Der Bienenfresser
Skasa sowieso schon, wie die Sache ausgegangen war. Flucht nach vorn.
»Die Brust ist wirklich am besten«, lobte mein Gast.
Mummelnd fragte er: »Gestohlen, wer war es?«
»Eine junge Frau, deren Namen ich nicht…«
Mein ebenso freundlicher wie eifriger Steuerbeamter warf einen Blick in seine Unterlagen. »Hieß sie Judith, Judith Holtei?«
Das war wie ein Schlag in den Magen.
»Herr Mogge, was ist? Sie schauen ziemlich bedröppelt, wie man hier so sagt. Den Namen Judith Holtei kennen wir von unserer sicheren Quelle, aber dass diese junge Frau Ihnen das Geld gestohlen haben soll – ich weiß nicht, ich weiß nicht.«
»Was wissen Sie nicht?«
»Ob wir damit durchkommen. Da wäre es ja schon
glaubhafter zu behaupten, Sie hätten das Geld im Kasino verspielt; obwohl Sie ja auch dann Ihre Steuerschuld begleichen müssten.«
»Glaubhafter, mag sein, aber es wäre nicht die Wahrheit.«
In welche Diskussionen der Typ mich zog! Fehlte nur noch, dass wir auf Sex und Politik zu sprechen kamen. Meine Schuld, warum hatte ich Skasa nicht so behandelt wie diesen Kommissar Tepass? Ich gab mir selbst die Antwort: Weil die Typen von der Steuer mehr Befugnisse hatten und allem Anschein nach auch gerissener waren, dieser an meinem Tisch ganz besonders.
Das Telefon schnarrte, einmal, zweimal, dann sprang der Anrufbeantworter an: »Elmar, es geht um diese Ibiza-Sache.
Es ist wichtig. Ruf doch bitte zurück!«
Die Ohren meines Gastes schienen zu wachsen.
»Meine Exfrau«, erklärte ich. »Wahrscheinlich mit neuen Forderungen.«
»Hörte sich aber gar nicht so an, als ob die Anruferin etwas fordern…«
Er hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als das verflixte Telefon sich schon wieder meldete. Ich hätte den Lautsprecher des Anrufbeantworters ausschalten sollen. Zu spät!
»Gehen Sie ruhig ran«, ermunterte mich Skasa.
»Ach, man soll sich beim Essen nicht stören lassen.«
Marie Laflörs Stimme erklang, sehr angenehm, nur zum falschen Zeitpunkt. Sie sagte: »Haben Sie es sich überlegt, Herr Mogge? Werden Sie mir helfen? Ich warte auf Ihren Rückruf.«
Skasa nickte viel sagend. »Sie sind ja richtig begehrt. Alle Achtung! Dann wird’s ja wohl auch bald mit der Zahlung klappen. Ich meine, die erste Rate.« Er schloss die Augen, schien zu rechnen: »Sagen wir mal, hm, hm, achttausend übern Daumen gepeilt.«
»Und wenn ich nicht zahlen kann? Oder nicht will?«
»Kontrollmitteilungen, Aufforderungen, Überprüfungen der Einnahmen aus der Zeit Ihrer gesamten selbstständigen Tätigkeit, Staatsanwaltschaft – das nimmt so seinen Lauf. Am Ende steht eine Geldstrafe oder«, er hob die Arme, als ob es ihm schon jetzt Leid täte, »oder gar Freiheitsentzug bis zu fünf Jahren. Nein, nein, Herr Mogge, noch ist es nicht so weit.
Lassen Sie sich die Sache durch den Kopf gehen. Rufen Sie mich an, in den nächsten Tagen, am besten schon morgen.«
Er sprach so nett, so kumpelig; die angemessene Reaktion von meiner Seite wäre jetzt ein Tritt in den Hintern gewesen, und zwar mit spitzen Schuhen. Stattdessen fragte ich: »Kaffee?
Kakao? Alkoholisches habe ich nicht im Haus.«
»Nein, danke, Herr Mogge, ich muss jetzt los.«
Skasa legte seine Visitenkarte auf den Tisch neben den benutzten Teller, streifte den Rucksack über und wandte sich zur Tür.
Der Kerl hatte einen guten Job gemacht – im Gegensatz zu mir. Ärgerlich!
8.
Gut sah sie aus, meine Exfrau, und sie wusste es, zum eleganten Hosenanzug trug sie eine im gleichen Ton gehaltene Bluse und dezenten Schmuck. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir uns lieber auf neutralem Boden getroffen, doch sie hatte auf einem Besuch bei mir bestanden. Nun saß sie da in meinem Besuchersessel, schlug ihre langen Beine übereinander, lächelte und wartete auf eine Antwort.
»Warum fährst du nicht selbst hin, Verena?«, wollte ich wissen. »Gehst zu Doras letzter Adresse, hörst dich in der Nachbarschaft um. Wenn du sie gefunden hast, macht ihr euch ein paar schöne Tage auf Ibiza; findest du sie nicht, legst du dich allein an den Strand, gehst abends lecker essen und anschließend in die Disko.«
»Hört sich gut an, aber im Augenblick kann ich schlecht weg.
Ein, zwei Lesungen, über die ich schreiben soll, und eine Theaterpremiere; lasse ich die Termine sausen, bin ich schnell raus, so geht das nun mal bei uns Freien. Außerdem glaube ich, dass du für solch eine Aufgabe besser geeignet bist, Elmar.
Hast mehr Durchsetzungsvermögen.«
Hoppla!, dachte
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