Der Bestseller
für kreatives Schreiben war. Ein Scheißjob — als könnte man jemandem beibringen, wie man kreativ schreibt.«
Ich nickte.
»Und Ihr Foxcroft ist anscheinend ein Busenfreund — oder wohl eher ein Arschlochfreund — von Larry Peterson, dem Dekan der Fakultät für englische Literatur. Was Foxcroft gemacht hat? Er hat Peterson überredet, mich rauszuschmeißen und meine Kurse einer kleinen Freundin von Foxcroft zu geben.« Er schüttelte den Kopf, als wollte er den Gedanken daran vertreiben, und in seinen Augen sah ich Tränen. Er nannte den Namen einer Kurzgeschichtenautorin, die eine Menge geschrieben hatte und im Augenblick in Mode war.
»Tut mir leid, das zu hören, Fred, verdammt leid sogar.«
»Aus und vorbei«, sagte er, und jetzt war seine Stimme so leise, daß ich ihn kaum verstehen konnte. »Abserviert von einem Wichser namens Parker Foxcroft.«
Ich überlegte, ob ich ihm sagen sollte, daß wir uns über den verstorbenen Parker Foxcroft unterhielten. Vielleicht würde das Drews Laune heben, auch wenn es ihm nicht seinen Posten zurückgab. Aus irgendeinem Grund, den ich selbst nicht begriff, sagte ich nichts.
»Nick«, sagte Drew, und Tränen rannen ihm über die Wangen, »ich hab mit diesem Job meine Brötchen verdient. Und ich hab noch zwei weitere Mäuler zu stopfen. Meine Frau kann nicht arbeiten... und... ach, Scheiße, was soll ich denn jetzt tun?«
Ich glaube, es gibt kaum einen Anblick, der so schwer zu ertragen ist wie der eines erwachsenen Mannes, der weint — und wenn dieser Mann nicht ein enger Freund ist, dann ist es noch schwerer. Ich hatte allen Grund, Mitgefühl für Frederick Drew zu empfinden, und keinen Grund, um Parker Foxcroft zu trauern, aber die Männer meiner Generation und Gesellschaffsschicht — wenn dieses Wort nicht zu pompös klingt — sind zu jungen Stoikern erzogen worden. Wir haben gelernt, die Tränen und das Schluchzen zu unterdrücken und unsere Qualen zu verbergen wie der Spartaner, von dem es heißt, er habe nicht einmal, als ein Fuchs seine Gedärme fraß, Zeichen von Schmerz gezeigt.
Drew zog ein Taschentuch hervor und wischte sich über die Augen. »Eines Tages... irgendwie... wird er dafür bezahlen«, sagte er.
>Amen<, dachte ich. >Selah — was immer das heißt.<
9
A ndere Sünden sprechen nur«, schrieb John Webster in Die Tragödie von der Herzogin von Amalfi, »doch Mord schreit auf.«
Ich mußte ihm zustimmen. Wenn einer meiner Krimiautoren ein Buch abliefert, in dem kein Mord vorkommt, fange ich gleich an, mir Sorgen zu machen. In einem Kriminalroman erwarten die Leser einen Mord; kein anderes Verbrechen ist so populär und so reizvoll. Mit einem Wort: Mit Mord verkauft man Bücher.
Doch wenn der Mord sozusagen in meinen eigenen vier Wänden geschehen ist, wäre es mir ganz recht, wenn der Aufschrei ein wenig leiser ausfallen würde.
Am nächsten Morgen war das erste Problem, mit dem ich mich befassen mußte, die Presse. Normalerweise ist mir Publicity willkommen, solange sie wohlwollend oder wenigstens nicht boshaft ist. In diesem Fall aber blieb meine Tür für die Reporter und Kameraleute verschlossen, die in der Eingangshalle warteten und auf ein Interview hofften. Ich lehnte höflich ab. Hannah Stein, meine Sekretärin, war beauftragt, allen, die es wissen wollten, zu sagen, ich hätte zu dieser Angelegenheit nichts zu sagen. Ich konnte mir die Krokodilstränen, die in einer solchen Situation wahrscheinlich angebracht waren, einfach nicht abringen. Ich hatte Parker nicht sehr gemocht, doch Heuchelei mochte ich noch viel weniger. Sollten sie denken, sein Tod habe mir die Sprache verschlagen.
Die Polizei war natürlich ebenfalls da. Und natürlich wandten sich die Reporter schließlich an die Beamten, die, da sie gute Staatsdiener waren, auch gleich die Neugier der Fernsehleute befriedigten. Ich dagegen ließ so bald wie möglich Sidney Leopold zu mir kommen. Er trat durch die Seitentür in mein Zimmer. Seine Augen glänzten wie immer, und seine braunen Locken sahen noch zerzauster aus als sonst.
»Nick«, sagte er, hob die Hand und winkte zur Begrüßung, »w-was ist hier l-los? Ü-Überall Leute und K-Kame-ras und Polizei.«
Ich erzählte ihm die schlechte Nachricht. »Oh, G-Gott«, sagte er und sank in den Besuchersessel. »Oh, Gott! «
»Keine Angst, Sidney. Du kannst doch sicher sagen, wo du gestern abend warst, oder?«
Er wurde noch etwas blasser. »Ich war den g-ganzen Abend allein zu Hause.«
»Dann hast du also kein
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