Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
beendete Roan grimmig ihren Satz.
„Das ist richtig", sagte Melanka und hob das Kinn. „Und darf ich fragen, mit wem ich die Ehre habe?"
Betsys lautes Auflachen war ein deutliches Zeichen ihres Unbehagens. „Oh, Harrell, das ist unser Gastgeber Sheriff Roan Benedict."
Zur Begrüßung die Hand auszustrecken war für Roan eine ganz natürliche Reaktion. Aber es war auch ein Test. Ein wirklich selbstsicherer Mann hatte einen festen kurzen Händedruck. Er hatte keine Veranlassung, seine Stärke unter Beweis zu stellen, indem er aus einer schlichten Begrüßung einen Ringkampf machte. Roan war bereit zu wetten, dass Melanka nicht so ein Mann war, und er behielt Recht. Melankas Händedruck war zu dreist und zu fest. Er versuchte etwas zu beweisen, aber Roan war nicht beeindruckt.
Als er wieder zurücktrat, fragte er: „Sie kennen meine Gefangene?"
„Gefangene?" Der andere Mann zog die Augenbrauen über der operativ begradigten Nase zusammen.
„Die Lady, die Sie eben ... Tory genannt haben." Es war erstaunlich, wie schwer es Roan fiel, den Namen auszusprechen.
„Falls sie wirklich Ihre Gefangene ist, muss ein Missverständnis vorliegen", gab Melanka mit harter Stimme zurück, während er aggressiv einen Schritt nach vorn machte. „Sie ist Victoria Molina-Vandergraff, Stieftochter des Großindustriellen Paul Vandergraff, und die Prinzessin Trantalara. Außerdem ist sie meine Verlobte."
Roan fühlte sich, als ob er eine harte Rechte in den Magen bekommen hätte. Eine lange Sekunde blieb ihm vor Schmerz die Luft weg. Er hatte gewusst, dass die Frau, die er Donna nannte, irgendwo anders ein anderes Leben hatte, aber diese Art Hintergrund hätte er sich nie träumen lassen. Es war glasklar, dass nichts und niemand sie jetzt noch in Turn-Coupe halten konnte, und er schon gar nicht.
„Exverlobte."
Diese kalte Richtigstellung kam von Donna. Sie führte nicht unbedingt dazu, dass Roan das Herz blutete, obwohl er nicht die Absicht hatte, sich zu fragen, warum. Es war genug, dass er wieder Luft holen konnte.
Dann drehte sie den Kopf in seine Richtung. Er begegnete ihren braunen Augen, die so defensiv und doch hellwach blickten, und erkannte plötzlich, dass sein Verdacht richtig gewesen war, dass sie jede Sekunde genau gewusst hatte, wer sie war und was sie tat.
„Victoria." Er stellte zu seiner Überraschung fest, dass er den Namen unabsichtlich laut ausgesprochen hatte.
„Tory", sagte sie. „Meine Bekannten nennen mich Tory."
„Du lieber Gott, Tory", sagte Melanka. „Erzähl mir jetzt bitte nicht, dass du dich hier draußen unter einem anderen Namen versteckt hast. Ich weiß nicht, was für eine Art Spiel du mit diesen braven Leuten spielst, aber es ist aus. Lass uns nach Hause fahren."
Sie schenkte ihm nur einen Bruchteil ihrer Aufmerksamkeit. „Ich gehe nirgendwohin. Und schon gar nicht mit dir."
„Ich weiß, dass du ein bisschen über mich aufgebracht warst, Darling, aber ich verspreche dir, dass das alles vergessen ist."
„Für mich nicht."
Roan fand, dass es an der Zeit war, den Neuankömmling mit der Wirklichkeit vertraut zu machen. „Entschuldigen Sie", sagte er mit ausdrucksloser Höflichkeit. „Aber die Lady befindet sich immer noch in meinem Gewahrsam. Ich sage, wohin sie geht und wann."
„Stimmt das?" fragte Melanka nach einem kurzen Auflachen. „Wenn ich Paul Vandergraff erzähle, dass seine Tochter in irgendeinem Krähwinkelkaff festgehalten wird, statt wie angenommen an der Riviera in der Sonne zu faulenzen, wird er Ihnen so viele Anwälte auf den Hals hetzen, dass Ihnen Hören und Sehen vergeht."
„Das ist sein gutes Recht, aber ich sollte Sie warnen, dass es nur die Gewähr dafür böte, die Anklageerhebung zu beschleunigen."
„Es gibt noch keine Anklage?" fragte Melanka und griff damit ausgerechnet den einen Punkt auf, den Roan bisher versäumt hatte. „Was ziehen Sie hier eigentlich ab? Wenn ich mich recht erinnere, hat Mrs. North irgendeine Geschichte von Ihnen und irgendeiner Frau erzählt, auf die Sie geschossen haben, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass es sich bei dieser Frau um Tory handelt. Wenn das stimmt, dann werde ich Tory nicht nur sofort mitnehmen, sondern überdies auch dafür sorgen, dass Sie mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt werden."
Roan lachte auf. „Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Aber beantworten Sie mir vorher noch eine Frage, damit ich Sie auch wirklich richtig verstehe: Sie sind so besorgt um das Wohlergehen
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