die Schneedecke und der klare Sternenhimmel verbreiteten, doppelt grausig erscheinenden Scene, liefen laut schreiend davon.
Jobst schien im ersten Moment durch den Fall des Wachtmeisters so überrascht zu sein, daß er wie gelähmt, mit dem Tuche in der einen und die angsterfüllt laut aufkreischende Frau mit der andern Hand festhaltend, stehen blieb.
Herr Henning von Bismarck weckte ihn aber bald aus dieser Erstarrung.
»Gehörst Du auch zu den Quitzow’schen?«
»Ja, Herr Ritter!«
»Wo erwartet Euch der Junker Dietz von Quitzow?«
»Eine halbe Stunde von hier, an der Stelle, wo der Weg in den Tannenwald eintritt!«
»Und diese Frau brachtet Ihr woher?«
Jobst war zu schlau, um, wie der Wachtmeister, seine wahre Meinung gerade heraus zu sagen, er entgegnete deshalb:
»Ich bin vor wenig Augenblicken erst hier den Leuten, die Ihr gesehen habt, begegnet. Der Junker hat mich ihnen bis hierher entgegen geschickt. Wo die Frau, deren Verstand in Verwirrung gerathen zu sein scheint und die, wie der Wachtmeister dort mir sagte, eine Gräfin sein soll, seither gewesen ist, vermag ich nicht zu sagen!«
Herr von Bismarck stieg nun vom Pferde und näherte sich der Unglücklichen, welche sich vergebens bemühte, der überlegenen Gewalt Jobst’s zu entfliehen, fortwährend »Hilfe« schrie und nach ihrem Gatten und ihren Kindern jammerte.
Der Ritter sah sofort ein, daß gütliches Zureden hier vergeblich sein würde, und ebensowenig daran gedacht werden könne, die Frau auf das Pferd zu heben, um schneller vorwärts zu kommen.
»Du wirst,« befahl er deshalb Jobst, »das unglückliche Weib am Arme neben mir herführen. Bei dem ersten Versuch, die Frau loszulassen und etwa im Walde verschwinden zu wollen, spalte ich Dir den Schädel!«
Rasch schwang er sich wieder in den Sattel und wandte sich zu seinem Begleiter.
»Nun, Detlev, da haben wir ja noch ein recht nettes Abenteuer erlebt!«
Der mit dem Namen Detlev angeredete Herr, in welchem wir den Pflegesohn Suteminns erkennen, fuhr, durch diese Anrede aus tiefem Sinnen emporgeschreckt, auf.
Herr von Bismarck bemerkte dies und fragte erstaunt:
»Was veranlaßt Euch denn in aller Welt, hier und in diesem Augenblicke Gedanken nachzuhängen? Was ficht Euch an, junger Freund, plötzlich Tiefsinn zu hegen?«
»Verlangt keine Erklärung dessen, was mich jetzt eben beschäftigt hat,« erwiderte Detlev ernst, »ich vermöchte Euch doch nicht genügend zu antworten. In dem Momente, als wir diesen Platz betraten, als ich die Eiche hier sah und die Stimme der armen Frau dort hörte, wurde eine Erinnerung in mir wach, die nun wohl auch länger lebendig bleiben wird!«
»An was erinnertet Ihr Euch hier? Habt Ihr denn diese einsame Waldlichtung schon einmal betreten?«
»Ich glaube nicht und doch will es mir auch wieder scheinen, als hätte ich diesen Platz, diese Eiche vor langen Jahren gesehen; die Stimme der Frau aber hat mich so eigenthümlich berührt, daß ich mit bestem Willen Euch darüber nichts Anderes zu sagen vermag, als das Weib hat, trotzdem ich ihre Züge noch nicht genau unterscheiden kann, meine volle Sympathie bereits erworben.«
Herr von Bismarck blickte erstaunt auf. Detlev erschien ihm unerklärlich.
»Brechen wir auf!« befahl er kurz, und Jobst zog, mit Aufbietung von Gewalt, die Gräfin glücklich von dem Baume weg und neben dem Pferde des
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