Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
Mülltüten verstaut waren, dachte noch niemand an Aufbruch. Irgendwer ging nach draußen zu seinem Auto und kam mit einer Geige zurück, jemand anders holte ein Akkordeon. Aus dem Salon hatte man die Stühle und den Teppich rausgeschafft, so dass getanzt werden konnte. Tory hielt sich so lange wie möglich in der Küche auf, wo sie das Essen wegräumte. Als absolut nichts mehr zu tun war, zog sie sich in den ersten Stock zurück, wo sie sich auf der untersten Stufe der Treppe, die zum Speicher führte, niederließ.
Leute kamen und gingen. Ein paar Treppenstufen über ihr hielten Teenager Händchen und flüsterten miteinander, während in den Sesseln an der Wand der Halle ältere Frauen saßen, die sich Luft zufächelten. Tory fühlte sich beobachtet und war sich sicher, dass man über sie sprach. Sie hatte hier keinen Platz und würde auch nie einen haben.
Sie war erleichtert, als Clay wieder zu ihr kam.
„Lust zu tanzen?" fragte er und streckte ihr seine Hand entgegen.
Sie schaute in seine lachenden blauen Augen und war mächtig versucht, und wenn auch nur aus dem Wunsch nach Zugehörigkeit heraus. Aber dann schüttelte sie doch den Kopf. „Ich glaube nicht."
„Ach, kommen Sie. Das Überwachungsgerät sieht man unter dem langen Rock doch nicht, falls es das ist, worüber Sie sich Sorgen machen."
Das war natürlich Sinn und Zweck des langen Wickelrocks, den Pop Benedict ihr aus dem örtlichen Discountladen mitgebracht hatte. Sie konnte sich nicht erinnern, je in ihrem Leben etwas dermaßen Unspektakuläres getragen zu haben oder etwas, in dem sie sich wohler gefühlt hätte. Trotzdem schüttelte sie den Kopf. „Es wäre unpassend."
„Wen interessiert das? Spaß gehört allen." Wieder streckte er ihr die Hand hin, um sie hochzuziehen. „Wir bleiben hier in der Halle, wenn Ihnen das lieber ist."
Wie hätte sie sich verweigern können? Auf jeden Fall wollte sie es nicht, nicht wirklich. Außer dass sie sich danach sehnte, sich zugehörig zu fühlen, wenigstens für ein paar Minuten. Es war lächerlich, aber sie konnte nichts dagegen machen. Sie griff nach Clays Hand und ließ sich hochziehen.
Er tanzte gut, doch sie hatte auch nichts anderes erwartet. Jedem, der ein Instrument spielen und singen konnte wie er, lag die Musik im Blut. Tory gratulierte ihm zu seinem Auftritt und sah zu ihrem großen Erstaunen, dass er rot wurde. Dass er in solchen Dingen nicht blasiert war, machte zum Teil seinen Charme aus, und sie mochte ihn dafür noch lieber.
Sie bewegten sich erst kurz zu den Klängen eines Walzers im Texasstil, als jemand Clay auf die Schulter tippte. Tory hob den Kopf und schaute in Lukes erwartungsvolles Gesicht.
„Also wirklich", sagte Clay und blieb stehen. „Geh und tanz mit deiner Frau, um Himmels willen!"
„Das habe ich bereits", sagte Luke, während er zwischen Clay und Tory trat und ihr einen Arm um die Taille legte. „Und jetzt tanzt sie mit Pop, dem Mann der Stunde."
„Schön", sagte Clay warnend. „Dann stelle ich mich eben an."
Luke lachte nur und wirbelte Tory herum. Doch dann schaute er sie an und sagte: „Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen. Aber ich konnte es unmöglich zulassen, dass Clay die Frau der Stunde als Einziger mit Beschlag belegt."
„Das wohl kaum", erwiderte Tory trocken, während sie zu Aprils Ehemann aufschaute. „Ich fühle mich eher wie das Gespenst beim Festbankett."
„Aber was für ein atemberaubendes ... nur, dass Sie mich richtig verstehen, ich spreche ganz objektiv als ein sehr verheirateter Außenstehender."
„Alles klar", sagte sie, belustigt über seine Besorgnis, dass sie sein Kompliment falsch auffassen könnte.
„Nicht dass April je eifersüchtig wäre, sie weiß schließlich, dass sie keinen Grund dazu hat, aber bei Roan liegt der Fall etwas anders."
Jetzt hatte er ihre volle Aufmerksamkeit. „Hat er Sie geschickt, damit Sie mich von Clay loseisen?"
„Nicht direkt. Es war meine Idee, weil ich nicht scharf darauf bin mit anzuschauen, wie sich zwei meiner Lieblingscousins die Ärmel hochkrempeln und aufeinander losgehen."
Tory fand es langsam etwas ermüdend, dass sich alle mit ihrer Beziehung zu Roan zu beschäftigen schienen. „Falls Roan tatsächlich beunruhigt ist, dann höchstens deshalb, weil er Angst hat, ich könnte Clay beschwatzen, dass er mir hilft zu fliehen."
„Und würden Sie das denn?"
„Was spräche dagegen?" fragte sie, wobei sie sich weit genug zurücklehnte, um ihm in seine dunklen Augen blicken zu
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