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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Sie nicht unbedingt schmeichelhafte Gegensatz zu Ihrem Selbst.
    RICK: Ich weiß nicht. Hat Lenore vielleicht von Lang gesprochen?
    JAY: Warum bringen Sie diesen Menschen auch nach Cleveland, wenn er Sie so beunruhigt?
    RICK: Ich habe keine Ahnung. Wir sind uns in unserer alten Studentenkneipe begegnet. Alles sehr seltsam. Plötzlich entdeckten wir unheimlich viele Gemeinsamkeiten. Er schien für die Situation genau der Richtige zu sein. Er passte.
    JAY: Also haben Sie ihn in Ihr persönliches Beziehungsgeflecht eingebracht?
    RICK: Ich möchte keinesfalls sagen, es handle sich bei ihm um einen gemeinsamen Bekannten, andererseits hatte ich keine andere Wahl. Mir schien, als sei plötzlich ein Kontext hergestellt, in dem es falsch wäre, ihn nicht hineinzulassen.
    JAY: Hineinzulassen?
    RICK: Ja, in den inneren Kreis meines beruflichen und privaten Lebens.
    JAY: Verstehe. Und was ist mit Lenore? Befindet sich Lenore in diesem inneren Kreis, um Ihren Ausdruck positiv zu verwenden, obwohl mir von Blentner’schen Anklängen nur so die Ohren schallen.
    RICK: Ich hoffe, dass sie sich eines Tages da befinden wird.
    JAY: In der Tat eine auffällige Hmmmm. Und Sie, Rick? Befinden Sie sich im inneren Kreis von Lenores Leben?
    RICK: Sie sind ein Sadist. Sie wissen genau, dass das nicht geht.
    JAY: Die Tür zur Vereinigung et cetera?
    KICK: Machen Sie, dass meine Ohren aufhören zu blubbern.
    Schweigen seitens Dr. Jay.
    Schweigen seitens Rick.
    JAY: Rick, lieber Freund, ist Ihnen niemals der Gedanke gekommen, dass Sie vielleicht das Zukunftsmodell verkörpern?
    RICK: Das was?
    JAY: Ich lade Sie ein, einmal darüber nachzudenken. Wir als Spezies hatten einst Schwänze, nicht? Wir hatten ein dickes Fell und prähensile Zehen. Wir hatten Sinne, die auf feinere Gerüche, leisere Geräusche geeicht waren, als sie es heute sind. Trotzdem haben wir alle diese Eigenschaften verloren. Wir haben sie abgestreift, wenn Sie so wollen. Und warum?
    RICK: Was wollen Sie damit sagen?
    JAY: Weil wir sie nicht mehr brauchten, Rick. Der Kontext, in dem sie eine Funktion hatten, hat sich aufgelöst. Sie waren sinnlos geworden.
    RICK: Schön, aber was wollen Sie damit sagen?
    JAY: Ich schätze, ich möchte Ihre emotionale Aufmerksamkeit auf gewisse Kennzeichen unserer modernen Gesellschaft lenken, deren Segnungen wir beide genießen Ich sage nur Gentechnik. Ich sage nur künstliche Befruchtung. Dazu wahre Quantensprünge in Bereich der Prothetik und in der Behebung sexueller Dysfunktionen. Was viele heute noch als den Mittelpunkt unserer menschlichen Existenz ansehen, wird eigentlich nicht mehr gebraucht. Und wir beide wissen, dass die fehlende Funktion einer Eigenschaft naturgemäß deren Untergang zur Folge hat, denn in der Natur gibt es nichts Überflüssiges. Und vielleicht sind Sie die nächste Stufe des Menschen, Rick. Haben Sie in einem stillen Moment jemals darüber nachgedacht? Vielleicht sind Sie im Vergleich zu diesem Lang das, was der erste aufrecht gehende Mensch im Vergleich zum gebückten, sabbernden Menschenaffen war. Eine Art Gott. Ein Prototyp, der sitzet zur Rechten der Natur. Ein Mann der Zukunft.
    RICK: Vielen Dank, aber ich glaube, ich wäre trotzdem lieber ein sabbernder Menschenaffe.
    JAY: Und warum?
    RICK: Raten Sie mal.
    JAY: Es muss mit Lenore zu tun haben.
    Schweigen seitens Rick.
    JAY: Rick, ich frage Sie auf die freundlichste und diplomatischste Weise, die sich denken lässt: Glauben Sie wirklich, Sie sind das, was Lenore sich wünscht? Das, was sie wirklich braucht?
    RICK: Wir lieben uns.
    JAY: Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Wir beide wissen, dass Lenore zwar ein wundervolles, aber auch nicht wenig gestörtes Mädchen ist. Helfen Sie ihr? Kümmern Sie ihre Bedürfnisse? Sind Sie einer exklusiven, erwachsenen Liebe fähig, die sich zuallererst auf die Bedürfnisse und Interessen des Partners konzentriert?
    RICK: Ich glaube jedenfalls, dass jemand wie Lang bestimmt nicht der ist, den sie braucht.
    JAY: Wer hat behauptet, sie brauchte jemanden wie Lang? Wir reden hier über Sie.
    RICK: Ich möchte aber lieber über Lenore reden.
    JAY: Gut, dass Sie das sagen. Es handelt sich also um zwei verschiedene Themen. Nicht wahr, das erkennen Sie an? Das Thema Lenore ist nicht identisch mit dem Thema Sie.
    RICK: Und? Was stimmt daran nicht?
    JAY: Gar nichts. Es war eine einfache Feststellung. Sie und l.enore sind verschieden. Ihre Beziehungssysteme mögen sich überschneiden, aber es handelt sich immer noch um zwei

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