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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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schmetternder Stoß traf ihre Schulter und eine wirbelnde, rote Finsternis hüllte sie ein.
     
    Sie haben ihn fast erreicht.
    Corey zündet den verbliebenen Treibstoff und taumelt nach Südwesten. Hinter ihm ziehen die Kugeln unbeirrt und ebenmäßig ihre weite, gekrümmte Bahn.
    Er weicht aus. Für einen Moment stoppt er den Fusionsbrenner und gleitet an einer flachen Windfront abwärts. Aber sie kommen immer noch näher.
    Eine von ihnen ist den übrigen voraus. Es ist die größte, und von ihr kommt ein dröhnender Baßakkord, der meine kleine Kapsel vibrieren läßt. Sie singt von der Wanderschaft, von der Paarung, von unergründlichen Zielen. Das gewaltige Geschöpf schwebt mit fließender Anmut in dem mattglänzenden Licht.
    Ein Donnerschlag erfaßt mich und schleudert mich hoch. Neue Strudel saugen mich auf. Die Sicherungen sind vollkommen überlastet – pop. Ein stechender, schmorender Geruch steigt auf. Im gleißenden Licht sehe ich die riesige Kugel, und sie erfüllt mein ganzes Gesichtsfeld. Ein phosphoreszierendes Spitzengeflecht tanzt auf ihrer Oberfläche.
    Das Fusions-Kompressionstriebwerk ist noch nicht vollständig aufgeladen, aber …
    Zwischen den Stahlkabeln über mir spaltet sich ein messingfarbener, verzerrter Blitz. Die meisten meiner Subsysteme reagieren nicht mehr. Die Servosteuerung ist schwerfällig und träge. Schrille Panik ergreift mich.
    Ich zünde das Triebwerk.
    Nichts.
    Nichts passiert.
    Ich reaktiviere nun das Notsystem und verbinde es mit dem Autopiloten.
    Ich zünde noch einmal.
    Immer noch nichts.
    Ich treibe jetzt ohne Brennstoff.
    Um mich herum bilden die kugelförmigen Brüder eine sechseckige Figur, und sie singen. Sie rufen mich mit ihren magnetischen Stimmen. Sie schwimmen in dieser fremdartigen See – Delphine, Wale, schrankenlos. Jubilierend singen sie von einzelnen Freuden, die sich zu dem grundlegenden Schmerz unserer Trennung vom Mittelpunkt der Dinge verwischen. Ihre heilige Hymne verzehrt mich. Sengende Flammen tanzen auf meinen Sensoren. Ein lauter, dröhnender Schrei. Der bronzene Blitz zerteilt sich, umfängt mich. Ich wende mich um, und ich …

 
9
     
    Bradley wartete vor der Luftschleuse. Die Notfallsanitäter waren hineingestürzt, um sie zu behandeln, als Tsubata sie hereintrug. Norah Mann sagte, daß ihre Verletzungen nicht allzu ernst seien. Einen bleibenden Schaden würde es nicht geben.
    Rawlins war kurz vorbeigekommen, großmäulig und offiziös; er wollte Mara unverzüglich unter Arrest stellen. Bradley hatte ihm ein paar Dinge gesagt – er erinnerte sich nicht mehr genau, was –, aber seine Worte hatten mehr Gewalt als Bedeutung besessen. Sie bewirkten, daß der andere Mann und seine wenigen Anhänger zunächst in grimmiges Schweigen verfielen und sich dann wieder auf ihre Posten trollten.
    Ein junger Mann trat zu Bradley, murmelte ihm ein paar Worte zu und verschwand wieder. Sie hatten gerade die Trümmer von Coreys geschickt angelegter Falle gefunden: ein kleiner Radioempfänger, eine winzige chemische Ladung, kaum groß genug, um ein winziges Loch in die Sauerstoffflaschen zu reißen. Ein letztes Geschenk vor dem Tode.
    Bradley wartete, die Hände auf dem Rücken verschränkt; blinzelnd versuchte er, ein sandiges Gefühl in den Augen niederzukämpfen. Aus irgendeinem Grunde war seine Sicht nach unten dunkel und wie verklebt. Er konnte die Schweißnähte auf dem Fußboden nicht erkennen. Er wußte, daß die Leute sich um die Bay versammelten, ihn beobachteten und auf Neuigkeiten über Mara warteten. Er hörte, wie sie flüsternd miteinander sprachen, aber er verstand keine Einzelheiten. Dennoch wärmte ihn die wachsende, geschäftige Unruhe unter den Leuten, seinen Leuten. In müßiger Rationalität fragte er sich, wie viele Worte wohl jeden Tag im Orb gesprochen wurden. Ganz sicher Millionen. Die meisten davon trivial, fast alle in gewisser Weise falsch, aber jedes einzelne wichtig. Das Universum scherte sich nicht um Worte, sie waren nicht seine Sprache. Es hatte kein Gefühl für das Wortnetz, das jede Person für die anderen auswarf. Und so war das Orb ein seltsamer, hohler Punkt, der sich inmitten einer großen, notwendigen Leere um sich selbst drehte. Ein Ort, und ein Gefühl von Geborgenheit.
    Die Schleusentür teilte sich. Mara war nackt bis auf den Slip, aber sie hielt sich aufrecht und humpelte, auf Tsubatas Schulter gestützt, heraus. Blutig rote Abschürfungen an Beinen, Schulter und Bauch hatte man abgetupft und mit einer bereits

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