Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
gelangte zu der interessanten Schlussfolgerung, dass Roan ein ernster Mensch war oder zumindest nicht allzu oft lächelte.
Vielleicht war das ja ein Nebeneffekt seines Berufs, der ihn ständig mit den weniger erfreulichen Seiten der menschlichen Natur konfrontierte. Andererseits konnte es auch sein, dass er unglücklich war oder sich in irgendeiner Hinsicht, die wichtig für ihn war, unausgefüllt fühlte. Wenn es so wäre, könnte sie es nur allzu gut verstehen.
Nach dem Essen bot sie an, beim Aufräumen zu helfen, was jedoch entschieden abgelehnt wurde. Das hatte zur Folge, dass sie sich nutzlos und im Weg fühlte, vor allem, weil Roan und sein Sohn so gut aufeinander eingespielt herumwirbelten, als ob sie schon unzählige Male zusammen die Küche aufgeräumt hätten. Sie brauchten ihre Hilfe nicht, sie brauchten sie nicht, das ließ sich nicht übersehen.
Trotzdem blieb sie in der Nähe der Küchentür stehen, unsicher, ob sie bleiben oder gehen und sich, obwohl es immer noch hell draußen war, wieder in ihr Zimmer zurückziehen sollte. Noch während sie so dastand, hievte Beau sich gemächlich von seinem Platz am Fenster hoch, kam zu ihr herübergetrottet und schob seinen dicken weichen Kopf unter ihre Hand. Sie folgte seiner Aufforderung und kraulte ihn hinter den Ohren, während sie darüber nachdachte, dass Roan sie in Haushaltsdingen wahrscheinlich für total unfähig hielt. Was ungerecht war, denn immerhin konnte sie gut kochen. Vielleicht musste sie ihm das einfach irgendwann einmal demonstrieren. Falls sie noch lange genug hier war.
Der Bluthund, der sie aus seelenvollen Augen mit Leichenbittermiene beobachtete, schnüffelte jetzt an ihrem Handgelenk, dann leckte er ihr hingebungsvoll die Hand ab. Sie wischte sie an ihren Shorts trocken, lächelte den Hund aber trotzdem an. Es war schön, dass wenigstens einer auf Dog Trot sie schätzte und bereit war, ihr ein bisschen Freundschaft anzubieten.
„Komm, Beau", sagte sie. „Machen wir einen Spaziergang."
„Aber nicht zu weit weg", ermahnte Roan sie, der gerade dabei war, die Bratpfanne abzutrocknen.
Sie hatte nicht bemerkt, dass er sie beobachtete. Seine Worte waren eine Erinnerung oder vielleicht auch eine Warnung, als ob er spürte, dass sie irgendetwas plante. Während sie die Tür öffnete, warf sie ihm einen kühlen Blick zu, ohne sich die Mühe zu machen zu antworten.
Roan stand auf der hinteren Terrasse und ließ auf der Suche nach Donna seine Blicke über den Garten und das bewaldete Gebiet zwischen dem Haus und dem See schweifen. Sie war nicht weit weg, auch wenn es schon eine geraume Weile her war, seit sie die Küche verlassen hatte. Das wusste er natürlich, weil sonst die Kontrollbox schon längst Alarm geschlagen hätte. Dessen ungeachtet, atmete er erleichtert auf, als er zwischen den Bäumen einen Blick auf sie und Beau erhaschte.
Sie lehnte mit halb in die Taschen ihrer abgeschnittenen Jeans geschobenen Händen am Stamm einer alten Eiche. Irgendetwas an der Haltung ihrer Schultern und ihres Kopfes ließ sie nachdenklich, unnahbar und, ja, auch einsam erscheinen. Gleich darauf rief sie Beau, löste sich von dem Baumstamm und ging auf das Haus zu.
So würde es ihm also zumindest erspart bleiben, sie unter Gewaltanwendung ins Haus zurückzuschleppen. Gott sei Dank.
Sie war nicht glücklich mit dem Überwachungsinstrument, und er konnte es ihr nicht verdenken. Gleichzeitig sagte sie jedoch erstaunlich wenig dazu. Das verunsicherte ihn, es war, als ob man einen Silvesterkracher mit abgebrannter Lunte in der Hand hielt. Er wusste nicht, ob das Ding losgehen oder sich als ein Blindgänger herausstellen würde.
Ungefähr eine Stunde nachdem er nach Hause gekommen war hatte es aufgehört zu regnen. Die Gewitterwolken waren nach Nordosten abgezogen und hatten ein paar rosa- und purpurfarbene Streifen zurückgelassen, die das letzte Licht des Tages einfingen. Die Insekten stimmten gerade ihr Nachtkonzert an. Er atmete die vom Regen reingewaschene Luft tief ein und rollte die Schultern, um die Anspannung aus seiner Nackengegend zu vertreiben.
Was zum Teufel sollte er bloß mit seiner Gefangenen machen?
Sie störte seinen geregelten Tagesablauf, sie stahl sich in seine Träume und verkomplizierte sein Leben. Er hatte heute mehr als ein Dutzend mal per Funk mit Cal Kontakt aufgenommen. Und zusätzlich auch noch mit Jake gesprochen. Außerdem hatte er den lieben langen Tag Fragen, die sie betrafen, beantworten -müssen. Ein paar Anrufer
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