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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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erzählten.
    »Da geschehen
im Moment schlimme Dinge«, sagte einer.
    »Das Korn
vertrocknet auf den Feldern, die Menschen hungern, bei Freiburg hat gar die Erde
gebebt und die Straßen haben nach Schwefel gerochen.«
    »Der Antichrist
zeigt seine Ankunft und die Juden bereiten sie vor!«, rief ein anderer.
    »Ich habe
von einem Kaufmann gehört, in Ägypten seien die biblischen Plagen wieder ausgebrochen.
Es regnet bitteres Wasser mit Würmern darin!«, rief ein Dritter.
    Der Erste
bestätigte:
    »Überall
kommt Nebel aus der Erde, der die Menschen wahnsinnig macht. Und Berge speien Feuer
oder brechen ein.«
    »Hexenwerk
und Judenwerk«, »Teufel und Magie«, so ging es weiter.
    Niklas
sagte nichts; in Köln angekommen, versuchte er, den Gerüchten auf den Grund zu gehen.
Hier wurden ähnliche Geschichten erzählt und immer wurden die Juden als mitschuldig
angesehen. Einer seiner Kunden verstieg sich, nach einigen Krügen Dickbier, zu der
Behauptung, die Juden planten die große Vernichtung der Christenheit.
    »In ihren
geheimen Synagogen, in die kein Christenmensch hinein darf, wird das Ende der Christenheit
sauber geplant. Seht euch vor!«, rief er lauthals aus.
    Obwohl
Niklas es besser wusste, sagte er nichts. Er wollte seine Brauer verteidigen, war
sich jedoch im Klaren darüber, dass er gegen einen betrunkenen Zecher nichts ausrichten
konnte und das Ganze nur schlimmer werden würde, wenn er sich auf einen Streit einließe.
Er wurde nachdenklich, weil er als Freund und Gönner der jüdischen Gemeinde bekannt
war. Daher verdrängte er diese Gedanken und widmete sich mit vollem Einsatz dem
Geschäft. Er überlegte, ob in Zukunft vielleicht Mosche oder Salomon die Biertransporte
für die Hanse überwachen sollten. Da wären sie unter Umständen auch besser geschützt.
Andererseits glaubte Niklas nicht, dass seine Brauerburschen wirklich in Gefahr
waren.
    Es war
doch nur Geschwätz auf der Straße.
    Die Juden
in Köln glaubten sich sicher. Ihre Gemeinde wuchs sogar noch an, da 1306 in England
und Frankreich viele Juden vertrieben wurden und in Köln ein neues Leben anfingen.

24
     
    Einige Monate nach Marias
Leprabefall und ein paar Wochen nach Niklas’ Rückkehr von seiner ersten Lübeck-Reise
traf er auf der Hohen Straße zufällig mit der Braxatrice Margarete zusammen. Beide
freuten sich über das Wiedersehen – das Tagesgeschäft erlaubte nur wenig Kontakte
mit anderen Bierbrauern – und beide hatten ausnahmsweise einmal Zeit für ein wenig
Müßiggang. Sie gingen zu Greve ins Brauhaus ›Guitleith‹ und bestellten sich Medebier.
Aus einem Medebier wurden mehrere, die Zeit verrann wie im Flug, beide hatten viel
auf der Seele, was sie einfach einmal jemandem erzählen mussten.
    Niklas
fühlte sich sehr allein, seit Maria in Melaten war. Und Margarete mit ihren üppigen
Formen, die sie gerne so weit zur Schau stellte, wie es die Kleiderordnung zuließ,
zeigte ihm deutlich, dass sie ihn mochte.
    »Glaub
nicht, dass du alleine einsam bist, auch ich habe die Hoffnung schon aufgegeben,
jemals den mir zugedachten Ubier zu finden.«
    Sie nahm
Niklas in die Arme und der fand Trost zwischen ihren großen Brüsten.
    Nach einigen
weiteren heimlichen Liebestreffen beschlossen sie, in Zukunft ganz offen Bett und
Tisch des Öfteren zu teilen. Da beide ein Brauhaus betrieben, kam es nicht infrage,
dass einer von ihnen dieses aufgab.
    Und nachdem
Maria als leprös bekannt war, konnte von außen niemand etwas gegen diese Friedelehe
einwenden, auch wenn Niklas noch mit Maria verheiratet war.
    Nichtsdestotrotz
gab es Stimmen, die Margarete einen lüsternen Hausdrachen nannten, während Niklas
eher Mitleid für die Umstände zuteil wurde, die einen praktisch verwitweten Mann
in die Arme dieser Buhle getrieben hätten.
    Die gemeinsten
Stimmen waren wie üblich in Bodos Brauhaus zu hören, auch Bernard ergötzte sich
an diesen Beschimpfungen; in anderen Bierstuben gab es sie nur nach überreichlichem
Biergenuss. So störten sich beide nicht daran; solange der Rat und die Obrigkeit
keinen Anstoß nahmen, war alles recht.
     
    Die Friedelgemeinschaft mit
Margarete tat ihm sichtlich gut und erneuerte seinen Tatendrang. Er fühlte sich
wieder gestärkt für die kommende Zeit.
     
    Als sichtbares Zeichen dieser
Genesung gab er ein Bild in Auftrag.
    »Wenn
ich schon keine Nachkommen habe, dann soll wenigstens ein Bildnis von mir die Zeiten
überdauern.«
    Aber gemäß
der Sitte, dass sich niemand direkt abmalen ließ, weil dies als

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