Der Bernsteinring: Roman
Bastarde zeugen zu müssen, sondern einen Erben!«
»Kinder zu zeugen ist die Aufgabe eines Mannes.« »Bastarde auch?«
»Anna!«
»Es heißt, Ihr habt derer etliche!«
»Aus welcher gottverdammten Gosse habe ich euch beide hochgezogen?«
»Aus dem Katzenbauch mich, Herr. Woher Rosa stammt, müsst Ihr sie schon selber fragen!«
»Ja, Ratsherr Hrabanus Valens, und mit mir habt Ihr die Katze im Sack gekauft!«
Rosa kicherte schon wieder, aber es war nicht mehr ein trunkenes Lachen, sondern es lag eine leise Herausforderung darin.
»Sie ist aber eine sehr hübsche Katze, Herr!«, gab Anna zu bedenken und lächelte ihn ebenfalls an.
Er setzte sich in einen hölzernen Sessel und schüttelte den Kopf.
»Rosa, Tanzen und Spielmannslieder sind dir nicht fremd, scheint mir?«
»Nein, mein Gemahl. Sie sind mir nicht fremd.«
»Schön. Ich habe also einen faulen Handel gemacht. Statt der Stiftsdame eine Gauklerin geheiratet. Und was noch?«
»Keine Hure, mein Gemahl. Mit dem strohköpfigen jüngeren Sohn derer von Gudenau war ich wirklich verheiratet. Es war genau so ein fauler Handel, wie der, den Ihr jetzt eingegangen seid. Er starb, und die Familie schob mich in das Stift ab.«
»Gut, Rosa. Dann wollen wir sehen, ob wir den Handel nicht doch noch einen Gewinn abringen können. Ich vergesse deine Vergangenheit, und du vergisst sie auch. Das dürfte dir wohl nicht zu schwer fallen, die Schauspielkünste scheinen dir ja im Blut zu liegen!«
»Einverstanden, mein Gemahl. Ich werde mich bemühen. So wie Ihr Euch auch bemühen werdet.«
Er nickte und reichte ihr die Hand.
»Darf ich jetzt gehen, Herr?«, fragte Anna.
»Nein.«
»Nein? Noch ein Befehl?«
»Ja. Komm her, Kind.«
Er stand auf.
»Gelegentlich könntet Ihr bei Euren Befehlen das Wort ›bitte‹ einflechten.«
Seine Augen wurden schmal, dann aber war sein zernarbtes Gesicht wieder ausdruckslos.
»Nun, würdest du bitte herkommen?«
»Gerne, Herr.«
«Ich sollte dich bestrafen für deine Widerworte. Aber ich denke, wir lassen Frau Rosa jetzt eine Weile alleine, damit sie ihre Haare und Kleider richten kann und suchen derweil die Bibliothek auf. Ich habe neue Bücher mitgebracht.«
«Ich habe also Euer Wohlwollen nicht zur Gänze verspielt?«
«Nicht völlig, Kind, nicht völlig.«
19. Kapitel
Malaria
Nachdem Rosa das Stift verlassen hatte, wurde das Leben für Anna ruhiger. Manchmal, dachte sie, zu ruhig. Obwohl sie die Erlaubnis hatte, Rosa jede Woche zu besuchen, fehlte ihr doch deren beständige Gegenwart. Sie widmete sich ihren Schreibarbeiten, unterrichtete die jungen, adligen Mädchen im Stift, nahm gewissenhafter als zuvor an den Stundengebeten teil, kümmerte sich um die heranwachsende Valeska und ergänzte ihr Stundenbuch. Die ornamentalen Ausschmückungen der Seiten überließ sie nach wie vor Rosa, der Hrabanus eigens ein Schreibzimmer dafür eingerichtet hatte. Es war für Anna immer wieder ein willkommener Anlass, in die Sternengasse zu gehen, um mit Rosa über den Fortschritt der Buchmalerei zu sprechen.
Nach dem anfänglichen heftigen Zusammenstoß zwischen dem Ratsherren und seiner Braut schien sich das Zusammenleben des Ehepaares einigermaßen harmonisch zu gestalten. Rosa lebte in einem nie gekannten Luxus und schwelgte in neuen, kostbaren Gewändern, benahm sich bei Festen und Besuchen zurückhaltend und höflich, aber an manchen Tagen wirkte sie gedrückt, und Anna erschien es, als ob ihre überschäumende Lebenslust nach und nach erlosch.
»Diese beiden alten Krähen hacken ständig auf mir herum«, sagte sie einmal. Hrabanus’ unverheiratete Schwägerinnen und ältlichen Basen ließen in der Tat keine Gelegenheit aus, Rosa wegen irgendwelcher Kleinigkeitenzu korrigieren, ihr Benehmen zu kritisieren, ihr kleine, gehässige Nadelstiche zu versetzen oder auf ihre nicht ganz durchsichtige Herkunft anzuspielen. Anna konnte sich nur zu gut an ihre spitzen Zungen erinnern. Rosa hingegen war nicht so sanftmütig wie sie damals. Sie gab zurück, was sie erhielt, und es schwelte ein ständiger Kleinkrieg zwischen den Frauen.
Auch Hrabanus’ Wunsch nach einem Erben hatte sich bislang nicht erfüllt, und einmal fragte Anna ihre Freundin danach.
»Nicht dass er es nicht oft genug versucht hätte. Aber – ich denke, es liegt an mir. Ich ekele mich nun mal vor seiner schrundigen Haut und dem narbigen Gesicht.«
»Ich werde für dich beten, Rosa.«
»Lass es lieber. Er fordert diese Pflicht, dem Himmel sei Dank, nicht
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