Der Bestseller
zu wechseln. »Was möchten Sie trinken?«
»Rum und Cola light.«
Cuba Libre. Ich frage mich, ob das tatsächlich noch jemand so nennt. Vielleicht in Miami.
Als ihr Drink und ein kleiner Teller mit Crackern und Käsewürfeln vor uns standen, hob ich mein Glas, stieß mit ihr an und sagte: »Auf die Verwirrung unserer Feinde.«
»Ja, darauf wollen wir trinken.«
»Claire«, sagte ich, »ich freue mich, daß Sie so kurzfristig kommen konnten...«
»Es ist nicht gerade so, daß ich mich vor Verabredungen nicht retten kann.«
»Das wollte ich damit nicht sagen.«
»Ich weiß, ich weiß. Machen Sie nicht so ein geknicktes Gesicht. Wie ein kleiner Junge, der gerade ein Spiel verliert.«
»Entschuldigen Sie. Aber jetzt, wo Sie hier sind, lassen Sie uns über Bücher sprechen. Zum Beispiel über Ihr neues Buch.«
»Über Geschäfte? Hier, in diesen heiligen Hallen?«
Ich spitzte die Lippen und sagte nichts. Sie nahm mehrere kleine Schlucke von ihrem Drink und stellte das Glas mit einem hörbaren Klick! auf den Tisch.
»Ich weiß, wie sehr ihr Männer diesen Club liebt. Euren Spielplatz, euer Refugium aus dem neunzehnten Jahrhundert.«
»Wir haben jetzt auch weibliche Mitglieder«, wandte ich ein. »Sogar eine ganze Menge, und denen scheinen diese heiligen Hallen, wie Sie sie genannt haben, ebenfalls zu gefallen.«
»Nick, Nick, wir wollen uns nicht streiten. Ich bin zu müde, um mich zu streiten. Ich habe den ganzen Tag vor dem Computer gesessen.«
»Ich will mich gar nicht streiten, Claire, wirklich. Lassen Sie uns die Mißverständnisse aus dem Weg räumen. Sie waren Parkers Autorin...«
Sie sah mich an, als hätte ich sie geschlagen. Ihr Gesicht wurde rot vor Wut, ihre Augen funkelten, sie reckte das Kinn vor, und einen Augenblick lang glaubte ich, sie würde mich gleich anzischen wie eine Schlange.
»...aber er war ja nicht der einzige Lektor in New York«, fuhr ich, allen Widerständen zum Trotz, fort.
»Ich will Ihnen etwas sagen, Nick.« Es war nicht unbedingt Gift in ihrer Stimme, aber sie sprach mit beängstigender Ruhe und absoluter Bestimmtheit.
»Ich habe vor ein paar Monaten beschlossen, daß ich nie, nie mehr ein Buch bei Parker Foxcroft oder irgendeinem Verlag, für den er arbeitet, veröffentlichen werde. Selbst wenn das bedeutet, daß ich nie mehr etwas veröffentlichen werde.«
»So sehr haben Sie ihn gehaßt?«
»Ich habe ihn verachtet. Ich habe ihn verabscheut. Ich bin froh, daß er tot ist. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
»Ja, mehr als deutlich genug.« Ich schwieg. Wie sollte es weitergehen? Wie konnte ich dieses Gespräch noch herumreißen? »Claire«, sagte ich, »letztes Wochenende habe ich Harry im Metro North getroffen.«
»Wie sah er aus?« Ihre Stimme, die eben noch entschlossen und verhalten hart geklungen hatte, wurde weicher.
»Schrecklich.«
Sie holte tief Luft, lehnte sich zurück und schüttelte langsam den Kopf.
»Er war derjenige, der gehen wollte«, sagte sie, als wäre ich gar nicht da. »Ich hab ihn nicht rausgeworfen. Er hätte bleiben können. Es war ja vorbei. Ganz und gar vorbei...«
»Es tut mir leid«, war alles, was mir einfiel.
Ihr Gesicht hellte sich auf — jedenfalls gelang ihr eine Art Lächeln. »Jetzt entdecke ich also wieder, wie es ist, in dieser großartigen, schlimmen Stadt allein zu sein.«
»Und wie ist das? In dieser großartigen, schlimmen Stadt?«
»Nicht so großartig — und nicht so schlimm. Glauben Sie mir das?«
»Eigentlich nicht.«
»Gut. Es stimmt nämlich auch nicht. Ich vermisse Harry, diesen liebenswerten Dummkopf. Werden Sie ihm das ausrichten?«
»Natürlich. Noch einen Rum mit Cola?«
»Nein, danke. Ein andermal.«
»Gut. Und, Claire...«
»Ja?«
»Ich werde mich mit Ihrem Agenten in Verbindung setzen. Es ist doch immer noch Bruno Wiley, oder?«
»Ja. Und danke für den Drink, Nick.«
Als sie gegangen war, dachte ich nach. Ich dachte nach und trank etwas, aber hauptsächlich dachte ich nach. Was hatte Harry Bunter im Zug über seine Frau gesagt? Claire ist zu allem fähig. Das Wort, das er betont hatte, war »allem«. Schloß das auch Mord ein? Eines jedenfalls war klar: Sie haßte Parker Foxcroft mit einer reinen, unverfälschten Leidenschaft.
Und ich glaubte zu wissen, warum. Er hatte sie sitzengelassen. Das Ganze erinnerte mich an She done him wrong. Und vielleicht gab es ja auch hier ein Happy-End.
23
A m Freitag verbrachten Herbert Poole und ich den dritten Tag in Parkers Büro,
Weitere Kostenlose Bücher