Der Bestseller
werden?«
Er pfiff leise. »Nehmen die denn auch Polizisten auf?«
»Als Autor natürlich, mein Freund. Aber wir hatten auch schon mindestens einen Polizisten unter den Mitgliedern.«
»Und wie geht das? Ich meine: Wie wird man Mitglied?«
»Ich schlage Sie vor, ein zweites Mitglied unterstützt meinen Antrag, und drei andere Mitglieder schreiben Empfehlungsbriefe.«
»Ich weiß nicht, Nick. Mein Verhältnis zu Privatclubs ist ähnlich wie das von Groucho Marx.«
»Aber es gefällt Ihnen hier, oder?«
»Ja, es ist wirklich schön. Und ich bin gerne Ihr Gast. Aber das heißt nicht, daß ich es mir leisten könnte.«
»Dann müssen wir eben einen Bestsellerautor aus Ihnen machen.«
Er grinste. »Barkis is’ bereit.«
Dickens. Das gefiel mir. Binnen kurzem würde er häufiger und eleganter zitieren als Nick Barlow.
Um drei Uhr hatte ich eine Besprechung mit Kay McIntire und Herbert Poole, meiner Großen Weißen Hoffnung. Sie waren pünktlich.
»Haben Sie den Vertrag, Nick?« fragte Kay.
Ich zog einen ansehnlichen Stoß Papier hervor, auf dem unter dem Logo von Barlow & Company — einem »B«, das mit einem Buch unterlegt ist — stand: » Vertrag zwischen dem Verlag Barlow & Company, 18. Straße Ost 18, New York, N. Y. 10003 (nachstehend >der Verlag< genannt) und Herbert E. Poole , c/o Kay McIntire, 77. Straße Ost 177, New York, N. Y. 10020 (nachstehend >der Autor< genannt)...«, gefolgt von seitenlangen Ausführungen in Vertragschinesisch.
» Voici «, sagte ich.
»Kein Nasenring, hoffe ich«, sagte Kay.
»Ich wollte, es wäre einer«, erwiderte ich. Ein »Nasenring« ist der Standardvertrag, den Verlage Autoren anbieten, die von so etwas keine Ahnung haben — ein Vertrag, der in allen Punkten den Verlag begünstigt und bei dem der Autor froh sein kann, daß er überhaupt publiziert wird, von Geld verdienen ganz zu schweigen. »Der Vertrag ist nach den Vorgaben ausgearbeitet worden, die wir ausgehandelt haben.«
Anstatt auf das Wort eines Gentlemans zu vertrauen, bestand Kay darauf, jede Seite des Vertrages und jedes »wenn«, »falls« und »unbeschadet« zu lesen. Das dauerte eine gute halbe Stunde, die Herbert Poole und ich damit verbrachten, einander einzuschätzen. Ich jedenfalls nutzte die Zeit dazu.
Poole war ein gutaussehender Mann — groß, schlank, blond — , den nur sein etwas zu eckiger Unterkiefer und seine ein wenig zu großen Zähne davor bewahrten, ein Adonis zu sein. Er würde eine gute zweite Hauptrolle abgeben — Horatio etwa in Hamlet — , aber nie der Star sein. Doch er war fotogen, das war mir schon auf der ABA aufgefallen, als er Exemplare von Pan im Zwielicht signiert hatte.
Es ist nicht unbedingt erforderlich, daß ein Schriftsteller attraktiv ist, aber es hilft, in der Verlagsbranche wie überall im Leben. Ganz gleich, wohin die Geschichte uns trägt — der Aphorismus, daß man gar nicht zu reich, zu schlank oder zu schön sein kann, wird seine Gültigkeit immer behalten. Jedenfalls glaube ich das.
Schließlich hatte Kay die Prüfung des Vertrages beendet. Sie sah auf und lächelte mich an.
»Hervorragend, Nick«, sagte sie. »Jetzt sind wir im Geschäft.«
Sie reichte Poole den Vertrag, der auf der letzten Seite aufgeschlagen war. Dort stand: »Vorstehenden in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigten Vertrag anerkennen als bindend für sich und ihre Rechtsnachfolger...«
»Unterschreiben Sie, Herbert«, sagte sie, und das tat er. »Und jetzt Sie, Nick«, und ich gehorchte.
Danach drückte ich auf den Rufknopf der Gegensprechanlage. »Bringen Sie ihn rein, Hannah«, sagte ich, und prompt erschien sie mit einem Sektkühler, drei Kelchgläsern und einer Flasche Moët et Chandon.
»Allzeit bereit«, sagte ich. »Das ist die passende Gelegenheit.«
»Ist das üblich?« fragte Poole.
Ich ließ den Korken knallen und sagte: »Nur wenn wir finden, daß wir etwas zu feiern haben.«
Ich schenkte ein, wir stießen an, und ich brachte einen Toast aus: »Auf die Krimiautoren Amerikas und ihr Motto: >Verbrechen zahlt sich nicht genug aus.<«
»Darauf wollen wir trinken«, sagten Kay und Poole im Chor. Auf dem Weg zum Aufzug, außer Hörweite von Poole, beugte Kay sich zu mir und sagte: »Ich habe beschlossen, Ihren Autor Joe Scanlon zu vertreten.« Ihre Diskretion gefiel mir. Kein Schriftsteller hört es gerne, wenn seine Agentin über einen anderen Schriftsteller spricht — jedenfalls nicht, solange die Tinte unter seinem Vertrag noch nicht getrocknet
Weitere Kostenlose Bücher