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Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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mit den Leuten geredet, Bier getrunken und viel gelacht. Mehr ist nicht passiert. Gegen Mitternacht ist sie dann wieder aufgebrochen und zurückgelaufen. Ich bin hinter ihr her. Es war ein bisschen schwierig, denn sie ist ziemlich gut darin, nicht auf der Gasse aufzufallen. Immer im Schatten, immer im Dunkeln. Beinahe hätte ich sie verloren. Aber ich kam dann doch gleichzeitig mit ihr an der Pforte an. Da hat Frau Rosa gemerkt, dass ich ihr gefolgt bin. Sie hat mich sehr gescholten.«
    »Recht hatte sie.«
    »Ja, aber dann hat sie gelacht. Sie war nicht richtig böse, und ich hab ihr versprochen, nichts zu sagen.«
    »Mir hättest du es sagen müssen. Bist du noch häufiger mit ihr ausgeflogen?«
    »Ich... ich...«
    »Valeska?«
    »Herrin, ich habe... Also, mein Vater...«
    »Du hast dich nachts also dort herumgetrieben, von wo ich dich fortgeholt habe?«
    »Ja, Herrin. Es war schlecht, ich weiß. Aber ich wollte sehen, ob mein Vater zurück war. Oder der Bruder.« »Waren sie?«
    »Nein, sie sind nie wieder zurückgekommen von ihrem letzten Viehtrieb.«
    »Und Rosa?«
    »Sie hat mir manchmal den Schlüssel geliehen.« »Hast du ihn noch?«
    »Ja, als sie den Ratsherren geheiratet hat, hat sie ihn mir gegeben. Aber ich habe ihn nicht mehr gebraucht, Herrin. Ich will dorthin nicht mehr zurück.«
    »Du wirst ihn mir geben, Valeska.«
    »Ja, Herrin.«
    »Und woher weißt du, dass Rosa jetzt wieder dort hingeht?«
    »Die Mägde in ihrem Haus wissen es. Sie ist nicht sehr vorsichtig, wenn der Herr auf Reisen ist.«
    »Trifft sie sich mit einem anderen Mann?«
    »Ich weiß es nicht, es heißt, sie spricht mit den Gauklern und Musikanten.«
    »Valeska, schwöre mir, mit keinem anderen Menschen darüber zu reden!«
    »Ja, Herrin. Aber wollt Ihr nicht mit Frau Rosa sprechen? Es... es ist nicht gut für den Herrn Hrabanus, wenn das bekannt wird.«
    »Ich will es versuchen, Vally.«
    Anna stützte den Kopf in die Hände und dachte an den Besuch bei den drei Marien. Sie wusste, wen Rosa suchte.

24. Kapitel
 
 Am Bayenturm
    »Herrin, Ihr mögt bitte zur Priorin kommen. Es ist wichtig. Und Ihr mögt auch den Pachtvertrag für die Rheinmühle mitbringen.«
    Valeska schnaufte ein wenig, als sie die Botschaft im Skriptorium hervorsprudelte. Die beiden Kanonissen ließen ihre Federn sinken und äugten neugierig hinter ihrer Schreibmeisterin her, die der kleinen Magd folgte.
    Bei der Priorin saß die Pistorin, die Stiftsbäckerin Heilgard. Sie wirkte aufgebracht.
    »Anna, wann haben wir den Pachtvertrag mit dem Müller an der Rheinmühle am Bayenturm ausgestellt?«, fragte die Priorin.
    »Vergangenes Jahr, zu Martini.«
    »Was, fast ein Jahr betrügt der Schuft uns jetzt schon?«, grollte Heilgard. »Anfangs war es ja nur wenig, aber mich hat von Anfang an geärgert, dass der Steinabrieb im Mehl ständig zugenommen hat. Ich komm aus dem Sieben nicht mehr heraus.«
    »Und Hilla hat sich letzte Woche einen Zahn an einem Stein im Brot ausgebissen«, fügte die Priorin hinzu. »Es ist ein Ärgernis.«
    »Er behauptet, wir müssten für die Mühlsteine zahlen, Anna. Stimmt das?«
    »Soweit ich weiß, zahlen wir im Wechsel mit dem Müller die Steine. Aber lasst mich im Pachtvertrag nachlesen.«
    Sie überflog die Klauseln und schüttelte dann den Kopf.
    »Nein, das hatten wir mit seinem Vorgänger, Gott hab ihn selig, so vereinbart. Mit Jobst Mühlmann vereinbarten wir nichts dergleichen. Er hat für die Steine selbst aufzukommen. Dafür ist die Pacht um einen Florin geringer.«
    »Welches Gewicht haben wir für die Säcke gemahlenes Gut angegeben?«
    Anna las es vor, und die Miene der Pistorin wurde immer grimmiger.
    »Er behält den zehnten Teil für sich. Und das, was in den Säcken ist, wiegt mehr, weil er die Steine nicht heraussiebt. Kerl, der!«
    »Wir werden nicht umhinkommen, mit ihm zu reden. Schick einen Boten, Pistorin, und bestelle ihn her.«
    Das Stift besaß eine der Mühlen auf dem Wasser, die südlich der Stadt vor dem Bayenturm lagen. Sie versorgten nicht nur die Kanonissen und Stiftsangehörigen mit Roggen- und Weizenmehl, obwohl das einen Großteil ausmachte. Der Müller durfte auch für andere Kunden arbeiten. Und da hatte es ebenfalls Klagen gegeben. Der Müller aber zeigte sich als ein dreister Geselle, der schlichtweg den Betrug leugnete und sich auf die Anklagen der Priorin wie ein Aal wandt. Doch er machte den Fehler, die rundliche, gelassen wirkende Stiftsdame zu unterschätzen. Sie war nicht das einfältige

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