Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
den ich mache, von irgendwelchen fremden Leuten überwacht wird. Es ist doch bestimmt nicht so, dass ich das Ding nicht ab und zu auch mal abmachen kann, zum Beispiel, wenn ich unter der Dusche bin oder so?"
„Auf keinen Fall", versicherte ihr Jake. „Dafür brauchen Sie das richtige Werkzeug, sonst weiß man sofort, dass Sie dran rummanipuliert haben. Davon abgesehen macht Wasser dem Ding nichts aus."
Das sagen sie mir jetzt, dachte Tory verärgert, nach den unbequemen Bädern, die sie in letzter Zeit mit einem Bein auf dem Wannenrand genommen hatte. Sie runzelte die Stirn. Das Werkzeug, von dem Jake sprach, war unzweifelhaft die kleine Spezialzange, mit der Roan die Manschette befestigt hatte. Schließlich sagte sie: „Und dieses Werkzeug hat dein Dad immer bei sich, nehme ich an."
„Nicht direkt."
Dann war die Zange also im Haus oder zumindest eine Ersatzzange. Jake wusste so viel über das Überwachungsgerät, dass sie nicht daran zweifelte, dass er auch wusste, wo Roan das Werkzeug aufbewahrte.
Sie versuchte es mit ihrem bestrickendsten Lächeln. „Kannst du mir nicht einen kleinen Tipp geben, Jake? Nur einen klitzekleinen, bitte. Suchen tue ich dann selbst. Du kannst doch einfach woanders hinschauen. Niemand wird je ein Sterbenswörtchen davon erfahren. Außerdem schwöre ich dir, dass ich die Manschette nur ab und zu für ein paar Minuten abnehme."
„Dad würde einen Anfall kriegen!"
Daran zweifelte sie keine Sekunde. „Er wird es nicht erfahren, Ehrenwort. Es würde unser Geheimnis bleiben."
Roans Sohn schaute weg und kaute nachdenklich auf seiner
Unterlippe. Dann straffte er die Schultern, schaute ihr fest in die Augen und sagte in missbilligendem Ton: „Ich habe vor meinem Dad keine Geheimnisse. So läuft das bei uns nicht."
Das war es dann. Nachdem sie ihn gezwungen hatte, sich zu entscheiden, hatte sich der Junge auf die Seite seines Vaters gestellt. Das hätte sie sich vorher denken können. Er hatte eine gute Erziehung genossen. Treue, Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit bis in alle Ewigkeit, Amen. Es war zweifellos das Motto, nach dem die Benedicts lebten.
„Na, macht ja nichts", sagte sie mit einem gespielt beiläufigen Schulterzucken. „Es ist nicht wirklich wichtig. Vergiss es." Sie schwieg einen Moment. „So. Und was machen wir mit diesem grauen Nachmittag?"
„Nichts. Das heißt, ich kann nicht im Moment", murmelte Jake, der knallrot geworden war und jetzt verlegen wegschaute. „Ich muss mich um einen Hund kümmern, der seit zwei Tagen krank ist."
Tory war sich sicher, dass es eine Ausrede war. Er versuchte ihr aus dem Weg zu gehen, wahrscheinlich weil er sie irgendwie nicht mehr so mochte wie früher. Obwohl ihr klar war, dass das irgendwann sowieso passiert wäre, verspürte sie Bedauern. Es war schön gewesen, Jakes unkomplizierte Billigung zu finden. Sie würde es vermissen.
Kurz nachdem Jake aus dem Haus gegangen war, begann es zu regnen. Tory ging von Fenster zu Fenster und schaute auf die sich im Wind biegenden Bäume und das Wasser, das von den Dachvorsprüngen herunterklatschte, bis sie merkte, dass Allen sie von seinem Streifenwagen aus beobachtete. Sie winkte ihm zu, als er grüßend eine Hand hob, dann zog sie sich wieder nach oben zurück. Ihr Schlafzimmer hatte nichts Interessantes zu bieten, und sie hatte auch keine Lust zu lesen oder fernzusehen. Weil ihr nichts Besseres einfiel, ging sie die Treppe zum Speicher hinauf und streifte zwischen den alten Sachen umher.
Der Regen trommelte aufs Dach. In der schwülfeuchten Luft entwickelten sich Gerüche nach Staub und Verfall, nach Mottenkugeln und uraltem Schweiß. Es war nicht schwer, sich auszumalen, dass sich die Geister der Benedict-Vorfahren in den Ecken herumdrückten und miteinander flüsterten, als versuchten sie zü entscheiden, wer sie war und mit welchem Recht sie in ihrem ehemaligen Eigentum herumschnüffelte.
Sie schaute in Kisten mit altem Christbaumschmuck und neuen Dekorationen für kommende Weihnachtsfeste, die sie nicht miterleben würde. Sie schmunzelte über uralte Babykleidung und Kinderspielzeug, das mindestens drei Generationen alt war, und kramte in alten Schallplatten und Tonbändern. Dabei wirbelte sie so viel Staub auf, dass sie mehrmals hintereinander niesen musste. Schließlich wandte sie sich zum Gehen, vor allem, weil sie wieder das unangenehme Gefühl hatte, dass sie in Dingen herumstöberte, die ihr nicht gehörten.
In der Nähe der Treppe stand eine Ansammlung von Kisten, die
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