Der Bierzauberer
prunksüchtig, eitel
und unchristlich galt, wartete Niklas nur auf eine passende Gelegenheit.
Die kam,
nachdem in der Kirche zum heiligen Lupus ein neues Altarbild in Auftrag gegeben
werden sollte. Die Kirche lag an der Ecke von der Trankgasse zur Maximinenstraße,
nicht weit weg vom ›Brauhaus zum Stern‹ und war eine der ältesten Kirchen Kölns.
Der Sage nach war der Kirchenstifter der heilige Kunibert, der im siebten Jahrhundert
neunter Bischof von Köln war und von dem Niklas bislang nur in Verbindung mit Kölns
gelb beschleiften Gänsen gehört hatte.
Nun hatte
der neue Bischof, Heinrich II. von Virneburg, beschlossen, nicht nur den Dombau
zu fördern, sondern auch anderen Kirchen neuen Glanz zu verleihen.
Heinrich
von Virneburg war der Nachfolger des im Fastenspiel so verspotteten, geldgierigen
Erzbischofs Wigbold von Holte. Wigbold war zwei Jahre zuvor in hohem Alter gestorben.
Niklas
hatte Heinrich von Virneburg bei der Schlacht von Worringen kennengelernt, als beide
auf derselben Seite kämpften. Dort hatte Heinrich zum ersten Mal von Niklas’ Bier
gekostet. Seither liebte Heinrich das Bier vom ›Stern‹ und verbrachte dort mehr
Zeit, als es seiner Bischofswürde guttat. Bei einem dieser Besuche hörte Niklas
von dem geplanten Altarbild.
»Meister
Stefan wird das Bild persönlich malen«, prahlte der Bischof.
»Ich habe
bereits eine Anzahlung geleistet und mein Konterfei wird den Apostel Petrus darstellen!«
Meister
Stefan war in der ganzen Region bekannt und berühmt für seine ergreifenden Kirchenbilder.
Niklas nahm Kontakt mit ihm auf und war überrascht, dass er diesem bereits ein Begriff
war.
Stefan
war ein kleines, schalkhaftes Männlein mit einer Vollglatze, großen Kulleraugen
und einem kugelrunden Bäuchlein.
Er grinste
zur Begrüßung.
»Ihr sollt
ein Bierzauberer sein, ich angeblich ein Zauberer mit Farben und Pinsel. Aber es
ist hochmütig, darüber zu reden, also lasst uns das Thema wechseln. Obwohl, Euer
Bier ist wirklich ein Genuss!«
Niklas
erklärte ihm sein Anliegen, welches durchaus üblich war. Altarbilder waren teuer
und aufwändig und der Bischof freute sich, wenn wohlhabende Bürger sich mit Spenden
beteiligten. Im Gegenzug erhielten sie Ablass von ihren Sünden oder, wenn die Spende
reichlich genug ausgefallen war, einen Platz auf dem Bildnis, sei es als Cherubim
oder Seraphim, sei es als Hirte bei der Verkündigung der Geburt Jesu.
Während
Stefan ihm die Bildkomposition erläuterte, hatte Niklas eine diabolische Idee.
»Hier
an dieser Stelle öffnet sich der Höllenschlund, darin werden nur Sünder, Bestien
und Teufel zu sehen sein.«
»Könnt
Ihr mir auch einen Teufel malen?«, fragte Niklas.
Stefan
lachte, seine Kulleraugen funkelten ihn an.
»Was treibt
Euch dazu? Wen hasst Ihr so, dass Ihr ihn als Teufel verewigen wollt?«
Niklas
schickte Stefan zur Beobachtung in Bodos Brauhaus.
»Aber
seid unauffällig. Schaut ihn nur an, macht auf keinen Fall Skizzen oder nehmt sonst
wie Maß. Er ist sehr misstrauisch, bis zum Wahnsinn.«
Nachdem
Stefan mehrere Male sein Bier bei Bodo verzehrt hatte, meldete er sich wieder bei
Niklas und bestätigte, während er sich vor Lachen ausschüttete:
»Die beiden
würde ich Euch auch umsonst als Teufel malen. Das sind prächtige Modelle für mich,
im Ausdruck des Körpers wie dem der Seele.«
Niklas
selber saß mehrmals Modell, zahlte weiterhin fleißig und am 13. Juli 1307 – Bischof
Heinrich hatte den Termin aus Eitelkeit auf seinen eigenen Namenstag gelegt – wurde
das neue Altarbild von St. Lupus mit einer feierlichen Hochmesse eingeweiht.
Niklas
stand mit ganz vorne und erwartete voller Aufregung den Moment, da das Altarbild
aufgeklappt wurde. Sein Herz klopfte bis zum Hals.
Dann öffnete
Heinrich II. von Virneburg unter den staunenden Blicken der Anwesenden das Kunstwerk.
Alle Gläubigen bewunderten das neue Triptychon und priesen die Kunstfertigkeit von
Meister Stefan.
Die, die
genauer hinsahen, erkannten einige ihrer Zeitgenossen wieder. Nicht nur der Apostel
Petrus, auch der Apostel Thomas kam ihnen sehr bekannt vor. Niklas hatte gedacht,
der ungläubige Thomas passe am besten zu ihm, da er Teile seines Glaubens bereits
vor Längerem verloren hatte; das durfte er allerdings nicht öffentlich kundtun.
»Wo ist
denn dem Apostel Thomas sein Braukessel?«, spotteten die Ersten.
»Und sein
Brauhaus wird bestimmt ›Zum nüchternen Zwilling‹ genannt.«
»Jetzt
fehlt nur noch, dass der Heiland beim letzten
Weitere Kostenlose Bücher