Der Bestseller
Alibi.«
»Du d-denkst doch w-wohl nicht, daß... daß ich...«
»Natürlich nicht, Sidney. Du hattest ja auch gar keinen Grund, ihm den Tod zu wünschen.«
»Ich fand, d-daß er ein Arschloch war, a-aber wenn ich jedes Arschloch, das ich k-kenne, umbringen würde, w-wäre ich ein Massenmörder.«
»Genauso geht’s mir auch.«
Das Telefon summte leise. Ich nahm den Hörer ab. »Ja, Hannah?«
»Lieutenant Hatcher möchte Sie sprechen, Nick.«
»Er sieht nicht so gut aus wie Joe Scanlon, finden Sie nicht auch?« Scanlon war ein Beamter der New Yorker Kriminalpolizei, der sich vom Dienst hatte freistellen lassen, um für Barlow & Company ein Buch zu schreiben.
»Dazu möchte ich mich jetzt nicht äußern.«
»Schicken Sie ihn rein.«
Hatcher trat schwungvoll ein und kam gleich zur Sache. Hannah hatte ihm die Tür aufgehalten und wollte wieder gehen, doch ich gab ihr ein Zeichen, sie solle bleiben.
»Ich muß mit Ihren Mitarbeitern sprechen, Mr. Barlow. Könnten Sie...«
»Am Ende des Korridors ist ein Konferenzraum, Lieutenant. Hannah, würden Sie ihn Lieutenant Hatcher bitte zeigen? Wahrscheinlich hat er auch an Sie ein paar Fragen.«
»Genau«, sagte Hatcher. »Und dann schicken Sie mir bitte die übrigen Mitarbeiter, einen nach dem anderen.«
»Hannah wird sich darum kümmern.« Ich wandte mich an Sidney. »Du hast doch sicher nichts dagegen, der erste zu sein, oder?«
Er zuckte die Schultern.
Ich hatte das Gefühl, daß im Verlag an diesem Tag nicht viel gearbeitet werden würde, und schlug meinen Terminkalender auf. Unter Mittwoch, 1. Juni, 14 Uhr, war »Bank« eingetragen. Aufgespießt von den Hörnern des Dilemmas, stöhnte ich innerlich auf, griff zum Telefonhörer und wählte Mort Mandelbaums Nummer.
»Wegen unserem Banktermin, Mort«, sagte ich.
»Richtig, um zwei.«
»Sie müssen einen anderen Termin vereinbaren.«
»Was? Aber... wir haben einen Notfall.«
»Das ist mir klar. Aber schließlich ist Parker Foxcroft umgebracht worden, und ich finde, die Polizei verdient im Augenblick den größeren Teil unserer Aufmerksamkeit. Und... Morty?«
»Ja?«
»Wie sieht’s mit Ihrem Alibi aus?«
Erschrockenes Schweigen, ein bißchen Gestotter — dann wurde der Hörer aufgelegt.
Kurz nach der Mittagspause nahmen sich die Inquisitoren mich vor.
»Der Lieutenant möchte mit Ihnen sprechen«, sagte Hannah. Ich fluchte leise, rückte meine Krawatte zurecht und ging in den Konferenzraum. Hatcher saß, das Kinn in eine Hand gestützt, verdrießlich am Kopfende des Konferenztisches. In der anderen Hand hielt er schreibbereit einen Stift über seinen Notizblock. Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.
»Mr. Barlow.«
»Ja, Lieutenant.«
»Sind Sie sicher, daß Sie mir alles gesagt haben?«
»Eigentlich schon.«
»Hatten Sie nicht kürzlich einen erregten Wortwechsel mit dem Ermordeten, und zwar auf der...« — er sah auf seinen Block — »...auf der ABA , der American Booksellers Association?«
»Ja.«
»Und waren Sie nicht... sagen wir, unglücklich über Mr. Foxcrofts Position in diesem Verlag?«
»Ja, so könnte man sagen.«
»Warum haben Sie das mit keinem Wort erwähnt?«
»Ich dachte, es sei unwichtig.«
Hatcher stand auf und ging einmal durch den ganzen Raum, kehrte jedoch nicht zu seinem Stuhl zurück, sondern lehnte sich an die Tischkante. Es war ganz still.
»Mr. Barlow«, sagte er schließlich, »welches Arrangement hatten Sie mit Foxcroft getroffen? Ich meine, welches finanzielle Arrangement?«
»Er hatte einen Vertrag über ein eigenes Imprint. Vielleicht sollte ich erklären, was ein Imprint ist.«
»Ja«, sagte Hatcher. »Tun Sie das. Bitte.«
Ich sah ihn ebenso durchdringend an wie er mich. »Ich werde es versuchen. Jemand, der über ein eigenes Imprint verfügt, kauft Bücher selbst ein und bringt sie selbständig heraus. Auf dem Buch stehen dann sowohl der Name des Verlages als auch sein eigener Name. Die Arrangements sind natürlich von Verlag zu Verlag verschieden.«
»Mich interessiert nur Ihr Verlag und sein Imprint.«
»Parker Foxcroft hat also seine Autoren selbst unter Vertrag genommen. Ich habe die Verhandlungen, die Vorschüsse, die Herstellung und den Vertrieb der Bücher finanziert. Er verfügte über ein eigenes Konto — das war de facto sein Gehalt — und erhielt Erfolgsprämien, wenn seine Bücher sich gut verkauften.«
Hatcher klappte seinen Notizblock zu und stand auf. »Moment mal«, sagte er. »Warten Sie. Das hört sich so an, als
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