Der Besen im System
Mädchen den Antichrist jetzt von der Seite musterte, sein dunkles, glänzendes Profil. Dann zog es am Ärmel seines Sweatshirts.
»Bist du der Teufel?«, fragte das Mädchen laut. Ihre Eltern schienen es nicht zu hören.
»Im Augenblick nicht«, sagte der Antichrist zu dem kleinen Mädchen und überließ ihr das Bein zur Begutachtung.
»Ich will da nicht mehr hin, zumindest solange Lenore nicht wieder da ist«, sagte Lenore leise und wickelte ihr Haar um einen Finger, sodass unterhalb des Kinns eine Art Haken entstand. »Es tut mir Leid, aber ich kann Concarnadine nicht ausstehen. Ich weiß nicht, ob deine Theorie stimmt, aber ich kann sie trotzdem nicht leiden. Und bei diesem Bloemker kriege ich regelrecht die Krätze. Dauernd scharwenzelt er um einen herum, ich mag gar nicht darüber nachdenken, warum. Wie gesagt, Lenore ist jetzt seit einer Woche weg, und obwohl ich mir mit ihr wirklich Mühe gegeben habe, hält sie es nicht für nötig, mir zu sagen, wo sie ist. Sie sollte wissen, dass ich nicht Dad bin. Genauso wie du oder alle anderen wissen sollten, dass ich nicht Dad bin.«
Der Antichrist spielte mit dem leeren schlappen Bein seiner kurzen Kordhose.
»Langsam glaube ich, sie lebt gar nicht mehr«, sagte Lenore. »Und so schlimm es ist, ich empfinde keine Trauer. Ich glaube sogar, dass sie im Altenheim gestorben ist und dass Mrs. Yingst ihr etwas angetan hat – wenn sie nicht gerade unschuldigen Tieren LSD oder irgendeinen Zirbeldrüsenextrakt einflößt.«
»Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, du könntest Recht haben«, sagte der Antichrist, wobei er dem kleinen Mädchen die Hand führte und ihr zeigte, wie man das Kniegelenk zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, um das Bein über den Boden tanzen zu lassen. »Ich meine, sie ist schließlich hundert Jahre alt. Gut möglich, dass sie sich zum Sterben irgendwo verkrochen hat, damit sie niemand, kein Mensch, vollkommen hilflos erlebt. Ich glaube, das wäre so ihr Stil. Entweder das oder sie ist bei Gerber, um Dad einen empfindlichen Tritt in seine firmeneigenen Eier zu verpassen. Was ich persönlich nicht so unsympathisch fände.«
Das kleine rothaarige Mädchen lachte laut über die trickreiche Tanzeinlage des Beins. Der Mann mit den weißen Schuhen und die Frau mit den Krampfadern drehten sich um.
»Brenda!«, rief die Mutter. Das kleine Mädchen sah von dem Bein hin zu seiner Mutter. »Geh weg da, sofort!« Die Mutter kam näher.
»Nur eine kleine Anatomiestunde, Ma’am«, sagte der Antichrist.
»Geh weg da, habe ich gesagt.« Und das kleine Mädchen wurde am Handgelenk fortgezerrt. Das Bein lag im Gras. Die beiden älteren Kinder balgten sich weiter auf dem Abhang. Ein Schatten im Sakko fiel auf Lenore und LaVache. Lenore beschirmte die Augen mit der Hand. Mit einer offenbar richtig komplizierten Kamera um den Hals starrte der Mann auf sie hinunter. Lenore schaute auf seine Schuhe und das Netzwerk aus dunklen Rissen in dem weißen Leder.
Der Vater, die Hände in die Hüften gestemmt, sog prüfend die Luft durch die Nase. »Ist das eine von diesen komischen Zigaretten?«
LaVache hielt den Stummel seines Joints hoch und betrachtete ihn nachdenklich. »Nein, Sir«, sagte er, »seien Sie versichert, diese Zigarette meint es tödlich ernst.«
»Sie sollten sich etwas schämen, hier in aller Öffentlichkeit Drogen zu nehmen, vor allem vor den Kindern, die jetzt in einem Alter sind, wo sie für so etwas empfänglich werden«, sagte die Mutter. Lenore widerstand der Versuchung, die strumpflose Wade der Frau anzufassen. Einen Moment beschäftigte sie die Tatsache, dass die Beinvenen mancher älterer Frauen von einer Art Blau sind, das sonst in der Natur nicht vorkommt. Fast ein Nikotinblau.
»Doch, ich schäme mich so, dass ich jetzt ein Weilchen allein sein möchte«, sagte der Antichrist langsam, wobei er blinzelnd zu den beiden Schatten aufblickte. Es gab etliche »Humpfs«, dann gingen sie und riefen den sich balgenden Kindern zu, sie sollten auf der Stelle herkommen. Lenore hörte Brendas kleine Lackschuhe auf dem Beton des Kriegerdenkmals über ihnen. Sie waren allein auf dem Hügel. Lenore sah, wie sich der Antichrist an der Hüfte kratzte. Nein, doch nicht, er griff nur in seine Hosentasche. Er zog etwas heraus. Es war ein Stonecipheco-Etikett. Püriertes Kalbfleisch. Er faltete das Etikett auseinander, drehte es um und glättete es an seiner Hüfte, ehe er es Lenore gab. Lenore fiel auf, dass LaVaches Nägel dringend geschnitten werden
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