Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
zweifellos richtig, aber es war nicht das, was sie sich zu hören erhofft hatte. Was hatte sie von ihm gewollt? Dass er ihr anbot, ihr bei der erforderlichen Klärung der finanziellen und rechtlichen Probleme zu helfen, dass er sie an der Hand nahm und sie durch diesen Dschungel führte? Und was dann? Er hatte kein Interesse an dem protzigen Leben, das ihr Stiefvater geführt hatte.
Roan gehörte nach Turn-Coupe, wo das Leben friedlich und gut war und wo sich das Böse, sofern es überhaupt existierte, klar vom Guten unterschied. Er hatte dort einen Job, er musste Hilfssheriffs anleiten und ausbilden, und er hatte Menschen, die sich auf ihn verließen. Das kam zuerst. Natürlich kam es zuerst.
Tory wandte den Kopf und schaute ihm in das vom Mondlicht erhellte Gesicht. Seine Züge waren entschlossen und selbstsicher, seine Schultern gestrafft. Er war selbstbewusster als jeder andere Mann, den sie je gekannt hatte, er wusste ganz genau, wer und was er war, und suchte nach keinen Ausflüchten oder Entschuldigungen, um ab und zu vom rechten Weg abweichen zu können. Er war das, was man früher als einen guten Menschen bezeichnet hatte, aufrecht, ehrlich, mit einem tief verwurzelten Sinn für die Werte, die man ihm von klein auf beigebracht hatte, er liebte seine Familie und das Land, in dem er lebte.
Er war alles, was sie liebte, und er würde es immer sein, auch wenn er es nie aus ihrem Mund erfahren würde. Sie hatte es schon vorher gewusst, in jenem Moment, in dem sie geglaubt hatte, sterben zu müssen. Obwohl ihre Liebe jetzt, wo feststand, dass sie leben würde, sogar noch stärker war.
„Bleib heute Nacht bei mir", bat sie spontan.
„Wenn du möchtest." Die Worte kamen ruhig, ohne einen Anflug von Doppelbödigkeit, sie waren nicht mehr als die höfliche Gewährung einer Bitte, die eine Dame an ihn gerichtet hatte.
„Ich meine..."
„Du möchtest gern noch jemand anders in deiner Nähe wissen als die Haushälterin", unterbrach er sie. „Keine Sorge, ich verstehe dich schon nicht falsch. Ich werde die Situation nicht ausnutzen."
Es war überhaupt nicht das, was sie brauchte. Doch das zu sagen, war unmöglich; seine distanzierte Art ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er nicht die Absicht hatte, irgendeine Situation auszunutzen, selbst wenn sich ihm eine Gelegenheit dazu böte.
„Und was ist morgen?" fragte sie. „Muss ich mit dir nach Louisiana fahren, weil dort vielleicht noch irgendetwas geklärt werden muss?"
„Es gibt keine Veranlassung, dir noch weitere Ungelegenheiten zu bereiten. Ich kümmere mich darum."
„Danke", sagte sie tonlos. So viel zu dieser Ausrede.
Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass sie gleich weinen würde. Sie wollte nicht, dass er es sah; das Letzte, was sie von ihm brauchte, war sein Mitleid. Deshalb stieg sie eilig aus. Er folgte ihr und ging um das Auto herum, um die Tür abzuschließen und ihren Arm zu nehmen. Die Haushälterin schien bereits gesehen zu haben, wie sie die Einfahrt heraufkamen, denn sie öffnete ihnen die Tür und hielt sie auf, während sie das Foyer betraten.
„Danke, Maria, das ist alles für heute. Oder nein, warten Sie noch", sagte sie, während sie sich zu Roan umdrehte. „Möchtest du irgendetwas essen oder vielleicht einen Drink? Es war ein langer Abend."
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe alles, was ich brauche. Wenn du mir nur noch das Gästezimmer zeigen würdest."
Das beantwortete alle Fragen. „Ja. Gut. Maria wird dir den Weg zeigen. Dann also ... gute Nacht."
„Gute Nacht", gab er mit tiefer Stimme zurück.
Sie wandte sich von ihm ab und ging blind auf ihr Schlafzimmer zu. Nachdem sie drei oder vier Schritte gemacht hatte, rief er hinter ihr her: „Tory?"
Sie drehte sich zu ihm um, aber sie sah ihn nicht ganz scharf. Ja?"
Er schwieg, während lange Sekunden verstrichen und Maria darauf wartete, ihn in den entgegengesetzten Flügel des Hauses zu begleiten. Schließlich sagte er nur: „Nichts."
Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Schlaf morgen, so lange du möchtest. Maria wird das Frühstück bereithalten, wann immer du aufstehst."
„Danke", erwiderte er höflich und sonst nichts.
Sie sagte nichts mehr darauf und ging hoch erhobenen Hauptes weiter.
Es dauerte lange, bis sie einschlief. Es gelang ihr nur, weil sie schließlich eine Entscheidung traf. Sie würde es einem sturen Provinzsheriff nicht erlauben, ihr zu diktieren, was sie zu tun und zu lassen hatte. Gleich morgen früh würde sie mit Roan Benedict zu
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