Der Bierzauberer
Abendmahl Hopfenbier anstatt Wein
getrunken haben soll.« Alle lachten und fingen sich damit einen Verweis des Bischofs
ein.
Da aber
mehrere Bürger sich im Himmel verewigt sahen, verteilte sich der gutmütige Spott
gleichmäßig auf alle Mäzene des Altarbildes.
Mehr Aufsehen
erregte allerdings die Kehrseite des Himmels.
Im finstersten
Höllenschlund, der auf dem Bildnis dramatisch dargestellt war, hockten zwei Teufel
und bearbeiteten einige arme Sünder auf eine Art und Weise, die Niklas nur aus seinen
allerschlimmsten Alpträumen kannte.
Als er
die Teufelsgesichter sah, musste er grinsen.
Bodo war
auf Niklas’ ausdrückliches Geheiß etwas undeutlicher porträtiert und nur für Eingeweihte
sofort zu erkennen – der Schlag wäre gegen einen direkten Konkurrenten einfach zu
grob geführt gewesen –, aber Bernard war einfach zu gut gelungen. So hatte Niklas
ihn seit ihrer letzten Begegnung in Erinnerung behalten, Stefan hatte ihn nur noch
hässlicher, fratzenartiger gemalt. Seine Hagerkeit und seine schiefen Zähne waren
gezielt hervorgehoben, seine Narbe schillerte auf der Stirn; sogar einen Zwerg hatte
ihm Meister Stefan an die Seite gestellt.
Niklas
freute sich über jede Münze, die er Stefan über das vereinbarte Honorar hinaus nebenbei
zugesteckt hatte.
Das war
seine kleine, feine Rache.
Bernard und Bodo tobten vor
Wut, als sie die ersten Kinder Spottlieder über einen ›Brauerteufel und seine Spießgesellen‹
auf der Straße singen hörten. Beide verbrachten viel Zeit damit, zu beratschlagen,
wie man es Niklas heimzahlen könnte.
Obwohl
die Spottlieder mehr Bodo galten, Bernard war nicht so bekannt und lediglich der
›Spießgeselle‹, war Bernard mehr auf Rache aus.
»Unsere
Stunde wird noch kommen, sei geduldig«, sagte Bodo ein ums andere Mal.
Doch Bernard
wollte diese Demütigung lieber heute als morgen vergessen machen.
Dennoch,
was er gerne getan hätte, davor scheute sogar er sich noch. Aber die Zeit zermürbt
jedes Gewissen, besonders, wenn es bereits angenagt ist.
Am 13. Juli 1308, pünktlich
zum ersten Jahrestag des Triptychons, ging das Bild in Flammen auf. Eine Stunde
vor Beginn der feierlichen Messe bemerkte der Kirchenkustos den Rauch und löste
sofort Alarm aus. In Vorbereitung auf die Messe waren bereits viele Menschen in
der Nähe und konnten zu Hilfe eilen.
So wurden
weitere Schäden an der Kirche verhindert, das Altarbild jedoch war zerstört. Lediglich
obere Teile des Himmels waren noch erkennbar, da das Feuer offensichtlich – viele
Kölner sahen das als böses Vorzeichen – in der Hölle losgelodert war.
Ein Täter wurde nie gefasst,
obwohl der Kustos einen Mann in einer Mönchskutte gesehen hatte, dies leider nur
von hinten, und daher nicht erkannt hatte.
Zufällig
verschwand Bernard zur gleichen Zeit für einige Monate aus Köln.
Und in
Bodos Brauhaus floss das Bier umsonst, was mit dem Brand angeblich nicht das Geringste
zu tun hatte.
Stefan wurde erneut verpflichtet,
malte abermals ein großartiges Bild und Niklas erhielt wieder einen Platz im Himmel,
nur die Hölle ließ Niklas diesmal Hölle sein. Er hatte seine Rache genossen und
wollte nicht, dass die Kirche durch einen weiteren Racheakt erneut Schaden nahm.
25
Im Frühjahr 1309 geriet Niklas
in Köln mit seinem Bier noch einmal in den Mahlstrom der Weltgeschichte, und zwar
bei einem Konflikt zwischen Kaisertum und Papsttum, der eine lange und interessante
Geschichte hatte.
Benedetto Caetani hatte sich
als Papst Bonifaz VIII. genannt und dieses Amt von 1294 bis 1303 bekleidet. Er war
ein sehr merkwürdiger Mann gewesen. Er hatte eigentlich nur drei Ziele in seinem
Leben verfolgt: lange zu leben, viel Geld zu verdienen und seine Familie zu bereichern.
Weniger Aufmerksamkeit hatte er seinem Amt gewidmet. Bonifaz hatte sieben verschiedene
Leibärzte beschäftigt gehalten und sich auf die Magie verstanden, er hatte Elixiere
verwendet, um sich ein langes Leben zu sichern. Er war gefürchtet und verhasst gewesen
und hatte seine Mitmenschen verachtet, war blutgierig und grausam gewesen. Doch
hinter all seinen unangenehmen Eigenschaften, neben Ehrgeiz, Stolz und Habgier auch
die Fresssucht – einmal hatte er seinen Koch gerügt, weil der ihm an einem Fastentag
nur sechs Fleischgerichte servieren ließ –, hatte sich auch ein kluger, mutiger
und gebildeter Geist und ein versierter Jurist verborgen.
Er hatte
die Sapienza-Universität in Rom gegründet. Sein überragender Verstand hatte
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