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Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Straßen ab. Du hast gesagt, er wohnt im Süden. Kann ja sein, du erinnerst dich doch an irgendwas, wenn du erst einmal da bist.«
    »Alles ist ein Versuch wert«, sagte ich, und schloss dieAugen. Ein heißes Gefühl breitete sich von meinem Bauch aus, wie immer, wenn ich an den Mann dachte, der allein mit seinem Blick mir Schwindelanfälle und Atemnot verschafft hatte. Gefolgt wurde es von einem lähmenden Gefühl des Verlustes.
    »Ach Anita, schau nicht so trostlos drein.«
    »Ich weiß, ich weiß, ich führe mich auf wie ein verliebter Teeny.«
    »Nein, das tust du nicht. Und ich wünschte, ich hätte ein solches Erlebnis gehabt, wie du.«
    »Sei froh, dass du es nicht hattest.«
    Vor der Tür klapperte es, und ein Pfleger schob den Wagen mit dem Mittagessen ins Zimmer. Verlockend roch es nicht, und auch mein Appetit ließ etwas zu wünschen übrig.
    »Kartoffeln mit Soße!«, sagte Rose, als sie den Deckel hob. »Und grünes Zeug!«
    »Rose, wenn du eine wirklich liebe Schwester sein willst, dann bringst du mir heute Abend ein richtiges Wurstbrötchen mit.«
    »Mache ich. Aber jetzt muss ich noch etwas erledigen. Ich komme gegen sechs wieder.«
    Den Rest des Tages verdöste ich überwiegend, auch wenn ich zwischendurch immer mal meine Runden durch das Krankenhaus drehte, um meinen Kreislauf auf Trab zu bringen. Am Mittwochvormittag hatte ich ein ganz interessantes Gespräch mit meiner Zimmermitbewohnerin. Sie war eine Frau um die Fünfzig, hatte eine hässliche Brandwunde am Bein, was sie aber nicht davon abhielt, konzentriert und mit Verve Texte in ihren Laptop zu klappern.
    »Was soll ich machen, Frau Kaiser? Ich verdiene mein Geld damit, Artikel zu schreiben, und da ich ja nur ein unbrauchbares Bein habe, kann ich immer noch meinenKopf und meine Hände einsetzen, um meine Arbeit zu erledigen.«
    »Über was schreiben Sie Artikel?«
    Sie grinste ein wenig schief.
    »Normalerweise Kochbücher. Aber jetzt spotten sie
    nicht, derzeit schreibe ich für ein Astro-Magazin.« »Sie kennen sich mit Astrologie aus?«
    »Notgedrungen. Warum? Wollen Sie wissen, ob Sie ein
    reicher, schwarzhaariger Mann übers Meer entführt?« »Genau das, liebe Frau Bernes, interessiert mich bren
    nend! Aber viel mehr möchte ich wissen, wann dieser
    verdammte Saturn mich endlich wieder freigibt.« »Nennen Sie mich Hela. Sie sind neunundzwanzig?« »Wie haben Sie das nur erraten?«
    Wir lachten beide. Es hatte sich inzwischen ja nicht nur in der Eso-Szene herumgesprochen, dass die Saturn- Wiederkehr im Leben eines Menschen immer auf gewisse Veränderungen hindeutet. Und Saturn hat nun mal eine Umlaufzeit von 29 Jahren.
    »Geben Sie mir mal Ihre Geburtsdaten.«
    Sie tippte in rasender Geschwindigkeit die Daten ein und runzelte dann die Stirn.
    »Aha, ein Skorpion, tiefgründig und leidenschaftlich, mit einem sturen Steinbock-Aszendenten. Aber Jupiter zu Hause im Schützen, was Ihren Optimismus wohl begründet.«
    »Eine kurze, nicht ganz unzutreffende Charakteranalyse! Zumal auch Venus und Merkur im Skorpion sitzen, nicht wahr?«
    »Sie kennen Ihr Geburtshoroskop offensichtlich.« »Das schon. Was mich interessiert, ist die Prognose.« »Haben wir gleich!« Sie tippte ein paar weitere Daten
    ein und meinte: »Die Schramme da in Ihrem Gesicht,
    die ist von Mitte des letzten Jahres, was?«
    »Ja, und der Rest auch.«
    »Saturn hat Sie nicht sehr sanft gestreichelt. Und... wissen Sie, er hat Sie zwar zwischendurch jetzt mal aus den Klauen gelassen. Aber er kommt wieder. Der ist rückläufig, und Sie sollten sich im Mai noch mal auf seine intensive Befragung gefasst machen.«
    »Mist.«
    »Kommt drauf an. Sehen Sie es als zweite Chance. Ich meine, wenn Sie schon soviel Ahnung von Astrologie haben, dass Sie über Saturns Wiederkehr Bescheid wissen, dann sollten Sie auch wissen, dass die Sterne allenfalls geneigt machen, doch nicht unbedingt bestimmen.«
    »Ich weiß, aber sagen Sie mal, was hat das Schicksal bewogen, ausgerechnet vor meinen Augen das Flugzeug abstürzen zu lassen, in dem alle meine Freunde saßen?«
    »Vielleicht haben Sie irgendeine wirklich gute Tat in Ihrem vorherigen Leben vollbracht. Denn sonst hätten Sie ja wohl auch in dem Flugzeug gesessen, oder?«
    »Uh. Wenn man es so sieht...«
    »Ich tue das. Aber trotzdem, es ist jetzt eine gute Zeit, darüber nachzudenken, welche guten Taten Sie in diesem Leben vollbringen sollten, damit Sie Saturn im Laufe dieses Jahres eine Antwort darauf geben können, ob Sie zufrieden mit

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