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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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einer Weise bezahlt gemacht, die die Politiker verstehen können. Sie haben dir einen Monat Zeit gegeben zum Herumspielen – schließlich bist du ein Held, und die Publicity ist auch nicht schlecht –, aber wie lange sollen sie denn deinetwegen noch warten? Nein, sie wollen, daß etwas passiert, und ich fürchte, sie wollen, daß es jetzt passiert.“
    Reynolds war bereit zu gehen. Mehr würde er hier kaum erfahren können. Außerdem wußte er schon, was er würde tun müssen. Er würde Kelly suchen und ihr sagen, sie müsse die Männer von der Erde von den Aliens fernhalten. Falls sie nicht zustimmte, würde er hinaufgehen und die Aliens informieren, und sie würden zur Sonne abreisen. Aber wenn Kelly ihn nun nicht gehen lassen wollte? Damit mußte er rechnen. Aber nein – er würde einfach folgendes sagen:
    Wenn Sie mich nicht zu ihnen lassen, wenn Sie versuchen, mich von ihnen fernzuhalten, dann werden sie wissen, daß etwas nicht stimmt, und abreisen, ohne sich noch einmal umzusehen. Vielleicht könnte er ihr sogar weismachen, die Aliens seien Telepathen. Er bezweifelte, daß sie es besser wußte.
    Er hatte sich alles genau zurechtgelegt. Es konnte gar nicht schiefgehen.
    Er hatte die Hand bereits auf der Türklinke, als Sims ihn zurückrief.
    „Da ist noch etwas, was ich dir besser sagen sollte, Bradley.“
    „Was?“
    „Vonda. Sie ist auf deiner Seite. Sie hat ihnen gesagt, sie sollten wegbleiben, aber es hat nichts genützt. Man hat sie beurlaubt. Der Nachfolger kommt zusammen mit der Gruppe.“
     

 
6
     
    Reynolds saß in seinem Druckanzug im Cockpit der Fähre und beobachtete den Piloten neben ihm, wie er das Ritual der letzten Inspektion vor dem Start vollzog. Die tote, trostlose Oberfläche des Mondes erstreckte sich ein Stück weit vor der Raumfähre; der Horizont lag so nahe, daß man glaubte, ihn berühren zu können. Reynolds mochte den Mond. Wenn er ihn nicht gemocht hätte, hätte er kaum beschlossen, für immer hierher zurückzukehren. Es war die Erde, die er haßte. Noch besser als der Mond war der Weltraum selbst, jene dunkle, endlose Weite, die die häßlichen, tastenden Hände des Menschen nicht mehr erreichen konnten. Dorthin war Reynolds jetzt unterwegs. Hinauf. Hinaus. In die Leere. Er konnte es nicht abwarten abzureisen.
    Die Stimme des Piloten drang durch sein Helmradio leise an sein Ohr, ein sanftes Gemurmel, nicht laut genug, daß er verstanden hätte, was der Mann sagte. Der Pilot sprach mit sich selbst, während er arbeitete, und das Summen seiner Stimme diente ihm als Wegweiser für seine Gedanken, damit seine Konzentration nicht nachließ. Er war ein junger Mann, Mitte zwanzig, wahrscheinlich eine Leihgabe der Air Force – ein Leutnant oder allenfalls ein Captain. Er war kaum alt genug, um sich an die Zeit zu erinnern, da der Weltraum wirklich noch eine Grenze war. Die Menschheit hatte beschlossen, sich hinauszuwagen, und Reynolds war einer der Auserwählten gewesen, die die Riesenschritte vollziehen sollten, aber viel Zeit war vergangen: Was vor zwanzig Jahren riesige Schritte gewesen waren, das waren jetzt nur noch Abdrücke im Staub der Jahrhunderte, und der Mensch kehrte zurück. Von seinem Sitz aus konnte Reynolds draußen exakt fünfzig Prozent des amerikanischen Raumfahrtprogrammes sehen: die hochgewölbte Blase der Mondbasis. Die andere Hälfte war das Space Lab im Orbit der Erde selbst, ein verwittertes Relikt aus den expansiven siebziger Jahren. Ein Stück hinter dem nahe gelegenen Horizont – vielleicht hundert Meilen entfernt – hatte es einmal eine zweite Blase gegeben, aber die war jetzt verschwunden. Die tapferen Männer, die dort gelebt und gearbeitet hatten, gestorben oder davongekommen waren – auch sie waren alle fort. Wohin? Die Russen betrieben immer noch eine Raumstation im Orbit, und ein paar der früheren Mondkolonisten waren zweifellos dort, aber wo war der Rest? In Sibirien? Ob sie jetzt dort arbeiteten? Hatten die Russen nicht entschieden, daß Sibirien, das alte gitterlose Gefängnisland der Zaren und der frühen Kommunisten, als Grenzland praktischer sei als der Mond?
    Und hatten sie nicht vielleicht recht? Dieser Gedanke behagte Reynolds nicht, denn er hatte sein Leben dieser Sache gewidmet – dem Mond und der endlosen Leere dahinter. Aber wenn er, wie jetzt, durch das künstliche Fenster seines Anzuges spähte und die kahle Blase der Basis sah, die am Rande dieser toten Welt hing wie eine Warze im Gesicht eines alten Weibes und überaus

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