Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
Es war sowieso alles vorbei - ihr Aufenthalt in Turn-Coupe, ihre kurze Beziehung mit Sugar Kane. Warum also hätte sie etwas zurückhalten sollen? Es bestand keine Veranlassung, irgendetwas zu verbergen.
Mit der Zungenspitze strich sie sich über die trockenen Lippen. „Ich betrachte meine Handlungsweise nicht als Verrat", sagte sie. „Gervis hat jedes Recht auf Loyalität verwirkt, als er mir meinen Sohn nahm, weil ihm seine eigene Bequemlichkeit wichtiger war als das Wohlergehen des Jungen. Oder als er mich nach Turn-Coupe schickte, um für ihn zu spionieren."
„Sie haben für ihn spioniert?" Die Frage kam wie aus der Pistole geschossen.
„Ja", sagte sie und lächelte traurig. „Ich versuchte es zumindest. Aber ich war nicht besonders erfolgreich."
„Darüber lässt sich streiten. Sie sind völlig unvorbereitet nach Turn-Coupe gekommen, und es ist Ihnen in kürzester Zeit gelungen, sich Zugang zu den Häusern und den ... Herzen seiner Bewohner zu verschaffen." Hier legte er eine kurze Pause ein, ehe er fragte: „Waren Sie in irgendeiner Weise für den Unfall verantwortlich, bei dem Mr. Crompton verletzt wurde?"
„Nein! So etwas würde ich niemals tun!" Entsetzt, dass er auch nur auf die Idee kommen konnte, starrte Regina ihn an. War das der Zweck seiner Fragen? Versuchte er sie an den Pranger zu stellen, ihr die Schuld an allem, was geschehen war, in die Schuhe zu schieben - inklusive den Anschlag auf seinen Großvater?
„Und wer war verantwortlich dafür?" Die Frage klang wie der Donner des Jüngsten Gerichts.
„Slater. Dudley Slater. Er gab zu ..."
„Wer ist dieser Slater?"
„Ein Mann, den Gervis angeheuert hatte."
„Erklären Sie uns bitte die genauen Umstände dieses Arbeitsverhältnisses."
Regina versuchte es, obwohl es nicht einfach war. Kane ließ nicht locker, ehe er nicht das kleinste Detail aus ihr herausgeholt hatte. So schnell feuerte er seine Fragen auf sie ab, dass ihr kaum Zeit zum Nachdenken, kein Spielraum für Zweifel oder Halbwahrheiten blieb. Irritiert und aus dem Konzept gebracht angesichts der Wendung, die das Verhör nahm, steckten die Anwälte der Gegenpartei die Köpfe zusammen. Einige Male versuchten sie Einspruch einzulegen, insbesondere dann, wenn die Fragen sich auf Reginas Wissen um das Geschäftsgebaren der Berry Association bezogen. Doch ihr Einspruch wurde meistens abgelehnt. Und wenn sie einmal mit ihrer Forderung durchkamen, formulierte Kane seine Frage einfach anders und fuhr dann unbeirrt mit seinem Verhör fort.
Regina musste jeden Vorfall, jede Einzelheit, jede noch so geringe Information bis ins Kleinste darlegen. Das Verhör wollte kein Ende nehmen. Es erschien ihr, als würde sie seit Stunden, seit einer Ewigkeit, in diesem Zeugenstand stehen. Kane schien genau das von ihr zu wollen, worauf man sie vereidigt hatte: die absolute Wahrheit.
Zusammen mit dieser Erkenntnis kam ihr eine weitere - eine dunkle - Ahnung, worauf Kane es abgesehen hatte. Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken. Panik schnürte ihr die Kehle zu. Nein, es war ausgeschlossen. Das konnte er nicht tun, nicht hier, in einem öffentlichen Gerichtssaal. Nicht vor so vielen Zeugen und im Rahmen eines so wichtigen Prozesses. Es war unmöglich.
Er würde gewiss nicht die Intimität ihrer Beziehung, all das, was sie einander bedeutet hatten, der Öffentlichkeit preisgeben? Er konnte es doch nicht wagen, ihr Verlangen, ihre Leidenschaft füreinander als Beweismaterial für die Niedertracht des Mannes zu benutzen, der versucht hatte, seinen Großvater zu ruinieren? Damit würde er doch ebenso sich selbst bloßstellen und Kritik auf sich ziehen.
Aber wenn es das nicht war, worauf er hinauswollte, dann konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, was es sonst sein könnte. Es gab einfach nichts anderes. Und warum sollte ihm das, was zwischen ihnen war, heilig sein? Genauso wie sie alles für Stephan tun würde, würde Kane alles tun, um seinem Großvater zu helfen.
„Sie mögen ihm keinen körperlichen Schaden zugefügt haben, Miss Dalton, aber entspricht es nicht den Tatsachen, dass Sie sich in Ihrer Eigenschaft als Expertin für antiken Schmuck Lewis Cromptons Vertrauen erschlichen? Und dass Sie dies taten, um Informationen zu sammeln, die sich dazu benutzen ließen, Mr. Crompton zu diffamieren?"
„Ja", sagte Regina mit zusammengebissenen Zähnen.
„Sie unternahmen dies auf Gervis Berrys Geheiß hin. Ist das richtig?"
„Ja, das hat er von mir verlangt."
„Und? Hat es
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