Der Bernsteinring: Roman
anderes, als ihn zur Ader zu lassen. Ich habe ein Fieberwasser gebraut, es hat ihm ein wenig geholfen. Zumindest hat der entsetzliche Schüttelfrost nachgelassen, der ihn gepackt hielt.«
»Was enthält dein Fieberwasser?«
»Eisenkraut, Lindenblüten und Minze. Mit Honig gesüßt. Mein Vater gab es mir als Kind zu trinken, wenn ich fieberte.«
»Vielleicht solltest du dir die Wunde am Bein ansehen, Rosa. Wenn es Wundfieber ist, wird sie wohl schwären.« »Er wird ungehalten sein.«
»Er wird kaum etwas bemerken.«
Doch als sie die Decke von seinen Beinen zogen, wachte Hrabanus auf und protestierte.
»Lasst mich in Ruhe, verdammt noch mal. Geht fort.« »Nein, Herr. Wir werden Eure Beinwunde versorgen.« »Verfluchtes Weibsvolk! Hört auf!«
Er zog die Decke wieder zu sich, aber Anna setzte sich neben ihn auf die Bettkante.
»Lasst Rosa nur machen, Herr. Sie weiß ein wenig über Wunden.«
»Der Bader hat sie gut behandelt!«
»Und Euer Fieber?«
Er schüttelte den Kopf, war aber zu schwach, um mehr als unwillig zu knurren, als Rosa noch einmal die Decke zurückschlug. Anna wandte ihr den Rücken zu, während sie das Hemd hochzog und das Bein entblößte.
»Der Verband sollte gewechselt werden. Ich brauche Wasser und eine Salbe. Aber das Bein ist nicht geschwollen oder gerötet.«
Hrabanus zitterte, und Anna zog die Decke wieder über ihn.
»Dann tu das, und das Fieberwasser solltest du ihm auch noch einmal brauen. Seine Haut ist sehr heiß und trocken.«
Als Rosa ihre Behandlung durchführte, war Hrabanus wieder in seine fieberglühende Welt zurückgekehrt, und außer ein paar Lauten des Unmuts wehrte er sich nicht dagegen.
»Das ist kein Wundfieber, Anna.«
»Nein. Es muss einen anderen Grund geben. Ich will bei ihm bleiben, und sehen, dass ich ihm so viel von dem Trunk geben kann, wie möglich ist. Das Fieber verbrennt ihn, und es dickt die Körpersäfte ein.«
»Ich habe nichts dagegen, aber sie werden dich im Stift vermissen.«
»Ich bleibe.«
Rosa betrachtete Anna nachsichtig und ließ sie dann mit Hrabanus alleine.
Es wurde ein unruhiger Nachmittag und Abend. Das Fieber stieg weiter, und schien dem Kranken Angstträume zu bescheren. Manchmal murmelte er unverständliche Sätze, versuchte, sich aus den Decken zu befreien und schlug Annas Hand fort, wenn sie versuchte, ihm von dem Fieberwasser zu trinken zu geben. In den frühen Morgenstunden allerdings begann er heftig zu schwitzen, und sie mühte sich, mit kalten Tüchern, sein Gesicht zu kühlen. Plötzlich jedoch öffnete er die Augen, richtete sich ein wenig auf und sah sie mit einem klaren Blick an.
»Anna?«
»Ja Herr. Ihr seid wach? Fühlt Ihr Euch besser?« »Was machst du hier?«
»Ihr habt hohes Fieber gehabt. Nun scheint es gebrochen.«
»Anna, warum bist du hier?«
»Rosa rief mich. Und ich hole jetzt Hilfe. Die Laken müssen gewechselt werden.«
Er sank zurück und schloss die Augen.
»Ich fühle mich schwach wie ein neugeborenes Kind.«
Mit Hilfe eines Dieners wurde das Bett neu gerichtet, und Anna sorgte dafür, dass in der Küche heiße Brühe zubereitet wurde. Er trank sie und schlief dann ein, ruhig und tief. Rosa wies auch Anna eine Schlafstatt zu.
Als sie erwachte, war es Mittag, und Rosa berichtete ihr, Hrabanus ginge es erstaunlich gut.
»Im Moment, ja. Ich habe mir Gedanken über dieses Fieber gemacht, als ich bei ihm saß, Rosa. Ich muss ihn etwas fragen.«
»Tu das, er ist wach und hat sich ankleiden lassen.« Sie trafen Hrabanus in seinem Kontor an, wo er an seinem Schreibpult Warenlisten prüfte.
»Ihr solltet Euch schonen, Herr.«
»Es gibt Arbeit zu tun!«
»Sicher, aber kann das nicht Euer Verwalter übernehmen?«
Er sah noch immer erschreckend erschöpft aus, aber er hielt sich aufrecht und schüttelte nur den Kopf.
»Kehr ins Stift zurück, Anna. Es war aufmerksam von dir, mich an meinem Krankenlager zu besuchen, aber dein Bleiben hier ist nicht mehr vonnöten.«
»Ich kehre zurück, Herr. Aber vorher beantwortet mir eine Frage.«
»Lästiges Kind!«
Es klang nicht unfreundlich.
»Seid Ihr auf Eurer Reise durch sumpfiges Gebiet gekommen, Herr?«
»Gott im Himmel, warum willst du das wissen?« »Weil ich dann erraten könnte, welcher Art Euer Fieber war.«
»Bist du klüger als der Medikus?«
»Könnte sein. Ich habe die Schriften der alten Ärzte gelesen. Ihr selbst habt mir die Bücher zur Verfügung gestellt.«
»Mh.«
»Es heißt, es gibt ein Fieber, das durch die schlechten
Weitere Kostenlose Bücher