Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
Dann fasste er sie bei der Hand und führte sie ins Haus.
Man sah sofort, dass es sich um ein altes historisches Gebäude handelte. Die schweren Seidenvorhänge im Wohnzimmer waren verblichen, jedoch erstaunlich gut erhalten. Der Fußboden bestand aus unregelmäßig breiten Holzbohlen, und in den meisten Räumen wiesen die Wände noch den ursprünglichen Gipsverputz auf. Selbst die Einrichtung bestand noch weitgehend aus den originalen, wenn auch recht wackligen Möbelstücken.
Der alte Pumpenschwengel in der Zisterne hinter dem Haus funktionierte noch, und auch der überdachte Verbindungsgang zwischen dem Esszimmer und der alten Außenküche war gut erhalten. Ein Pfad führte zum See herunter, wo ein von wildem Wein und Glyzinen umrankter Pavillon stand.
Sie waren gerade vor dem Pavillon stehen geblieben, als Kane die ersten Regentropfen spürte. Schnell zog er Regina mit sich in das Teehäuschen hinein. Sie folgte ihm zwar ohne Widerspruch, blieb jedoch bei der Tür stehen.
Es war inzwischen dunkel geworden. Vom Haus klang ein langsamer Blues zu ihnen herüber. In die Musik mischten sich die Geräusche der Sommernacht: das Seufzen des Windes in den Bäumen, das Zirpen der Grillen und das laute Quaken der Frösche. Nur schwach waren durch die dichten Blätter der Kletterpflanzen die Lichter des Hauses zu sehen. Mit leisem Rascheln blies der Wind ein einzelnes Blatt über den Holzboden. Vom See her hörte man das Klatschen der Wellen und den verlorenen Ruf eines Wasservogels.
Einen Moment stand Kane einfach nur da und nahm die Kühle der Nacht in sich auf. Wenn er tief genug einatmete, konnte er das zarte Parfüm riechen, dessen Duft in dem kupferroten Haar der Frau hing, die neben ihm stand. Eigentlich hätte er sich gegen die Verlockung wehren sollen. Aber er versuchte es nicht einmal. Er besaß in diesem Moment nicht die Willenskraft dazu.
„Wollen wir tanzen?" Näher zu ihr hintretend, bot er ihr seinen Arm. Sie blickte ihn einen Moment an. Dann streckte sie ihm die Hand hin.
Kane zog sie an sich. Perfekt, dachte er. Sie passten zusammen, als seien sie füreinander geschaffen. Kane war so überwältigt, dass er sekundenlang das Denken vergaß. Sein Urteilsvermögen war sowieso schon beeinträchtigt. Schwere Regentropfen fielen auf das Dach des Teehäuschens. Die feuchte Luft war warm.
Regina schluckte. „Die Party ist sehr schön", sagte sie steif.
„Ja." Seine Stimme klang weich. Ihre offensichtliche Nervosität rührte und belustigte ihn. Er atmete tief ein. Dabei versuchte er, Ordnung in sein Denken zu bringen. „Ich hatte den Eindruck, dass Sie sich gut mit April verstanden", bemerkte er.
„Ja, man kann sich wunderbar mit ihr unterhalten. Sie ist nett und natürlich. Aber eigentlich waren alle so unglaublich offen und freundlich zu mir, dass ich ... zutiefst beeindruckt bin."
„Hat Ihnen jemand zu viele persönliche Fragen gestellt?" erkundigte er sich scherzhaft.
„Oh, das wollte ich damit nicht sagen. Ich wundere mich nur über die Offenheit der Leute. Haben sie denn keine Angst, man könnte sie ausnutzen?"
„Wer sollte das tun?"
„Ich weiß es nicht. Irgendjemand, wer auch immer."
„Sie halten sie für naiv, haben Sie das gemeint?"
„Ja, so ungefähr", gestand Regina zögernd.
„Da täuschen Sie sich. Die Leute hier wissen sehr wohl, dass es in dieser Welt genug Menschen mit bösen Absichten gibt. Sie gehen jedoch zunächst einmal davon aus, dass jeder ehrlich ist. Sollte aber jemand ihr Vertrauen enttäuschen, dann räumen sie demjenigen kaum eine zweite Chance ein."
„Ist das auch Ihre Philosophie?" fragte Regina, während sie sich im Takt der Musik wiegten.
„Ja ... bis zu einem gewissen Punkt jedenfalls."
„Bis zu einem gewissen Punkt? Soll das heißen, Sie sind nur halb so vertrauensselig wie die meisten? Oder weniger bereit zu verzeihen?"
Kane dachte einen Moment über ihre Frage nach. Es war möglich, dass sie Recht hatte. Aber als Anwalt ging er automatisch in die Offensive. „Ich dachte, das sei Ihre Rolle?"
„Wieso?" Ihr Gesichtsausdruck war kaum zu erkennen in der Dunkelheit. „Wie meinen Sie das?"
„Dass Sie mir noch immer die Sache mit dem Sarg nachtragen."
„Aber nicht im Geringsten."
„Nein?" fragte er. Seine Stimme klang rauh. Er zog sie enger an sich. „Dann haben Sie mir auch dies nicht verübelt?"
Ein Zittern lief durch ihren Körper, als er seinen Mund auf ihre Lippen legte. Er vermochte nicht zu sagen, ob es auf Wonne oder Abwehr
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