Der beiden Quitzows letzte Fahrten
sie!«
»Erlaubt mir nur einen Augenblick hier zu verweilen,« bat Detlev, »ich will meiner Schwester behülflich sein, die Fremde baldmöglichst behaglich unterzubringen!«
Ein leichtes Kopfnicken des Ritters bejahte diese Bitte, und während Herr von Bismarck dem Hausherrn in dessen Gemach folgte, gab Detlev den aufhorchenden Frauen möglichste Aufklärung über die fremde Frau.
»Die Aermste!« rief Marie mitleidig und feuchten Auges die Schlummernde betrachtend, »welches Leid mag sie zu ertragen gehabt haben!«
Bald war in einem Seitengemach ein bequemes Lager hergerichtet, Detlev hob ohne Mühe die Frau auf und trug sie auf dasselbe.
»Glaubst Du wohl, Detlev,« bemerkte Marie, als ihr Bruder sich nun entfernen wollte, »daß ich der Armen jetzt schon herzlich zugethan bin? Wie kommt es nur, daß diese Frau, die ich jetzt doch zum ersten Mal sehe, mein Interesse sofort in so hohem Grade erregt und ein so warmes Gefühl für sie in mir hervorzurufen vermag, wie ich es wärmer kaum für meine Schwester hegen könnte?«
»Schwesterchen,« flüsterte Detlev bewegt, »ich habe Dir noch nicht gestanden, daß mir es fast ebenso eigenthümlich mit der Frau ergangen, wie Dir!«
»Auch Du hegtest bald Interesse für sie? O, das ist eigenthümlich! Was mag das nur bedeuten?«
»Mache Dir keine unnöthige Sorge,« entgegnete Detlev rasch, als er die geliebte Schwester plötzlich ernst werden sah. »Es kommt ja zuweilen vor, daß man Jemanden auf den ersten Blick liebgewinnt. Weshalb soll das nun hier nicht bei Dir der Fall sein? Unsere Uebereinstimmung hinsichtlich der Sympathie für die Fremde läßt sich ja sehr leicht in der wohl einzig richtigen Weise erklären, daß wir in unseren Ansichten und Meinungen so gänzlich und unbedingt übereinstimmen, wie dies nur zwischen zwei sich mit ganzer Seele liebenden Geschwistern der Fall sein kann!«
»Du magst wohl recht haben!« erwiderte Marie langsam; es blieb aber zweifelhaft, ob sie die Worte des Bruders vollständig verstanden hatte, ihr Blick haftete wieder auf der Fremden und Detlev wandte sich, um das Zimmer zu verlassen. Da fiel sein Auge auf die Alte, welche bald Marie betrachtete, bald die Züge der Fremden forschend beobachtete.
»Nun, was studirt Ihr denn so eifrig? Vergleicht Ihr etwa gar Marie mit dieser unglücklichen Frau?«
Erschrocken wandte die Alte sich ab.
»Nein, nein, was sollte mich auch dazu bewegen?«
Detlev verließ die Frauen und trat in das Studirzimmer des Ritters, welcher sich mit Herrn von Bismarck im eifrigsten Gespräch befand.
»Danach wäre allerdings keine Zeit mehr zu verlieren,« sprach der Ritter, eben sinnend vor sich hinblickend. »Auf welchem Wege hat denn Graf Warwick die Nachricht nach Potsdam gelangen lassen?«
»Durch einen eigenen Boten, welcher auf einem Holsteiner von England herübergekommen ist.«
»Und dieser Bote ist wohl schon wieder zurück nach England?«
»Das ist mir nicht bekannt!«
»Ich fürchte, die Ankündigung wird verfrüht sein, denn die Elbe ist schwerlich so weit eisfrei, daß Schiffe bis Hamburg gelangen können. Meines Dafürhaltens werden noch mehrere Wochen vergehen, ehe die Ankunft des Grafen in Hamburg erwartet werden darf! Diese Ansicht kann hier jedoch nicht maßgebend sein. Ich habe dem Markgrafen versprochen, und Euch zugesichert, die sichere Ueberführung des Geldes von Hamburg nach Potsdam bewerkstelligen zu wollen, und werde dem Verlangen des Herrn Friedrich entsprechen.«
»Alles Uebrige wird dann in der besprochenen Weise eingeleitet und nach Möglichkeit durchgeführt werden!«
»Ja, und ich werde mit Herrn Hans von Uchtenhagen vielleicht selbst darüber sprechen!«
»Gut! gut! Der Markgraf wird sich freuen, wenn ich ihm melden werde, daß Ihr Euch ohne Widerspruch habt bereit finden lassen, ihm das hohe Opfer zu bringen, das er Euch im Vertrauen auf Eure Neigung zu ihm durch mich ansinnen ließ!«
»Sprechen wir nicht weiter davon. Es soll mit einem Wort Alles nach aufrichtigem Wunsch und nach besten Kräften erledigt werden!«
»Erlaubt mir dagegen, noch einmal die Frau zu erwähnen, welche jetzt wohl bereits ruht, Detlev?«
»Sie schläft längst in der Kammer neben der vorderen Stube!« erwiderte dieser rasch.
»Die Aermste soll wahnsinnig sein und, wie Ihr beiläufig bemerktet, unaufhörlich nach ihren Kindern rufen und den Tod ihres Gatten bald bezweifeln, bald bejammern?«
»So ist es!«
»Weiter glaubt Ihr, das an der Frau ohne Zweifel begangene Verbrechen
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