Der Bierzauberer
hieß Margarete und
hatte ihr Brauhaus neben der Kirche St. Aposteln. Breithüftig, kräftig und mit ausladenden
Brüsten stand sie vor ihm als lebendiges Denkmal einer Brauerin, die ihren Beruf
genauso liebte wie ihr Produkt. Sie erzählte Niklas schon gleich vorab, dass sie
den ältesten Stammbaum aller Kölner Brauer habe, da sie als Einzige noch in reiner
Linie von den Ubiern abstamme.
»Die Rheinlande
waren seit Jahrhunderten unsere Heimat gewesen. Selbst die Römer hatten es nicht
geschafft, uns zu vertreiben. Aber die meisten Ubier haben sich mit den Franken
vermischt. Meine Familie ist eine der letzten, die immer in Köln gelebt hat, seit
der Römerzeit. Und ich werde mich nicht verheiraten, außer mit einem echten Ubier!«
Die andere
hieß Emma und war eine Enkelin der legendären Brauherrin Sapienta, der ersten verbürgten
Brauerin Kölns, nach der sogar die Straße zwischen Johannisstraße und Am alten Ufer
benannt war. Dort stand auch ihr Brauhaus. Wie bei Margarete ließ Emmas Erscheinung
ebenfalls auf häufigen Biergenuss schließen. In der lebenslustigen Ausstrahlung
und dem breiten Lachen waren sie sich ähnlich.
Doch während
Margarete noch abgehackt mit altgermanischem Einfluss sprach, was für Niklas gut
verständlich war, schien Emma zu singen anstatt zu reden. Sie sprach auf eine melodische,
schnelle Weise, mit deren Verständnis Niklas zumindest anfangs große Schwierigkeiten
hatte.
Später
machten sie gerne Spott darüber, dass Niklas anfangs die Kölner so schwer verstanden
hatte.
Niklas lernte schnell, was
es über die anderen Brauer zu wissen gab: Das älteste Brauhaus Kölns wurde von den
Nachkommen des Ezelin betrieben, der die Brauerei um 1130 herum gegründet hatte.
Dann gab
es noch Greve, Niklas’ Nachbarn, sowie zwei weitere Medebierhäuser: Ecke Alter Markt
und Bechergasse lag ›Zum Medehuys‹ sowie das ›Methaus‹ an der Foller- und Weberstraße.
Weiterhin
ein Brauhaus ›Heinrich zur Krähe‹ am Heumarkt Ecke Salzgasse. Drei Häuser weiter,
wieder aufgrund der günstigen Lage zum Brunnen, lag das Brauhaus ›Zum hohen Durpel‹.
Niemand konnte Niklas erklären, was ein ›Durpel‹ ist, genauso schien es niemanden
zu wundern.
Die Kölner
sind schon ein lustiges Volk, dachte Niklas ein ums andere Mal.
Seit über
60 Jahren stand das Brauhaus ›Zur Britzele‹ am Apfelmarkt. Dort, am Markt direkt
am Rheinufer, wurde vorwiegend Obst und Gemüse verkauft.
Das Haus
›Rome‹ an der Würfelportzen, seit 50 Jahren im Besitz des bereits steinalten Helperich
Roemer, war eines der beliebtesten Brauhäuser Kölns.
Kleinere
Brauhäuser waren der ›Hirsch‹ und ›Em Salzrunp‹, die brauten nur für ihre eigene
kleine Gaststube.
Andere
Brauer waren noch Bodo in der Schildergasse, seit 1255, und Johann van Rile in der
Marzellenstraße. Bodo und Johann van Rile hatten einen schlechten Ruf, weil sie
korrupt waren und schon einige Zeit im Kerker abgesessen hatten. Auf ihre Brauberechtigungen
hatte das offenbar keinen Einfluss gehabt. Da hatte Bodo aus seiner Zeit als Schöffe
anscheinend noch vorgesorgt.
Der Bischof
versorgte sich selbst, und zwar auf halber Strecke zwischen seinem Haus und der
Dombaustelle. Dort lag der erzbischöfliche Hof. Es gab eine Kornkammer, eine Bäckerei,
Küche und ein Brauhaus, einen Weinkeller, einen Fleischhof und einen Plückhof, wo
das Geflügel des Erzbischofs gerupft wurde. Es gab eine Waffenschmiede, Werkstätten
für Gürtel-, Taschen- und Sporenmacher.
Emma und
Margarete machten ihm den Einstieg ins Kölner Braugeschäft leichter als die Männer,
weil sie offener für Neues waren und weniger Angst vor Konkurrenz hatten.
»Es wäre
mal an der Zeit, dass hier ein frischer Wind durchgeht«, meinte Emma, nachdem Niklas
ein wenig von seinen Plänen und dem Hopfenbier erzählt hatte.
»Die Kölner
saufen zwar wie die Löcher, aber Geschmack für gutes Bier haben sie noch nicht entwickelt«,
ergänzte Margarete. »Ich musste letzten Monat eine Totenwache beim Bischof versorgen.
Die fünf Lupusbrüder, die den Dienst versahen, haben in drei Tagen zwei Drittel
eines Ohms vertilgt! Das muss eine lustige Totenwache gewesen sein. Aber weil der
Bischof nicht gut zahlt, habe ich ihnen mein dünnstes Bier geschickt. Gesoffen haben
sie’s trotzdem. Weil, das eigene Bier vom Hof des Erzbischofs ist das schlechteste
von ganz Köln. Vor Winand, der als Provisor auf dem Domhof für das Bier zuständig
ist, brauchst du keine Angst zu
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