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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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Luft kauen. Die Sonne ist hier trüb, und ich sehe infrarot; gelegentlich blendet mich ein kurzer, gabelförmiger Blitz. Das Orb sagt, daß die Stürme nicht nachlassen, und ich registriere magnetische Turbulenzen auf vielen Wellenbereichen. Ammoniakschnee sinkt auf mich herab und verdunstet zischend. Wenn ich meine Sensoren nicht hätte, gäbe es kein Oben, kein Unten. Ich bin in der Schwebe. Stürme wehen mich mit stetigen dreihundert Kilometern in der Stunde nach Westen.
    Zuerst fühle ich das Pulsieren auf Kanal 107. Ein dichtes Infraschall-Rollen durchläuft mich. Es steigt an, verharrt, senkt sich wieder, und dann piepst es, verzerrt sich und entgleitet. Ich lasse es noch einmal abspielen und durchlöchere es mit meinen Analysen. Die Fourier-Transformation zeigt eine Glätte, die mein Ohr nicht wahrgenommen hat. Frequenzen verschmelzen miteinander. Harmonien sammeln sich, bilden Kaskaden und verschwimmen zu einer aufsteigenden Rhapsodie. Eine Coda gibt es nicht; das Ganze endet abrupt.
    Ich werfe eine Robotsonde ab. Sie trudelt hinunter in die dichten, brodelnden Winde. Im Fallen treibt sie seitwärts ab, und so ergibt sich eine gute Winkeldistanz zu mir. Mit zwei Mikrophonen messe ich schnell die Phasenverschiebung und finde die Quelle – sie liegt etwa zwanzig Kilometer unter mir. Es ist heiß dort, aber vielleicht kann ich die Zone erreichen.
    Corey drosselt das Schnurren seiner Fusionsmaschine. Er läßt ein wenig heißes Wasserstoffgas aus dem Ballon entweichen und die Gondel beginnt zu sinken. Er lauscht und überlegt. Das Orb verlangt ärgerlich nach Details, und Corey speit geschwind Ströme von Daten zurück.
    Das hohe Rollen kommt wieder. Corey verhält sich ganz still und läßt die Klänge durch sich hindurchrieseln.
    Ein Windstoß drängt Corey seitwärts, und die Gondel zerrt wild an den vibrierenden Kabeln. Ich zünde die Rückwärtsdüsen und gleiche die Turbulenz aus.
    Gewandt tanze ich. Schlank, graziös und jung gleite ich.
    Als die Störung überwunden ist, richtet sich Coreys Aufmerksamkeit wieder auf das rollende Geräusch. Es kommt wieder, stärker jetzt als zuvor. Aber vermischt mit diesem akustischen Vibrieren bemerkt Corey ein neues Phänomen: Das ungeordnete Rumpeln der Magnetströmung rings um die Gondel erscheint plötzlich zusammenhängend. Corey beginnt eine Korrelationsanalyse. Aus den stotternden Geräuschen filtert er eine klare, glatte, harmonische Linie. Sie überschlägt sich, verwirrt sich, verbreitet sich in dunkle Harmonien. Corey findet eine Korrelation mit dem akustischen Signal. Die beiden sind synchron, aber sie sind nicht eins.
    Corey sinkt tiefer in die heißen, dichten Gase hinab und grübelt über das stärker werdende Signal. Es übertönt jetzt die Magnetfelder des Planeten selbst. Ob dies die Alfven-Wellen sind, die über die Magnetfeldlinien schwingen? Aber dafür ist das Signal zu stark. Es ist mehr als eine kleine Störung. Und wenn solche Wellen in der näheren Umgebung hervorgebracht werden, müssen sie diese seltsamen Lieder über den ganzen Jupiter verbreiten.
    Corey spürt die wallende Hitze ringsumher. Das Lied zieht ihn hinunter …
    Bradley sah mit schläfrigen Augen von der Konsole auf. Erschöpfung durchdrang ihn. „Ich habe jetzt keine Zeit, wieder in mein Büro zu gehen, um noch einmal ein kleines Schwätzchen mit Ihnen zu halten“, sagte er verdrossen. Rawlins und die Männer hinter ihm waren sichtlich wütend. „Sagen Sie hier, was Sie zu sagen haben.“
    Rawlins sah sich unter der Besatzung des Flugüberwachungsraumes um. „Es ist eine heikle Angelegenheit.“
    „Da unten tastet sich ein Mann durch die unteren Wolkenschichten“, sagte Bradley. „Er ist mir im Moment wichtiger.“
    „Man hat mich zum Sprecher dieser Delegation gewählt …“
    „Ich dachte, ich hätte Tsubata mit der Anweisung zu Ihnen geschickt, bei den anderen zu bleiben. Es ist wichtig, daß wir jeden von der Ebene A fernhalten, der dort nicht unbedingt etwas zu suchen hat.“
    „Dafür ist gesorgt“, erwiderte Rawlins ungeduldig. Er verschränkte die Arme und starrte Bradley finster an. „Aber wir können uns nicht für alle Zeiten im Innern des Orb verkriechen. Ich bin mit diesen Männern hierhergekommen, um zu verlangen, daß mit der Macht des Gesetzes gegen Mara vorgegangen wird.“
    „Welches Gesetzes?“
    Bradley wußte, daß er jetzt seine Autorität auffahren mußte, aber irgendwie fehlte ihm die Energie dazu. Einen Augenblick lang erwog er, Rawlins

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