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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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nicht? – machen mich nachdenklich. Wahrscheinlich sind es Blasenfische oder so etwas.“
    „Wo ist die Blase? Ich bin nicht einmal sicher, daß sie lebendig sind.“
    „Unter hohen Druckverhältnissen ist die Kugelform eine gute Idee. Größtmögliches Volumen bei geringster Oberfläche. Höchste Widerstandsfähigkeit gegen Druckunterschiede an der Oberfläche.“
    „Vielleicht …“
    „Ich weiß nicht, warum ich nicht schon eher daran gedacht habe. Die Lösung ist offensichtlich. Auf der Erde braucht Mutter Natur nur nicht so weit zu gehen, das ist alles. Auf dem Grunde des Ozeans war es nutzbringender, Flossen und Zähne zu entwickeln, und ohnehin hat das Leben auf der Erde sich niemals von bilateraler Symmetrie, von links und rechts, entfernt.“
    „Okay, vielleicht. Wir werden das mit den Biologen besprechen. Aber … was soll’s?“
    „Stellen Sie sich vor, Sie lebten dort unten. Sie sind völlig rund. Ihre Umgebung besteht aus Wolken und variablen Strömen von Gas und Wasserdunst. Wenn Sie schweben, gibt es eigentlich keinen Begriff von Oben und Unten – oder jedenfalls ist er nicht entscheidend. So, und jetzt sind Sie Euklid. Was für eine Geometrie erfinden Sie?“
    Vance lächelte. „Nun, ich nehme an – Lobatschewski. Riemann. Die Geometrie auf einer gekrümmten Oberfläche.“
    „Wie also würden Sie die Dinge zählen?“
    „Na, in Winkeleinheiten, würde ich sagen.“
    „Was wir Winkeleinheiten nennen – das ist der Punkt. Für sie wären die Winkel ein natürliches Zahlensystem. Naheliegend wäre es, Pi gleich Eins zu setzen.“
    „Sicher, aber …“
    „Versuchen Sie’s nicht erst, denn das habe ich schon. Es funktioniert nicht. Also müssen unsere Freunde schon ein bißchen weiterdenken. Der erste Teil des Puzzels besteht schließlich aus gewöhnlichen rationalen Zahlen. So haben wir es entziffern können. Aber sehen Sie sich das Bild an – diesen Kreisbogen nach links. Könnte das nicht bedeuten, daß der Code vom System der gewöhnlichen linearen Zahlen zu einem anderen topologischen System übergeht?“
    Vance runzelte die Stirn. „Vorstellbar. Aber zu welchem?“
    „Weiß ich nicht. Wir können überall anfangen.“
    „Wir könnten es mit Algorithmen versuchen. Vielleicht gibt es eine fundamentale Einheit, die unser Notationssystem mit ihrem gemeinsam hat.“
    Vance saß starr und versunken da. Bradley beugte sich vor und sah zu, wie der junge Mann säuberlich und schnell auf einem Notizblock schrieb.

     
    „Das verstehe ich nicht“, sagte Bradley.
    „Wir werden es später im einzelnen durchgehen, Bradley“, sagte Mara hastig. „Man muß es einmal so sehen. Wir messen die Winkel in einem Dreieck auf eine Weise, und wir zählen Äpfel auf eine andere. Eins und Zwei und Drei und so weiter zu benutzen erscheint uns natürlich, Winkelkoordinaten – Grad, Radianten – aber nicht. Aber vielleicht ist es bei den Alpha-Libra-Signalen auch umgekehrt. Sie leben in einem Universum von Wolken, in dem es keinerlei gerade Linien gibt. Also sendeten sie den ersten Teil ihrer Botschaft in einer schlichten Notation und wechselten dann zu einer natürlichen’ Ausdrucksweise über, als es um ernsthafte Dinge ging. Das Krümmungsmaß ist arbiträr …“
    „Hör auf“, sagte Bradley. „Vance, schließen Sie sie an den Computer an, falls sie ihn braucht. Sie arbeiten zusammen. Ich werde mit Corey reden.“
     
    Sie bitten mich aufzuhören. Sie sind natürlich nur blecherne Stimmen – sogar Mara. Körperlos, wie ich.
    Aber ich höre sie. Es gibt hier viel zu studieren. Ich brauche Zeit. Ich gebe kurze Energiestöße mit dem Fusionsreaktor ab, und der Ballon über mir erhitzt sich und schwillt an. In einem brutalen, schlingernden Ruck wird Corey nach oben gerissen. Aufwärts durch samtene Strömungen. Die Gondel knarrt wie morsches Holz, und vielfache Gravitation preßt Coreys Körper zusammen. Er spürt, wie das Blut sich klumpig durch ihn pumpt. Er (es) (sie) fragt sich, ob dieses Herz, dieses braune, sich ballende Organ, wohl auch kugelförmig sein mag – eine rosige Kugel, pumpend im Zentrum des Lebens.
    Die umeinanderrollenden Wesen weichen nach unten zurück. Noch immer tanzen sie ihren eleganten Walzer. Die rotierenden Wolkenwände des Zyklons verjüngen sich nach außen und kommen immer näher, je höher ich steige.
    Ich schalte die Optik um und erhalte ein Bild von der Spitze meines aufstrebenden Ballons. Ein matter schwarzer Fleck zeigt mir, daß in der Wolkendecke über

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