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Der Bestseller

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Titel: Der Bestseller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Carter
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einen Agenten, sondern durch die Autorin selbst angeboten wurde. Es wurde immer besser. Einer meiner Kollegen hat hinter seinem Schreibtisch ein Sticktuch hängen, auf dem steht: »Was für den Hals ein Messer, ist für den Verleger ein Agent.« Ich glaube, die meisten Verleger würden dieser Aussage zustimmen.
    »Wer ist die Autorin?«
    »Es ist eine F-Frau...«
    »Das will ich hoffen.«
    Er überhörte meinen flauen Witz. »...n-namens Sarah Goodall.«
    »Und was haben wir? Exposé und ein paar Kapitel? Ein komplettes Manuskript?«
    »M-Manuskript«, sagte Sidney mit einem tiefen Seufzer. Ein paar Sätze hintereinander zu sprechen muß für ihn so sein wie für die meisten anderen ein Marathonlauf. Und ich weiß, daß Sidney am New York Marathon teilgenommen hat.
    »Gib es mir, bitte, Sidney«, sagte ich, »bevor ich zusammenbreche und anfange zu weinen.«
    Er gab es mir, und ich brach nicht zusammen. Ich steckte das beruhigend umfangreiche Manuskript in meinen Aktenkoffer und machte mich in dem Wissen, daß für meine Bettlektüre gesorgt war, auf den Weg nach Hause.
    In mein kapitalistisches Verlegerherz zog wieder Hoffnung ein.

10

    M ein Zuhause ist ein Stadthaus am Gramercy Park 2. Es steht an der Westseite des Parks. Der Block ist nicht unverändert geblieben, oder anders ausgedrückt: Nicht alle Häuser, die dort stehen, sind historische Gebäude, doch meines gehört mit Sicherheit dazu. Es ist ungefähr 1885 errichtet worden. Ich ging zu Fuß vom Verlag nach Hause und blieb, wie schon so off, davor stehen, um seine architektonische Linie zu bewundern. Die Vordertür, die früher in einer Front mit der Fassade war, ist durch einen zurückgesetzten Eingang ersetzt worden, doch sonst ist nichts verändert worden. Das weiß ich, weil ich alte Fotografien des Hauses gesehen habe. Wie der Players Club wurde auch dieses Haus am Gramercy Park von Stanford White vom berühmten Architekturbüro McKim, Mead & White entworfen. Die Fassade ist aus pfirsichfarbenem Kalkstein, und in der ersten und zweiten Etage befinden sich je zwei große Fenster, während in der dritten Etage, wo es auch eine kleine Terrasse gibt, ein rundes Fenster ist. Das Dach habe ich teilweise zu einer Terrasse umbauen lassen, wo ich bei schönem Wetter in der Sonne liegen oder Cocktails und einen kleinen Imbiß servieren kann. Allen Unkenrufen zum Trotz gibt es in New York nämlich sehr wohl herrliche Tage. Jemand hat mal geschrieben, daß Manhattan, wenn es nicht über einen so idealen natürlichen Hafen verfügen würde und deswegen zum Handelszentrum geradezu prädestiniert wäre, infolge seines Klimas vielleicht zu einem Erholungsgebiet wie Hilton Head oder Fire Island geworden wäre. Leider gibt es auch Tage, an denen es windiger ist, als es in Chicago je sein kann, und dann ist meine Dachterrasse unbenutzbar.
    Auch drinnen findet vieles meine Bewunderung, angefangen bei der langen, schwarzweiß gefliesten Eingangshalle, der steilen Treppe aus Hartholz, der unverändert gebliebenen, weiß gekalkten Backsteinwand zur Linken und dem langen, breiten und hohen Wohnzimmer zur Rechten. Diesen Raum habe ich geschaffen, nachdem ich das Haus gekauft hatte, indem ich eine Wand zwischen zwei Salons einreißen ließ, von denen der eine zweifellos das Herrenzimmer gewesen war, wo man Zigarren rauchen, Brandy trinken und über Politik reden konnte, während der andere der Salon für die Damen gewesen war, wo sie plaudern und sticken und tun konnten, was Damen der Gesellschaft im neunzehnten Jahrhundert eben so taten. Durch eine zweiteilige Schiebetür tritt man in ein großes Eßzimmer, in dem es, wie im Wohnzimmer, einen Kamin gibt. Dann kommt die Küche, die natürlich modern eingerichtet ist, aber über Messingarmaturen, einen großen Hackblock in der Mitte, aufgehängte Kupfertöpfe, zwei große Backöfen und einen Mikrowellenherd verfügt. Dies ist das Reich meiner Köchin Pepita, die hier ihre Wunder vollbringt. Hinter dem Haus liegt ein von Mauern umfriedeter, gepflegter Garten mit einem Springbrunnen, einem Teich mit japanischen Karpfen und Goldfischen und einer Sonnenuhr. In den oberen Etagen befinden sich, wie nicht anders zu erwarten, die Schlafzimmer, eine Suite für Pepita und ihren Mann Oscar, ein kleineres Wohnzimmer, Bäder und Toiletten — das übliche eben.
    Ich weiß, daß diese Beschreibung prätentiös, ja vielleicht sogar protzig klingt. Ich empfinde es nicht so. Ich bin in Stadthäusern in Manhattan gewesen, die über

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