Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
Vom Netzwerk:
Schnurrbart. Die Maus trägt einen verwaschenen mexikanischen Poncho.
    »Ich habe ein Zimmer reserviert«, sage ich.
    » Si «, sagt die Maus.
    Die Maus führt mich durch ein Loch in der Wand (schnapp es dir, Jay, und erstick dran) zu einem ausgesprochen schönen Zimmer mit Aircondition. Trotzdem frage ich sicherheitshalber nach.
    »Sie haben doch hier keine Kakerlaken?«, frage ich.
    Die Maus sieht mich an. » Señor «, sagt die Maus, »wenn du machst Caca auf meine Laken, dann ich dich umbringen.«
    Darüber müssen wir beide lachen, und die Maus knufft mich am Arm.
│g│
    »Guten Morgen.«
    »Guten Morgen. Wie geht es Ihnen heute Morgen?«
    »Hervorragend, danke, Patrice. Sollen wir anfangen?«
    »Au fein.«
    »Höre ich da einen sarkastischen Ton?«
    »Aber nein.«
    »Wie heißt du?«
    »Ich heiße Patrice LaVache.«
    »Wie lautet dein Ehename?«
    »Mein Ehename lautet Patrice Beadsman.«
    »Wie alt bist du?«
    »Ich bin fünfzig Jahre alt.«
    »Wo wohnst du?«
    »Ich wohne in einem Sanatorium in Madison, Wisconsin.«
    »Wie heißt das Sanatorium?«
    »...«
    »Wem siehst du ähnlich?«
    »Ich sehe John Lennon ähnlich.«
    »Warum?«
    »Ich habe relativ scharfe Gesichtszüge, ich habe eine runde John-Lennon-Brille und braune Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden sind.«
    »Warum bist du hier?«
    »...«
    »Warum bist du hier?«
    »Weil ich es so will.«
    »Wie lange bist du schon hier?«
    »Viele Jahre.«
    »Was siehst du?«
    »Ich sehe ein Blumengitter an einer Wand, eine Art Spalier, das ich erklimmen muss.«
    »Was stimmt mit diesem Spalier nicht?«
    »Gebot West vier Herzen.«
    »Was stimmt mit dem Spalier nicht?«
    »Das Spalier ist weiß, die Kletterpflanzen haben Dornen. Sie kratzen an meinem Bauch, und mein Bauch ist dick.«
    »Was stimmt mit dem Spalier nicht?«
    »Ganz oben, kurz unterhalb des Fensters, ist eine Latte gebrochen, das Spalier löst sich von der Wand und kracht zusammen, und wenn es zusammenbricht, reißen die Kletterpflanzen und bluten.«
    »Wie hoch?«
    »Dürfte ich Atem holen, bitte?«
    »Ja.«
    »...«
    »Wie hoch?«
    »Etwa so hoch wie ... die Sonne. Die Frage ist sehr schwierig.«
    »Wo tust du dir weh?«
    »An meinem Rücken. An meinem Schlüsselbein. Es ist wie eine aufgeplatzte Blase. Zwischen den Blumen gebar ich eine Blase.«
    »Wie tief bist du gestürzt?«
    »...«
    »...«
    »Viele Jahre.«
    »Hast du dich verletzt?«
    »Ja.«
    »Was willst du?«
    »Bestraf mich, bitte.«
    »Dann sag mir, wofür du bestraft werden willst.«
    »Dafür, dass ich das Spalier hochgeklettert und runtergefallen bin, dafür, dass ich atme.«
    »Wer war oben auf dem Spalier?«
    »Dürfte ich bitte atmen?«
    »Ja.«
    »...«
    »Wer war oben auf dem Spalier?«
    »Ein Fenster.«
    »Wessen Fenster?«
    »Das von John und Lenore. Das von Clarice. Das von Lenore.«
    »Lenore stand in dem Fenster?«
    »Es brach durch.«
    »Du sprichst von dem Spalier?«
    »Ja.«
    »Wer war bei Lenore?«
    »Ich muss atmen.«
    »Dann atme. Atme. Hier, ich wische dir die Lippen ab.«
    »Danke. Bei Lenore war Lenores Kindermädchen.«
    »Und wie hieß sie?«
    »Den Namen von Lenores Kindermädchen weiß ich nicht.«
    »Und wer war der Gefangene?«
    »Bestraf mich, bitte.«
    »War Lenore die Gefangene?«
    »Ich würde so gern wieder atmen.«
    »War Lenore die Gefangene?«
    »Mein Sohn im Süden ist in großer Not. Größer und höher als das Spalier im Süden. Mit Krankheit geschlagen aus der Ferne. Mein Sohn verbrennt an einem weißen Ort. Die Augen meines Sohnes sind inzwischen weiß. In diesem Spiel braucht er etwas, das ihn schwarz macht. Schnitt.«
    »Ruhig durchatmen, Patrice.«
    »Ich kann nicht.«
    »Doch, du kannst. Du kannst. Sieh dir selbst beim Atmen zu, Patrice.«
    »...«
    »War Lenore die Gefangene?«
    »Nein, sie war nicht... die Gefangene.«
    »Warum nicht?«
    »Gott.«
    »Warum nicht?«
    »Mein Sohn.«
    »Wer war der Gefangene, Patrice?«
    »...«
    »Wer war der Gefangene, Patrice?«
    »...«
    »...«
    »Guten Morgen, wie geht es Ihnen heute Morgen?«
│h│
    AUSZUGSWEISE MITSCHRIFT DER THERAPIESITZUNG, DONNERSTAG, 26. AUGUST 1990, IN DER PRAXIS VON DR. CURTIS JAY, PH.D. TEILNEHMER: DR. CURTIS JAY UND MR. RICK VIGOROUS, ALTER: 42, PAT.-NR. 744-25-4291.
    DR. JAY: Böser Traum.
    RICK VIGOROUS: Da sagen Sie was.
    JAY: Und schon wieder Mäuse.
    RICK: Ich kann Mäuse nicht ausstehen.
    JAY: Ja?
    RICK: Ja.
    JAY: Könnten wir kurz darstellen, warum?
    RICK: Mäuse sind klein, weich und schwach. Mäuse

Weitere Kostenlose Bücher