Der Bestseller
unser Herbstprogramm an. Dann machte ich einen Rundgang, um zu sehen, was die Konkurrenz zu bieten hatte.
Anschließend machte ich mich auf den Weg zu den Signiertischen am hinteren Ende der Halle und hielt Ausschau nach Herbert Poole.
Er war damit beschäftigt, Exemplare seines Buches zu signieren, die ihm von einer jungen Verlagsangestellten und seiner Agentin Kay McIntire gereicht wurden. Vor dem Tisch standen Buchhändler in einer langen Schlange an.
Ich fing Kay McIntires Blick auf und winkte ihr. Sie winkte zurück und bedeutete mir, ich solle ein Stück weitergehen. Kurz darauf kam sie zu mir.
»Guten Morgen, Nick«, sagte sie. »Ich nehme an, Sie sind nicht hier, um sich ein Autogramm zu holen.«
Ich lächelte — schüchtern, wie ich hoffte. »Nur, wenn es unter einem Vertrag steht«, sagte ich.
»Ach, ja?«
»Ich habe gehört, daß Poole eventuell einen Kriminalroman schreiben möchte. Wenn das stimmt, möchte ich mit Ihnen über ein Geschäft reden.«
Kay ist eine der ehrlichsten Agentinnen, die ich kenne, und mit Sicherheit die attraktivste. Wir sind seit Jahren miteinander befreundet, und wenn es in meinem Leben nicht Margo gäbe, würde ich sicher von einer Romanze mit Kay träumen. Einmal, als wir zu dritt im Players Club zu Abend aßen, trat Hartley Reed, der geniale Werbefachmann, der zu meinen Autoren gehört, an unseren Tisch, nahm Kays Hand und sagte: »Sie sind die schönste Frau in diesem Raum, und ich muß einfach Ihren Namen wissen.«
Später, im Grill Room des Clubs, kam Reed zu mir und bat darum, nein, verlangte geradezu, daß ich ihm die Möglichkeit verschaffte, sie wiederzusehen. »Arrangieren Sie eine Verabredung zum Mittagessen«, sagte er. »In einem Restaurant Ihrer Wahl. Wie wär’s mit La Grenouille?«
Ich wußte, daß Hartley sehr verheiratet war, und zwar seit über dreißig Jahren. »Sie spielen mit dem Gedanken, das Reservat zu verlassen?« fragte ich ihn.
»Mein Freund«, antwortete er mit tiefer, feierlicher Stimme, »ich habe nie im Reservat gelebt.«
Diese Verabredung kam jedoch nicht zustande, weil... aber das ist eine andere Geschichte. Im Augenblick betrachtete ich Kay ausschließlich als Agentin.
»Wie sieht’s aus, Kay? Ist Poole bereit, das Lager zu wechseln?«
»Sie wissen, daß ich einem Autor niemals empfehlen würde, seinen Verlag zu verlassen«, sagte sie, »es sei denn, dieser Verlag wäre aus irgendeinem Grund nicht gut für ihn.«
»Aber wenn er einen Kriminalroman schreiben will...«
»Auch das würde ich ihm nicht empfehlen«, sagte Kay und wählte ihre Worte mit Bedacht. »Ich bin mir nicht sicher, ob er sich wirklich so abrupt einem neuen Genre zuwenden sollte. Die Leser erwarten von ihm, daß er auf Pan im Zwielicht ... tja, Pan im Zwielicht II folgen läßt.«
»Dann habe ich mich also geirrt?«
»Hmmm«, sagte sie, »nicht ganz. Aber es ist mit Sicherheit noch zu früh, um über einen Vertrag zu sprechen, Nick. Viel zu früh.«
Ich sah wieder zum Signiertisch. Poole schrieb, lächelte, beugte sich vor, um sich nach dem Namen des Empfängers zu erkundigen, und murmelte hin und wieder eine Bemerkung. Er wirkte jünger, als ich ihn mir vorgestellt hatte: Er hatte volles, gelocktes blondes Haar und ein schmales, braungebranntes Gesicht. Die Art von Autor, die auf Fotos und im Fernsehen eine gute Figur macht und zu Recht als Sexobjekt gelten kann, ganz unabhängig von dem, wie und was er schreibt.
Er signierte Bücher für die Wartenden — meist Frauen — und sah aus, als gäbe es keinen Ort auf der Welt, wo er lieber gewesen wäre als hier. Er schrieb und schrieb und riskierte einen Schreibkrampf, nur um sein treues Publikum zufriedenzustellen. Eine junge Frau in Shorts und T-Shirt hatte ein Baby auf dem Arm. Poole beugte sich vor, und ich dachte: >Mein Gott, er wird es doch nicht küssen?< — doch er kitzelte es nur unter dem Kinn.
»Ich verstehe«, sagte ich. »Könnten wir drei heute abend zusammen essen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es gibt Interesse an den Filmrechten, und der Interessent« — sie nannte einen bekannten Hollywood-Produzenten — »ist heute abend in Washington, aber wenn es soweit ist, werde ich mich bei Ihnen melden. Sie wissen, daß ich Barlow & Company bewundere, Nick.«
»Das freut mich zu hören.«
»Und Sie sind auch nicht so schlecht«, fügte sie hinzu. »Für einen Löwen.«
Ich fand es irritierend, daß eine so ausgekochte Agentin wie Kay eine Anhängerin von Astrologie und New Age sein konnte,
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