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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Gilligan-Stunt hinzulegen. Beliebt war ein Ausrutscher in einer Pfütze Banana Daiquiri, bei dem er sich versehentlich den Daumen ins Auge rammte. Die Kenner unter der Gästeschaft riefen dann wie aus einem Mund: »Aua, Gilligan«, und klatschten.
    Mr. Bloemker saß, dem Fenster zugewandt, im hinteren Teil, etwa in Höhe von Mary-Anns linker Hand. Mit ihm am Tisch eine ungewöhnlich schöne Frau in einem schimmernden Kleid, die mit leerem Blick vor sich hin starrte. Lenore sah die beiden von draußen, betrat die Bar und ging auf sie zu.
    »Hi, Mr. Bloemker«, sagte sie.
    Mr. Bloemker zuckte zusammen. »Ms. Beadsman.«
    »Hi.«
    »Hallo. So ein Zufall …«, sagte Mr. Bloemker, doch seine Reaktion blieb merkwürdig, nicht zuletzt, weil er sofort ein Stück von der Schönen abrückte, die direkt neben ihm saß, und näher an die Hand von Mary-Ann rutschte.
    »Gar nicht. Das Büro von Frequent & Vigorous ist gleich dort im Bombardini Building«, sagte Lenore. »Sie können es von hier aus sogar sehen, links im Fenster, das Gebäude, wo die Lichter brennen.«
    »Ach.«
    »Hi, ich bin Lenore Beadsman. Mr. Bloemker und ich, wir kennen uns«, sagte Lenore zu der Schönen.
    Die schöne Frau sagte nichts darauf, sondern starrte unverwandt vor sich hin.
    »Lenore Beadsman, das ist Brenda. Brenda, darf ich vorstellen: Ms. Lenore Beadsman«, sagte Mr. Bloemker mit den Fingern im Bart. Vor Mr. Bloemker und Brenda standen Drinks in geschlossenen Kunststoffbechern, die einer Ananas nachempfunden waren und aus denen je ein Strohhalm ragte.
    »Hi«, sagte Lenore zu Brenda.
    »...«
    »Aber nehmen Sie doch Platz«, sagte Mr. Bloemker.
    Lenore setzte sich. »Alles okay mit Brenda?«
    »Bitte kümmern Sie sich nicht um Brenda. Brenda ist sehr schüchtern«, sagte Mr. Bloemker. Seine Stimme klang schleppend, offenbar hatte er getrunken. Die Wangen über den Bart-Tentakeln waren gerötet, seine Nase glänzte, die Brille war leicht beschlagen, und seine Haare waren ungekämmt. Eine große obszöne Superman-Tolle hing ihm in die Stirn wie ein riesiges Komma.
    »Ich habe versucht, Sie anzurufen«, sagte Lenore, »aber Sie waren nicht da, und mehr als einmal habe ich es auch nicht geschafft, weil wir wegen der Störung permanent überlastet waren.«
    »Ja, es war ein anstrengender Tag.«
    »Meinen Vater habe ich leider auch nicht erreicht, er war gar nicht da. Er ist verreist und mehr oder weniger unerreichbar.«
    »Ja.«
    »Aber sobald er wieder im Lande ist ...«
    »Gut.«
    »Ich weiß gar nicht, ob das jetzt eine gute oder eine schlechte Nachricht ist, aber anscheinend halten sich Lenore und Mrs. Yingst und die andere Patienten immer noch in Cleveland auf. Ich habe Mrs. Yingsts Gehwagen in meiner Wohnung gefunden, vorher war er noch nicht da. Außerdem hat sie mir über meinen Vogel eine Nachricht hinterlassen, mein Vogel kann nämlich auf einmal sprechen.«
    »Ihr Vogel kann auf einmal sprechen?«
    »Ja. Bedauerlicherweise nur versaute Sachen.«
    »Verstehe.«
    »Ehrlich gesagt, ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass ihm Mrs. Yingst LSD gegeben hat.«
    »Also ich glaube ja nicht, dass Mrs. Yingst so etwas tun würde.«
    »Aber irgendetwas geht da vor. Warum treiben sich all die Patienten in Cleveland herum, melden sich nicht und haben offensichtlich sogar Personal und deren Familie in die Sache hineingezogen?«
    »Hausbewohner.«
    »Hausbewohner, Entschuldigung.« Lenore schaute auf Brenda. »Sagen Sie, sind Sie sicher, dass Brenda nicht doch etwas hat? Seit ich hier bin, hat sie sich kein einziges Mal bewegt.« Aus ihren schönen Augen starrte Brenda weiter vor sich hin.
    Mr. Bloemker sah Lenore mit glasigem Blick an. »Bitte«, sagte er, »am besten, Sie kümmern sich überhaupt nicht um Brenda. Bei Fremden dauert es immer eine Weile, bis sie auftaut.« Er schaute müde auf seine Ananas und spielte mit dem Strohhalm. »Hausbewohner. Wir sagen Hausbewohner, nicht Patienten. Es war meine Initiative, denn wir in Shaker Heights bemühen uns, den medizinischen Aspekt des Aufenthalts in der Einrichtung nach Möglichkeit nicht in den Vordergrund zu schieben. Wir versuchen, jeden Hinweis auf Krankheit oder auch nur die Bedeutsamkeit von Krankheit zu minimieren. Allerdings ohne großen Erfolg, fürchte ich.«
    »Klar.«
    Im Hintergrund jaulte erst etwas auf, dann krachte es, dann klirrte es, als ginge etwas zu Bruch. Der Barmann hing quer über der Theke mit dem Kopf in einem Palmkübel. Seine weißbehosten Beine zappelten, und auf dem

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