Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
fast unwiderstehliche Drang, sein Berufsethos einfach über Bord zu werfen.
„Das würde mir nicht im Traum einfallen", gab sie zurück. „Genauso wenig wie es mir einfallen würde, dich, nur weil wir uns so verrückt und leidenschaftlich geliebt haben, zu beeinflussen. Selbst wenn ich es wollte und selbst wenn es möglich wäre ... falls es das ist, worauf du hinauswillst."
„Nein, aber das reicht nicht, um die Möglichkeit auszuschalten. Ich muss allem aus dem Weg gehen, was auch nur den Anschein von Beeinflussung aufkommen lässt. In jeder Hinsicht."
„Dann ist es also deine Pflicht, mir aus dem Weg zu gehen."
„Richtig", sagte er und spürte, wie ein kleines Lächeln an seinen Mundwinkeln zerrte, als er von einer Welle der Erleichterung überschwemmt wurde.
„Daran ist zweierlei falsch", sagte Tory mit ernstem Gesicht, während sie sich aufsetzte und die Beine über die Bettkante schwang.
Er wurde sofort hellhörig, aber er konnte sich genauso wenig davon abhalten zu fragen, wie er sich davon abhalten konnte zu atmen. „Und das wäre?"
„Erstens lebe ich jetzt schon seit gut drei Wochen unter deinem Dach, und dank Cals Geschwätzigkeit vermutet inzwischen jeder, dass du nur einen einzigen Grund hattest, mich hierher zu bringen. Und zweitens ...
„Zweitens?"
Sie glitt von der Matratze und tappte in unheilverkündendem Schweigen auf geschmeidigen nackten Füßen zu ihm herüber. Ihr Blick war offen und unschuldig - zu unschuldig -, als sie antwortete: „... sieht uns keiner."
Hewlett-Packard
16. KAPITEL
Sie stellt dich auf die Probe, dachte Roan. Und sie quälte ihn. Wusste sie eigentlich, wie sehnsüchtig er sich wünschte, seine verdammte Benedict-Moral in den Wind zu schießen? Hatte sie auch nur die geringste Ahnung, wie verführerisch sie aussah mit ihrem zerknautschten Rock, dem verschmierten Augen- Make-up und dem zerzausten Haar? Ahnte sie, dass ihm nichts in seinem Leben je so schwer gefallen war, wie hier zu stehen und sie anzuschauen, wo er sich doch nichts sehnlicher wünschte, als sie hochzuheben, aufs Bett zu legen und dann neben ihr unter die Decke zu kriechen und sie die ganze Nacht zu halten.
Er hoffte nicht, sonst war er erledigt.
„Das Richtige zu tun hängt nicht davon ab, ob irgendwer es sehen kann oder nicht", sagte er mit rauer Stimme. „Es ist eine Frage der persönlichen Integrität. Und es hat auch nichts damit zu tun, was ich will, oder was du vielleicht brauchst. Es geht allein darum, was das Beste für alle ist, einschließlich der Leute, die mich in mein Amt gewählt haben und mich seit Jahren immer wieder wählen."
„Und wenn das, was ich brauche, du bist, und das, was du brauchst, ich bin, dann bist du bereit, mich ebenso wie dich selbst zu opfern?"
Sie legte ihm ihre Hand auf die Brust und ließ ihre Finger über den Stoff seines Oxfordhemds wandern. Obwohl die Berührung federleicht war, fühlte sich jede einzelne Fingerspitze glühend heiß an.
„Nur so funktioniert es."
„Wie lange?" Sie hob die Hand, um über die leichten Bartstoppeln auf seiner Wange zu fahren.
„So lange es dauert", gab er zurück oder glaubte es jedenfalls. Sein Kopf war plötzlich so leer und gleichzeitig so voll, voll von ihr und ihrer Wärme und ihrem Duft, von dem Gefühl ihres Atems an seinem Hals und ihrer Beine an seinen, so voll, dass es fast zu viel für ihn war.
„Du willst mich also nicht küssen oder berühren und willst mich auch nicht in irgendein stilles Eckchen in deinem Haus oder an deinem See verschleppen, wo wir beide ungestört übereinander herfallen könnten?"
„Nie im Leben. Wenn ich es täte", sagte er bedächtig, „könnte ich vielleicht nicht mehr aufhören, bis wir beide so satt sind, dass wir uns nicht mehr rühren können."
Sie begegnete seinem Blick, obwohl ihrer nicht ganz scharf war. „Das hört sich gut an."
Das ist ein Spiel, dachte er. Ein Spiel, das man nur zu zweit spielen konnte. Er senkte seine Stimme, bis sie nicht ganz, aber fast ein Flüstern war: „Ganz meiner Meinung. Wenn ich könnte, würde ich dich am helllichten Tag oben auf dem Speicher lieben, wo es trocken und staubig ist und so heiß und mucksmäuschenstill, dass du hören kannst, wie die Dachziegel in der Sonne knacken. Oder ich würde dich um Mitternacht am See nehmen, wo die Ochsenfrösche quaken und die Seetaucher kreischen und der Mond über uns ruhig seine Bahn zieht. Ich würde mit dir im Boot auf den See hinausfahren und auf den Wellen schaukeln, bis wir
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