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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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nicht?«
    »Soll ich die Cops holen, Wanger?«
    »Wäre sie nicht dreidimensional, hätten die Handschellen nie gehalten. Interessant, nicht wahr? Eine dreidimensionale Hülle.«
    »Ich glaube, Lenore, unser R. V. hat sie nicht mehr alle auf der Latte.«
    »Rick.«
    »Ja, da werden wir sein. So gigantisch, dass sich der Himmel davon nähren wird, siehst du das nicht? Und wessen Schuld ist das?«
    »Ach, Rick. Um Schuld geht es doch nicht.«
    »Genau. Genau. Es ist niemandes Schuld. Wir sind uns also einig.«
    »Rick...«
    »Lenore, Babe, du bedeutest mir etwas. Wirklich. Es ist mir egal, wer alles davon weiß. Du bedeutest mir etwas als Mensch. Da kann R. V. noch so sehr mit Dreck werfen. Jetzt gehörst du mir. Es ist mir egal, ob die ganze Welt davon weiß. He, alle mal herhören: Diese kleine Lady hier bedeutet mir etwas.«
    »Wir aber schweben am Himmel. Wir können dich nicht hören.«
    »Fick dich selber, R. V. Hör zu, Lenore, bevor wir hier Wurzeln schlagen, reiße ich die Kette auseinander, okay? Das geht. Und keine Angst, Babe, so etwas habe ich schon öfter gemacht.«
    »Okay, dann versuch es. Mach nur. Wir werden ja sehen, ob es klappt.«
    »Soll ich wirklich, Lenore?«
    »…«
    »Bist du bereit?«
│19│   1990
    Um dieselbe Zeit am Abend zuvor hatte Lenore Beadsman vor Andrew Sealander Lang geweint. Es war das erste Mal, dass sie überhaupt vor jemandem weinte.
    Rick Vigorous hatte schon vor vielen Leuten geweint.
│20│   1990
    Die Unordnung in der Lobby des Bombardini Building wurde wiederhergestellt, als Lenore Beadsman in einem Zustand nie gekannten Angestunkenseins in die gemeinsame Bombardini/F&V-Telefonzentrale stürmte, um ihre persönlichen Sachen abzuholen.
    In der Zentrale saß Candy Mandible, die kurz für Mindy Metalman eingesprungen war, die man auf Ricks Weisung als Aushilfstelefonistin eingestellt hatte. Die Tagschicht an diesem Samstag war ihr erster Dienst überhaupt, doch war es ihr endlich gelungen, Dr. Martin Tissaw zu kontaktieren, den Kieferchirurgen und Vermieter von Lenores Wohnung. In der Mittagspause war sie dann nach East Corinth gefahren, um mit ihm über »Vögel, Wunder, Träume und Professionalisierung, aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge« zu sprechen, wie sie zu Candy sagte, als diese sie ablöste. Mindys Anruf hatte Candy im Haus von Nick Allied in Shaker Heights erreicht, wo Candy eine ganze Nacht auf Allied gewartet hatte, der um zwölf von einer Produktprüfungsreise in Begleitung mit seiner Stenotypistin zurück sein wollte. Aber er war nicht gekommen und hatte auch nicht angerufen.
    Bereits vor Eintreffen von Lang und Lenore war Candy also einer Reihe von Belastungen ausgesetzt. Zum Beispiel Judith Prietht, die zwar frei hatte, weil die Bombardini-Zentrale übers Wochenende nicht besetzt war, doch zumindest an den Samstagen gern vorbeikam, um im Gedudel ihres Radios formlose Pullover zu stricken und zuzusehen, wie die Erieview-Schatten die Wände entlangkrochen. Heute hatte sie sogar ihre Katze mitgebracht, die sie Candy aus nahe liegenden Gründe auch sogleich vorstellen wollte. Also hing Judith vor Candys Tresen herum, die Katze auf dem Arm, und ging Candy mit ihrer falschen Freundlichkeit auf die Nerven, vor allem weil dahinter immer ihr eigentliches Begehr durchschimmerte: Katzensegen, Autogramm, Partner-Club. Ihre neuste Idee: Reverend Hart Lee Sykes sollte dem Kater – er hieß übrigens Champ und war das fetteste Biest, das Candy je gesehen hatte – einen persönlichen Segen erteilen, via Fernsehschirm, und der Kater sollte dabei seine fette Tatze auf die Mattscheibe legen. Judith sagte Candy, der personalisierte Segen mittels Bildschirmberührung sei fester Bestandteil einer jeden Sendung, da der Reverend die Meinung vertrat, dies sei theologisch wie ökonomisch ein wichtiger und richtiger Schritt in Richtung Sykes-Zuschauer-Bindung.
    Und dann war da noch die Sache mit Clint Roxbee-Cox, der am vergangenen Abend ewig bei Nick, sprich Candy angerufen, aber nichts gesagt hatte, ebenso wie jetzt in der F&V-Zentrale, und das, obschon es viele Anrufe erforderte, überhaupt durchzukommen, denn die Lage an der Telefonfront war so prekär wie nie. Mindy war noch zu frisch, als dass sie die Situation hätte sonderlich aufregen können, aber Candy hatte endgültig die Nase voll. Nicht nur gingen dauernd fehlgeleitete Anrufe ein, siehe die Zoohandlung, siehe die Abschleppfirma, die sich offenbar beide nicht über mangelnden Kundenverkehr zu beklagen

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