Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
»Was?«
    »Ich verschenke keine milden Gaben, Anna. Ich bin hergekommen, um die Nacht mit einer Jungfrau zu verbringen. Ich zahle, und du zahlst auch. Mit deiner Jungfernschaft.«
    »Ja... aber...!«
    »Ich kann auch gehen. Horsel wird einen anderen finden.«
    Anna rückte wieder ein Stück von ihm fort, dann aber musste sie noch einmal lächeln.
    »So ist das wohl, wenn man mit Männern wie Euch Geschäfte macht.«
    »Ja, so ist das.«
    »Auf Euer Schweigen werde ich mich wohl verlassen können.«
    »Vollständig, Anna.«
    »Nun, denn!«
    Sie begann zielstrebig, die Schnüre ihres Obergewandes zu lösen.
    »Ich sehe, du bist bereit, für deine Zukunft einzustehen!«, meinte er anerkennend und umfasste ihre Taille. Sie wehrte sich nicht, und als er ihr Kinn hob, um ihre trockenen Lippen flüchtig zu berühren, legte sie ihm die Arme um den Nacken. Dann half er ihr, die Kleider abzulegen,bis sie nur noch das dünne Hemd aus feinem Leinen trug. Auch er entledigte sich seiner Kleider. Als er neben ihr auf dem Bett lag, waren seine Hände unerwartet sanft, und er bemühte sich, ihre verkrampften Glieder zu lösen. Er murmelte zwar keine Zärtlichkeiten, er küsste sie nicht mit Leidenschaft, aber er hatte genug Erfahrung, um ihre Begierde zu wecken. Und als sie ihre Unschuld verlor, war es nur ein geringer Schmerz, der von einem lustvollen Erbeben abgelöst wurde.
    Er blieb eine Weile neben ihr liegen, die Hand auf ihrer Brust, die Augen geschlossen. Anna rührte sich nicht, sie kostete die Empfindungen aus, die er in ihr geweckt hatte. Dass es ihr Lust bereiten würde, hatte sie nicht erwartet. Ob es das sündige Erbe ihrer Mutter war, dass sie so fühlte?
    Er richtete sich an ihrer Seite auf und strich sich die Haare aus der Stirn.
    »Herr, werdet Ihr wiederkommen?«
    Er sah sie lange und nachdenklich an.
    »Nein. Auch wenn ich es mir wünschte. Du bist eine leidenschaftliche junge Frau.«
    »Es war... Es hat Euch Freude gemacht?«
    »Hat es, Anna. Dennoch wirst du mich nicht wieder sehen.«
    Er schlug die Decke zurück, stand auf und schlüpfte in seine Kleider. Dann legte er zwei Beutel mit Münzen auf das Kissen. »Behalte sie. Es sind deine, nicht die der Kupplerin. Verwende sie gut, Anna!«
    »Ja, Herr. Wie ich es Euch versprochen habe.«
    Noch einmal musterte er sie und streifte dann den Bernsteinring von seinem Finger.
    »Du hast mir deine Unschuld geopfert. Ich hätte auf diesen Teil des Handels nicht bestehen sollen. Nimm dafür diesen Ring als Dreingabe. Du hast Mut, Anna.«
    Er gab ihr den Ring. »Er stammt von einem sehr achtbaren Mann, der sein Schicksal furchtlos akzeptierte.« »Ihr seid großzügig, Herr.«
    »Nein, das bin ich nicht. Halte dich an deine Abmachungen, und bete darum, dass wir uns nie wieder sehen.«
    »Herr?«
    »Und wenn doch, dann weise diesen Ring vor. Ich schulde dir einen Gefallen. Und nun leb wohl, Anna Dennes.«
    Er verließ sie, ohne ihr noch eine weitere Berührung zu gönnen.
    Als Anna den Ring genauer betrachtete, fiel ihr die Inschrift auf, die sich auf der Innenseite befand. ›Letum non finit omnia‹ hieß es.
    Nicht alles beendet der Tod.

6. Kapitel
 
 Aufwachen
    Als ich endlich richtig aufwachte, fühlte ich mich wohler als bei den vergangenen Malen. Die Schmerzen waren auszuhalten, die Nachwirkungen der Narkose nicht ganz so scheußlich, die Verbände nicht ganz so hinderlich.
    »Hallo, wieder von dieser Welt?«
    Eine Hand streichelte die meine, und ich sah Rose auf einem Stuhl neben dem Bett sitzen.
    »Noch nicht ganz. Aber durstig bin ich. Das fühlt sich ziemlich real an.«
    »Nun, die Bar bietet dir kalten Kamillentee, Orangensaft oder Wasser.«
    »Schlecht sortiert, diese Kneipe hier. Gieß auf jeden Fall den kalten Kamillentee dem Waschbecken in den Rachen. Wasser tut es im Augenblick.«
    »Wie geht es dir?«
    »Nicht zu miserabel. Wie spät ist es?«
    »Dienstagvormittag, zehn Uhr. Du warst gestern Nachmittag schon mal kurz da, hast mir aber wenig Beachtung geschenkt. Dann hat dein Lieblingsarzt Carl dir eine weitere Runde Schönheitsschlaf verpasst, den du weidlich ausgenutzt hast. Er sagt, die Operation sei prima gelungen.«
    »Was soll er auch sonst sagen? Dass er mir den falschen Arm amputiert hat?«
    »Beide Arme sind noch dran, das kann sogar ich als Laie erkennen.«
    »Du hast doch hoffentlich nicht die ganze Zeit hier verbracht, Rose?«
    »Nein, nein. Ich bin vor einer halben Stunde gekommen und habe deinen Dornröschenschlaf beobachtet. Übrigens

Weitere Kostenlose Bücher