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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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ein wichtiger Exportartikel.
Sogar der norwegische König Haakon bat die Lübecker, seine Untertanen trotz Piratenangriffen
mit Malz zu versorgen.
     
    In Lübeck sah Niklas erstmals,
wie Malz richtig verschnitten wird. Die Lübecker Hansekaufleute hatten daraus eine
regelrechte Kunst gemacht: Auf einen Scheffel Hafermalz kamen sieben Scheffel Gersten-
oder Weizenmalz. Dadurch wurde eine gute Qualität des Malzes garantiert. Auf der
anderen Seite stellte Niklas fest, dass Hopfen hier im Norden zwar nicht unbekannt,
jedoch nicht sehr beliebt war. Die ersten Norddeutschen, denen er sein Bier zum
Verkosten anbot, schüttelten voller Grausen die Köpfe und verlangten nach ihrem
hopfenlosen Kesselbier. So wurde das Gruitbier in Lübeck genannt. Es gab ein paar
Brauer, die Hopfen verwendeten, für den Export hatte es sich noch nicht durchgesetzt.
    Diese
Hopfenbrauer schauten auf die Dünnbier- und Kesselbierbrauer herab, obwohl das billige
Bier in viel größeren Mengen verkauft wurde, und nannten sich selber die ›Dickbierbrauer‹.
Diese Einstellung gefiel Niklas. Er knüpfte Kontakt mit einem Brauer, der den passenden
Namen Harald Brauberger trug und erst seit ein paar Wochen mit Hopfen arbeitete.
Sie freundeten sich an und beschlossen, gemeinsam zu arbeiten. Niklas wollte für
die Hanse im westlichen Bereich Deutschlands, in Flandern und den Niederlanden Geschäfte
machen, Harald in Norddeutschland, in Skandinavien und in der Kiewer Rus.
    Da Niklas
die größere Erfahrung hatte, sollte er versuchen, die Biere besonders hinsichtlich
ihrer Haltbarkeit und Fähigkeit zum Export zu verbessern. Dafür würde er mit dem
Recht entlohnt werden, Bier im Namen der Hanse zu liefern. Die Brauer in England
hatten mittlerweile Hopfenbiere entwickelt, die sie ›Ale‹ nannten. Diese waren lange
haltbar und daher gut für weite Transporte geeignet. Sie machten der Hanse harte
Konkurrenz.
    Niklas
und Brauberger arbeiteten sehr gut zusammen, und Niklas reiste in den nächsten Jahren
oft nach Lübeck und in andere Hansestädte. Sein Bier wurde trotz langer Transportwege
– ein Biertransport von Köln nach Brügge dauerte trotz der eigentlich kurzen Entfernung
mindestens acht, manchmal 14 Tage – sogar in Flandern und den Niederlanden gerne
getrunken; die Kaufleute von Brügge hatten es im Winter 1308 sogar geschafft, ein
paar seiner Fässer nach London zu verkaufen. Dort wollte Niklas auch unbedingt irgendwann
hinreisen und sei es nur, um sich über das englische Bier kundig zu machen.
     
    Durch das Geschäft mit der
Hanse wurde ihm wieder bewusst, wie kompliziert die Umrechnungen zwischen den verschiedenen
Städten waren. Da dies meistens zu Zollzwecken benötigt wurde, waren die Umrechnungen
im Kloster, im Bidgau und in der Stadt Köln für ihn nicht wissenswert gewesen. Dort
war er immer im gleichen Zollgebiet geblieben.
    Jetzt
aber fand er endlich die Zeit, um die Maße von seinen verschiedenen Stationen aufzuschreiben:
    In Urbrach
gab es das ›Gerstenscheffel‹, in Weihenstephan den ›Metze‹ als Getreidemaß. In St.
Gallen wurde das Getreide im ›Sack‹, in Regensburg dagegen in ›Hefermetz‹ gemessen.
Bitburg hatte die ›Malter‹, in Köln regierte das ›Fass‹, in Lübeck das ›Haferschäffel‹
und das ›Weizenschäffel‹.
    Für Flüssigkeitsmaße
galt ähnliches: von ›Eimer‹, ›Maas‹ und ›Ohm‹, von ›Quart‹ und ›Quartier‹ bis ›Köpfln‹,
›Pinte‹ oder ›Kanne‹.
    Jeder
Stadtrat, jedes Fürstentum und jeder Herrscher kochte sein eigenes Süppchen, ob
es um Geld ging oder Gewichte.
    Niklas
glaubte nun, die Grundidee dahinter sei, so gründlich Verwirrung zu stiften, dass
man niemals wusste, ob es einem anderswo besser oder schlechter erging. So versuchte
er mehrmals, eine übersichtliche Anordnung zu finden, mit der man die Maße weitergeben
könnte. Er fragte andere Reisende nach Maßen aus anderen Städten, in denen er noch
nicht gewesen war.
    Aber eine
Anordnung, die sich lesen würde wie ›30 Kölner Fass sind 68 Berliner Schäffel oder
45 Dresdner Schäffel oder 57 Wiener Metzen oder 32 Lübecker Haferschäffel‹, dazu
noch der Hinweis ›Ein Kölner Fass Bier hat 25 Eimer mit jeweils 64 Maß, wobei 66
Kölner Maß von den Berlinern 59 Maß und von den Lübecker Quartiern 45 Stück entsprechen‹,
das hätte den fleißigsten Studenten in den Wahnsinn getrieben.
     
    Wieder einmal auf der Rückreise
nach Köln, hörte er, wie Mitreisende Geschichten aus Süddeutschland

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