Der Beschützer
beobachtete sie, wie die Ocampa in der Nähe ebenfalls den Kopf hoben. Hier und dort erklangen überraschte Rufe. Im Gegensatz zu den Einheimischen, die aufgeregt Ausschau hielten, rechnete Janeway nicht damit, etwas Besonderes zu sehen. Wenn das Donnern der eintreffenden Entladungen alles erschütterte, so sorgte allein der Instinkt dafür, daß man den Blick hob. Vielleicht, so überlegte Janeway, hoffte das Unterbewußtsein, den Dämon zu sehen und dadurch Kontrolle über ihn zu bekommen.
Allerdings: Wenn man Dämonen erblickte, so schlüpfte man dadurch auch in die Rolle des potentiellen Opfers.
J aneway verdrängte diese Überlegungen – unter den gegenwärtigen Umständen blieben sie sinnlos – und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Landegruppe.
Sie waren Kes und den Freunden der jungen Frau durch ein Wirrwarr aus Korridoren, Stegen und Gleitbändern gefolgt.
Unterwegs hatte Janeway nicht ein einziges Beispiel für Respektlosigkeit oder schlechtes Benehmen in der Öffentlichkeit gesehen. Es erschien ihr fast makaber. Sie verglich die Bürger der Ocampa-Stadt mit perfekt funktionierenden Robotern, die ausschließlich im Rahmen ihres Programms agierten. Oder standen sie vielleicht unter der Wirkung von Drogen, die jene Gefühle betäubten, die Kes’
Bauernfreunde so offen und bereitwillig zur Schau stellten?
Wir haben nicht das Recht zu urteilen, ermahnte sich Janeway.
Das stimmte. Aber es bedeutete nicht, daß man so etwas billigen mußte.
Kes und Daggin hatten die Landegruppe bei den kunstvoll gruppierten Tischen zurückgelassen, um Freunde im Hospital zu besuchen. Angeblich war es ohne die Präsenz von Fremden einfacher, Informationen zu bekommen. Janeway pflichtete Kes widerstrebend bei, hatte ihr jedoch das Versprechen abgenommen, sofort zurückzukehren, sobald sie etwas in Erfahrung brachte. Fast hätte sie sich dazu hinreißen lassen, der jungen Frau einen Insignienkommunikator zu geben. Alles in ihr drängte danach, Kes folgendes zu sagen: Mir gefällt das alles nicht. Dauernd habe ich das Gefühl, jeden Augenblick könnte die Decke einstürzen – im wahrsten Sinne des Wortes.
Doch sie wahrte die Fassung, wollte sich in der Gegenwart von Paris und der anderen nichts von ihrer Unruhe anmerken lassen, als Kes und Daggin aufbrachen. Die übrigen Ocampa-Bauern blieben zurück, deuteten auf die Lebensmittelsynthetisierer und schnitten verächtliche Mienen.
Und dann, ganz plötzlich, hörte das Donnern der energetischen Impulse auf.
Stille.
Janeway wechselte einen verblüfften Blick mit Tuvok, der eine Braue wölbte und den Blick zum Pseudohimmel hob.
Diesmal widerstand die Kommandantin der Versuchung, ebenfalls nach oben zu sehen, klopfte statt dessen auf ihren Insignienkommunikator. »Landegruppe an Voyager.«
Rollins antwortete sofort. »Ja, Captain?«
»Was ist mit der Raumstation?«
Eine kurze Pause folgte, und Janeway nahm an, daß Rollins nun die Instrumente konsultierte. »Sie schickt keine Impulse mehr zum Planeten, Captain. Und offenbar verändert sie ihre Position.«
Heiliger Himmel! fuhr es Janeway durch den Sinn. Wenn die Entität das Sonnensystem verlassen willc Hoffentlich verfügt die Station nicht über Warppotential.
»Halten Sie mich auf dem laufenden«, sagte sie zu Rollins.
»Janeway Ende.« Sie glaubte zu sehen, wie sich die einzig mögliche Tür zur Rückkehr allmählich schloß.
Paris streckte den Arm aus, und sie blickte in die entsprechende Richtung. Kes und Daggin kehrten zurück, eilten an Gruppen gespenstisch stiller Ocampa vorbei.
Plaudern sie telepathisch miteinander? dachte Janeway. Oder sind sie schockiert, weil es zum erstenmal seit vielen Jahrhunderten völlig still geworden ist?
Ahnten diese Leute, daß in ihrer Welt von jetzt an Ruhe herrschen würde?
»Schon seit Stunden sind Ihre Leute nicht mehr im Hospital gewesen«, sagte Kes, als sie und Daggin näher kamen.
Besorgnis bildete dünne Falten in ihrer Stirn.
»Wir können die Stadt durchsuchen«, bot sich Daggin an und deutete auf die Bauern, die sie nun umringten. »Wir fragen überall, ob jemand die beiden Fremden gesehen hat.«
Janeway nickte zustimmend, woraufhin die jungen Ocampa sofort losliefen – innerhalb weniger Sekunden waren sie inmitten der Einheimischen verschwunden.
Sie wandte sich an Kes. »Wenn Kim und Torres versuchen, zur Oberfläche zu gelangenc Welchen Weg nähmen sie?«
»Vermutlich den gleichen wie ich: durch einen der alten Tunnel.«
Janeway vergeudete
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